tausend können es versuchen, niemand wehrt es ihnen; aber, meine Freunde, wenn einmal ein Patriot die Anstalt und Einrichtung dazu gemacht hat; so erwartet er von eurer Ver- nunft, von eurer Billigkeit, von eurer Dankbarkeit, und von eurem großen Interesse, daß ihr es nach ihm allen andern verbieten sollet. Denkt er nicht daran, sich über seine Post ein Privilegium zu erwerben, oder vorher einen Contrakt mit euch zu errichten: so werden doch die Ursachen, worauf sich das Privilegium, wenn es anders bestehen soll, gründen müßte, nachher eben so würksam seyn, wie sie vorher gewesen seyn würden. Und wer verdient denn den größten Dank, der Mißtrauische, der sich von euch Brief und Siegel vorher geben läßt, oder der Großmüthige, der auf eure Dankbarkeit und Billigkeit mit völligem Vertrauen rechnet?
Es ist die Natur gemeinnütziger und kostbarer Unterneh- mungen, welche ein Patriot öffentlich unternimmt und aus- führet, daß sie ihr Privilegium von sich selbst mit sich füh- ren, und alle andre von gleichen Unternehmungen so lange ausschließen, bis die gemeine Nothdurft eine Veränderung erfordert. Das Urtheil über diese Veränderung gebührt euch, meine versammleten Mitbürger, nicht aber einem Privat- manne, der nach dem erstern eine gleiche oder ähnliche Anstalt machen will. Eben diese Unternehmung, die zuerst einem je- den offen stund, steht also dem zweyten nicht mehr offen; die erste Besitzergreifung entscheidet hier wie in andern Fällen; und es ist ein Eingriff in euer Urtheil, eine Beleidigung eu- rer Majestätsrechte, und eine Beschimpfung der Nationalver- nunft und Dankbarkeit, zu behaupten; daß dasjenige, was dem erstern in diesen Fällen freygestanden, den andern eben- falls unverwehrt seyn müsse. Die Richter würden freylich, wenn eine solche Sache vor sie gebracht würde, auf andre Gründe verfallen müssen; weil sie mit euch keine gleiche Be-
fug-
Das natuͤrliche Recht der erſten Muͤhle,
tauſend koͤnnen es verſuchen, niemand wehrt es ihnen; aber, meine Freunde, wenn einmal ein Patriot die Anſtalt und Einrichtung dazu gemacht hat; ſo erwartet er von eurer Ver- nunft, von eurer Billigkeit, von eurer Dankbarkeit, und von eurem großen Intereſſe, daß ihr es nach ihm allen andern verbieten ſollet. Denkt er nicht daran, ſich uͤber ſeine Poſt ein Privilegium zu erwerben, oder vorher einen Contrakt mit euch zu errichten: ſo werden doch die Urſachen, worauf ſich das Privilegium, wenn es anders beſtehen ſoll, gruͤnden muͤßte, nachher eben ſo wuͤrkſam ſeyn, wie ſie vorher geweſen ſeyn wuͤrden. Und wer verdient denn den groͤßten Dank, der Mißtrauiſche, der ſich von euch Brief und Siegel vorher geben laͤßt, oder der Großmuͤthige, der auf eure Dankbarkeit und Billigkeit mit voͤlligem Vertrauen rechnet?
Es iſt die Natur gemeinnuͤtziger und koſtbarer Unterneh- mungen, welche ein Patriot oͤffentlich unternimmt und aus- fuͤhret, daß ſie ihr Privilegium von ſich ſelbſt mit ſich fuͤh- ren, und alle andre von gleichen Unternehmungen ſo lange ausſchließen, bis die gemeine Nothdurft eine Veraͤnderung erfordert. Das Urtheil uͤber dieſe Veraͤnderung gebuͤhrt euch, meine verſammleten Mitbuͤrger, nicht aber einem Privat- manne, der nach dem erſtern eine gleiche oder aͤhnliche Anſtalt machen will. Eben dieſe Unternehmung, die zuerſt einem je- den offen ſtund, ſteht alſo dem zweyten nicht mehr offen; die erſte Beſitzergreifung entſcheidet hier wie in andern Faͤllen; und es iſt ein Eingriff in euer Urtheil, eine Beleidigung eu- rer Majeſtaͤtsrechte, und eine Beſchimpfung der Nationalver- nunft und Dankbarkeit, zu behaupten; daß dasjenige, was dem erſtern in dieſen Faͤllen freygeſtanden, den andern eben- falls unverwehrt ſeyn muͤſſe. Die Richter wuͤrden freylich, wenn eine ſolche Sache vor ſie gebracht wuͤrde, auf andre Gruͤnde verfallen muͤſſen; weil ſie mit euch keine gleiche Be-
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Das natuͤrliche Recht der erſten Muͤhle,
tauſend koͤnnen es verſuchen, niemand wehrt es ihnen; aber,
meine Freunde, wenn einmal ein Patriot die Anſtalt und
Einrichtung dazu gemacht hat; ſo erwartet er von eurer Ver-
nunft, von eurer Billigkeit, von eurer Dankbarkeit, und von
eurem großen Intereſſe, daß ihr es nach ihm allen andern
verbieten ſollet. Denkt er nicht daran, ſich uͤber ſeine Poſt
ein Privilegium zu erwerben, oder vorher einen Contrakt mit
euch zu errichten: ſo werden doch die Urſachen, worauf ſich
das Privilegium, wenn es anders beſtehen ſoll, gruͤnden
muͤßte, nachher eben ſo wuͤrkſam ſeyn, wie ſie vorher geweſen
ſeyn wuͤrden. Und wer verdient denn den groͤßten Dank,
der Mißtrauiſche, der ſich von euch Brief und Siegel vorher
geben laͤßt, oder der Großmuͤthige, der auf eure Dankbarkeit
und Billigkeit mit voͤlligem Vertrauen rechnet?
Es iſt die Natur gemeinnuͤtziger und koſtbarer Unterneh-
mungen, welche ein Patriot oͤffentlich unternimmt und aus-
fuͤhret, daß ſie ihr Privilegium von ſich ſelbſt mit ſich fuͤh-
ren, und alle andre von gleichen Unternehmungen ſo lange
ausſchließen, bis die gemeine Nothdurft eine Veraͤnderung
erfordert. Das Urtheil uͤber dieſe Veraͤnderung gebuͤhrt euch,
meine verſammleten Mitbuͤrger, nicht aber einem Privat-
manne, der nach dem erſtern eine gleiche oder aͤhnliche Anſtalt
machen will. Eben dieſe Unternehmung, die zuerſt einem je-
den offen ſtund, ſteht alſo dem zweyten nicht mehr offen; die
erſte Beſitzergreifung entſcheidet hier wie in andern Faͤllen;
und es iſt ein Eingriff in euer Urtheil, eine Beleidigung eu-
rer Majeſtaͤtsrechte, und eine Beſchimpfung der Nationalver-
nunft und Dankbarkeit, zu behaupten; daß dasjenige, was
dem erſtern in dieſen Faͤllen freygeſtanden, den andern eben-
falls unverwehrt ſeyn muͤſſe. Die Richter wuͤrden freylich,
wenn eine ſolche Sache vor ſie gebracht wuͤrde, auf andre
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/424>, abgerufen am 31.07.2024.
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