Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.wie unsre Vorfahren die Proc. abgekürzet haben. einem Gemeinen Unrecht wiederfahren: so gieng er zu seinemGerichtsherrn, und nachdem die Umstände waren, mußte die- ser sein bestes Pferd tummeln und die Sache für ihn ausma- chen. Wäre diese Einrichtung nicht gewesen: so hätte der Fall nothwendig oft eintreten müssen, worinn Edelleute und Bauern, es sey nun mit reiten zwischen Herford und Bielefeld, oder mit dem Degen gegen einander gekommen wären. Diese Un- schicklichkeit zu verhüten, war jene Einrichtung nöthig. Die Anstalt mit den Druiden hatte diese Unbequemlichkeit nicht. Der Druide konnte eben wie jezt ein gelehrter Richter selbst einen Fürsten und seine Unterthanen, wenn sie gegen einan- der auf der Rubrik einer Schrift zu Felde ziehen, scheiden. Der belehnte Richter oder der Gerichtsherr hieß Ad- Das d) Sie wollen damit nichts anders sagen, als daß ihre Frey heit und ihr Eigenthum nicht von der Weisheit eines Rich- ters, sondern von dem Erkenntniß ihrer Genossen ab- hange. Mösers patr. Phantas. I. Th. U
wie unſre Vorfahren die Proc. abgekuͤrzet haben. einem Gemeinen Unrecht wiederfahren: ſo gieng er zu ſeinemGerichtsherrn, und nachdem die Umſtaͤnde waren, mußte die- ſer ſein beſtes Pferd tummeln und die Sache fuͤr ihn ausma- chen. Waͤre dieſe Einrichtung nicht geweſen: ſo haͤtte der Fall nothwendig oft eintreten muͤſſen, worinn Edelleute und Bauern, es ſey nun mit reiten zwiſchen Herford und Bielefeld, oder mit dem Degen gegen einander gekommen waͤren. Dieſe Un- ſchicklichkeit zu verhuͤten, war jene Einrichtung noͤthig. Die Anſtalt mit den Druiden hatte dieſe Unbequemlichkeit nicht. Der Druide konnte eben wie jezt ein gelehrter Richter ſelbſt einen Fuͤrſten und ſeine Unterthanen, wenn ſie gegen einan- der auf der Rubrik einer Schrift zu Felde ziehen, ſcheiden. Der belehnte Richter oder der Gerichtsherr hieß Ad- Das d) Sie wollen damit nichts anders ſagen, als daß ihre Frey heit und ihr Eigenthum nicht von der Weisheit eines Rich- ters, ſondern von dem Erkenntniß ihrer Genoſſen ab- hange. Möſers patr. Phantaſ. I. Th. U
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wie unſre Vorfahren die Proc. abgekuͤrzet haben.
einem Gemeinen Unrecht wiederfahren: ſo gieng er zu ſeinem
Gerichtsherrn, und nachdem die Umſtaͤnde waren, mußte die-
ſer ſein beſtes Pferd tummeln und die Sache fuͤr ihn ausma-
chen. Waͤre dieſe Einrichtung nicht geweſen: ſo haͤtte der Fall
nothwendig oft eintreten muͤſſen, worinn Edelleute und Bauern,
es ſey nun mit reiten zwiſchen Herford und Bielefeld, oder
mit dem Degen gegen einander gekommen waͤren. Dieſe Un-
ſchicklichkeit zu verhuͤten, war jene Einrichtung noͤthig. Die
Anſtalt mit den Druiden hatte dieſe Unbequemlichkeit nicht.
Der Druide konnte eben wie jezt ein gelehrter Richter ſelbſt
einen Fuͤrſten und ſeine Unterthanen, wenn ſie gegen einan-
der auf der Rubrik einer Schrift zu Felde ziehen, ſcheiden.
Der belehnte Richter oder der Gerichtsherr hieß Ad-
vocatus, weil er die zu ſeiner Rolle gehoͤrige Leute zu Ge-
richte und zu Kampfe vertheydigen mußte. Die unter ſeinen
Leuten vorfallende Streitigkeiten, ſo lange ſie nicht Leib und
Gut betrafen, machte er nach ihrer Weiſung ſelſt ab. So-
bald es aber auf Leib und Gut ankam, mußte er bey den
Galliern die Sache zu den Druiden; und ſpaͤter bey den
Deutſchen zum Grafen verweiſen; eben wie jetzt noch ein Ca-
pitain, oder ein Beamter dergleichen Sachen zum hoͤhern
Richter verweiſen muß. Wir ſind noch jezt ſehr eifrig dar-
auf, keinen Beamten einige Erkenntniß uͤber das Mein und
Dein zu geſtatten, ohne uns zu erinnern, daß der Grund die-
ſer Sache in den aͤlteſten Zeiten geleget worden; und ohne zu
wiſſen, was das Liberty und Property der Englaͤnder d)
eigentlich zu bedeuten habe.
Das
d) Sie wollen damit nichts anders ſagen, als daß ihre Frey
heit und ihr Eigenthum nicht von der Weisheit eines Rich-
ters, ſondern von dem Erkenntniß ihrer Genoſſen ab-
hange.
Möſers patr. Phantaſ. I. Th. U
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