sollst du zur Frau nehmen? ' Doch die arme Hexe hat jetzt einen hübschen feinen und frisirten Mann, aber leider! ihr Duchessen-Kleid versetzt, um die Wehmutter und den Pfar- rer zu bezahltn ....
Solche traurige Erfahrungen sind es, worauf sich meine Abneigung zum Heyrathen gründet. Ich habe einen guten Dienst und wie mein Vater rechnete, ein ziemliches Vermö- gen. Eine fromme und kluge Wirthin könnte ich davon mit aller Bequemlichkeit unterhalten, aber keine Prinzeßin, deren Apanage nicht hinreicht, das Nadelgeld, was sie gebraucht, zu bezahlen. Sie sehen mich vielleicht für einen Liebhaber an, der ein bisgen nach Gelde freyet, und weil er dessen nicht genug bekommen kan, dem Heyrathen entsaget hat. Kan man aber bey diesen verdorbenen Zeiten anders han- deln? Und ist die Forderung überhaupt so unbillig, daß eine Frau so viel mitbringen soll, als sie zum Unterhalt ihres Pu- tzes gebraucht? Handelt das Frauenzimmer nicht noch schlim- mer? Und ist unter tausenden auch nur eine einzige, die nicht mehr nach Equipage, nach Rang und Tittel oder nach den Mitteln, woraus sie ihren Staat führen kan, als nach einem ehrlichen Kerl freyet? Nennen sie mir diese einzige, und vielleicht bedenke ich mich noch.
Woher rührt aber dieses Verderben unser Zeiten, dieser Fluch, der so manchen redlichen Mann und so manches gutes zärtliche Mädgen zum ledigen Stande verdammt? Gewiß von nichts anders als der Thorheit der Eltern. Die Mut- ter, die nur ein seidnes Band oder ein Entre deux bezahlen kan, schmückt gleich ihr kleines Ebenbildgen damit aus; es muß von unten bis oben gemützert und geflützert seyn, und mit den Jahren ist das Mädgen mit allen kostbaren Moden
der-
Schreiben eines angehenden Hageſtolzen.
ſollſt du zur Frau nehmen? ’ Doch die arme Hexe hat jetzt einen huͤbſchen feinen und friſirten Mann, aber leider! ihr Ducheſſen-Kleid verſetzt, um die Wehmutter und den Pfar- rer zu bezahltn ....
Solche traurige Erfahrungen ſind es, worauf ſich meine Abneigung zum Heyrathen gruͤndet. Ich habe einen guten Dienſt und wie mein Vater rechnete, ein ziemliches Vermoͤ- gen. Eine fromme und kluge Wirthin koͤnnte ich davon mit aller Bequemlichkeit unterhalten, aber keine Prinzeßin, deren Apanage nicht hinreicht, das Nadelgeld, was ſie gebraucht, zu bezahlen. Sie ſehen mich vielleicht fuͤr einen Liebhaber an, der ein bisgen nach Gelde freyet, und weil er deſſen nicht genug bekommen kan, dem Heyrathen entſaget hat. Kan man aber bey dieſen verdorbenen Zeiten anders han- deln? Und iſt die Forderung uͤberhaupt ſo unbillig, daß eine Frau ſo viel mitbringen ſoll, als ſie zum Unterhalt ihres Pu- tzes gebraucht? Handelt das Frauenzimmer nicht noch ſchlim- mer? Und iſt unter tauſenden auch nur eine einzige, die nicht mehr nach Equipage, nach Rang und Tittel oder nach den Mitteln, woraus ſie ihren Staat fuͤhren kan, als nach einem ehrlichen Kerl freyet? Nennen ſie mir dieſe einzige, und vielleicht bedenke ich mich noch.
Woher ruͤhrt aber dieſes Verderben unſer Zeiten, dieſer Fluch, der ſo manchen redlichen Mann und ſo manches gutes zaͤrtliche Maͤdgen zum ledigen Stande verdammt? Gewiß von nichts anders als der Thorheit der Eltern. Die Mut- ter, die nur ein ſeidnes Band oder ein Entre deux bezahlen kan, ſchmuͤckt gleich ihr kleines Ebenbildgen damit aus; es muß von unten bis oben gemuͤtzert und gefluͤtzert ſeyn, und mit den Jahren iſt das Maͤdgen mit allen koſtbaren Moden
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Schreiben eines angehenden Hageſtolzen.
ſollſt du zur Frau nehmen? ’ Doch die arme Hexe hat jetzt
einen huͤbſchen feinen und friſirten Mann, aber leider! ihr
Ducheſſen-Kleid verſetzt, um die Wehmutter und den Pfar-
rer zu bezahltn ....
Solche traurige Erfahrungen ſind es, worauf ſich meine
Abneigung zum Heyrathen gruͤndet. Ich habe einen guten
Dienſt und wie mein Vater rechnete, ein ziemliches Vermoͤ-
gen. Eine fromme und kluge Wirthin koͤnnte ich davon mit
aller Bequemlichkeit unterhalten, aber keine Prinzeßin, deren
Apanage nicht hinreicht, das Nadelgeld, was ſie gebraucht,
zu bezahlen. Sie ſehen mich vielleicht fuͤr einen Liebhaber
an, der ein bisgen nach Gelde freyet, und weil er deſſen
nicht genug bekommen kan, dem Heyrathen entſaget hat.
Kan man aber bey dieſen verdorbenen Zeiten anders han-
deln? Und iſt die Forderung uͤberhaupt ſo unbillig, daß eine
Frau ſo viel mitbringen ſoll, als ſie zum Unterhalt ihres Pu-
tzes gebraucht? Handelt das Frauenzimmer nicht noch ſchlim-
mer? Und iſt unter tauſenden auch nur eine einzige, die
nicht mehr nach Equipage, nach Rang und Tittel oder nach
den Mitteln, woraus ſie ihren Staat fuͤhren kan, als nach
einem ehrlichen Kerl freyet? Nennen ſie mir dieſe einzige,
und vielleicht bedenke ich mich noch.
Woher ruͤhrt aber dieſes Verderben unſer Zeiten, dieſer
Fluch, der ſo manchen redlichen Mann und ſo manches gutes
zaͤrtliche Maͤdgen zum ledigen Stande verdammt? Gewiß
von nichts anders als der Thorheit der Eltern. Die Mut-
ter, die nur ein ſeidnes Band oder ein Entre deux bezahlen
kan, ſchmuͤckt gleich ihr kleines Ebenbildgen damit aus; es
muß von unten bis oben gemuͤtzert und gefluͤtzert ſeyn, und
mit den Jahren iſt das Maͤdgen mit allen koſtbaren Moden
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/109>, abgerufen am 21.11.2024.
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