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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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Von den wahren Ursachen des Steigens
Freyheit, welche sich blos aus der Heymath und dahin er-
streckte, dergestalt, daß sie unter diesem Vorwande alle fremde
Waare ein und allerley englische Waare wohin sie wollten
ausführten, d) ohne den neuen Impost zu entrichten, welchen
alle übrige Nationen, denen Eduard der erste die Handlung
eröfnet hatte, entrichten mußten; und auf diese Weise bemäch-
tigten sie sich des ganzen Seehandels.

Unter Richard dem zweyten wurden sie dieserhalb mäch-
tig angefochten; und die Einnehmer der Gefälle wollten sie
schlechterdings zu allen den Abgaben anhalten, welche die
Kaufleute andrer Nationen, und selbst die Deutschen, so nicht
zur Hanse gehörten, entrichten musten. Sie gewannen aber
doch ihren Proceß, und Richard der II. bestätigte ihnen ihr
altes Recht, ohne es deutlich auszudrücken, worin solches be-
standen hätte. Sie stiegen also in ihrer Handlung immer
höher, und ohnerachtet es wegen jenen Schleichhandels, wel-

cher
d) Unter andern Waaren kommen auch panni lanosi vor,
welche Herr Häberlin für wollene Tücher ansieht. Allein
es sind wollichte oder wie wir jezt sprechen, ungeschorne
und ungepreßte Tücher, welche denen Lectis et pannis
de Worstede
als einer völlig bereiteten und besiegelten
Waare entgegen gesetzt worden. Man erkennet dieses aus
der ganzen Handelsgeschichte, und das Recht ungeschornes
Tuch auszuführen, welches nach dem Hanseatischen statu-
to: ubi confectus pannus ibi et tingatur
nicht er-
laubt war, wurde von den Engländern, die an ihren Tü-
chern das Appreturlohn selbst verdienen wollten, ungern
zugestanden. Die Königin Maria sagt in ihrem Privile-
gio vom Jahr 1534. beym Willebrand in der Hansischen
Chronik in app. p. 94.: Daß ihr Vater Henrich der achte
es verboten hätte, unrowed unborded and unshorne
Tücher bey einer gewissen Strafe auszuführen, sie aber
solches der deutschen Hanse auf 3 Jahr erlauben wollte.
Dies sind panni lanosi.

Von den wahren Urſachen des Steigens
Freyheit, welche ſich blos aus der Heymath und dahin er-
ſtreckte, dergeſtalt, daß ſie unter dieſem Vorwande alle fremde
Waare ein und allerley engliſche Waare wohin ſie wollten
ausfuͤhrten, d) ohne den neuen Impoſt zu entrichten, welchen
alle uͤbrige Nationen, denen Eduard der erſte die Handlung
eroͤfnet hatte, entrichten mußten; und auf dieſe Weiſe bemaͤch-
tigten ſie ſich des ganzen Seehandels.

Unter Richard dem zweyten wurden ſie dieſerhalb maͤch-
tig angefochten; und die Einnehmer der Gefaͤlle wollten ſie
ſchlechterdings zu allen den Abgaben anhalten, welche die
Kaufleute andrer Nationen, und ſelbſt die Deutſchen, ſo nicht
zur Hanſe gehoͤrten, entrichten muſten. Sie gewannen aber
doch ihren Proceß, und Richard der II. beſtaͤtigte ihnen ihr
altes Recht, ohne es deutlich auszudruͤcken, worin ſolches be-
ſtanden haͤtte. Sie ſtiegen alſo in ihrer Handlung immer
hoͤher, und ohnerachtet es wegen jenen Schleichhandels, wel-

cher
d) Unter andern Waaren kommen auch panni lanoſi vor,
welche Herr Häberlin fuͤr wollene Tuͤcher anſieht. Allein
es ſind wollichte oder wie wir jezt ſprechen, ungeſchorne
und ungepreßte Tuͤcher, welche denen Lectis et pannis
de Worſtede
als einer voͤllig bereiteten und beſiegelten
Waare entgegen geſetzt worden. Man erkennet dieſes aus
der ganzen Handelsgeſchichte, und das Recht ungeſchornes
Tuch auszufuͤhren, welches nach dem Hanſeatiſchen ſtatu-
to: ubi confectus pannus ibi et tingatur
nicht er-
laubt war, wurde von den Englaͤndern, die an ihren Tuͤ-
chern das Appreturlohn ſelbſt verdienen wollten, ungern
zugeſtanden. Die Koͤnigin Maria ſagt in ihrem Privile-
gio vom Jahr 1534. beym Willebrand in der Hanſiſchen
Chronik in app. p. 94.: Daß ihr Vater Henrich der achte
es verboten haͤtte, unrowed unborded and unshorne
Tuͤcher bey einer gewiſſen Strafe auszufuͤhren, ſie aber
ſolches der deutſchen Hanſe auf 3 Jahr erlauben wollte.
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[272/0290] Von den wahren Urſachen des Steigens Freyheit, welche ſich blos aus der Heymath und dahin er- ſtreckte, dergeſtalt, daß ſie unter dieſem Vorwande alle fremde Waare ein und allerley engliſche Waare wohin ſie wollten ausfuͤhrten, d) ohne den neuen Impoſt zu entrichten, welchen alle uͤbrige Nationen, denen Eduard der erſte die Handlung eroͤfnet hatte, entrichten mußten; und auf dieſe Weiſe bemaͤch- tigten ſie ſich des ganzen Seehandels. Unter Richard dem zweyten wurden ſie dieſerhalb maͤch- tig angefochten; und die Einnehmer der Gefaͤlle wollten ſie ſchlechterdings zu allen den Abgaben anhalten, welche die Kaufleute andrer Nationen, und ſelbſt die Deutſchen, ſo nicht zur Hanſe gehoͤrten, entrichten muſten. Sie gewannen aber doch ihren Proceß, und Richard der II. beſtaͤtigte ihnen ihr altes Recht, ohne es deutlich auszudruͤcken, worin ſolches be- ſtanden haͤtte. Sie ſtiegen alſo in ihrer Handlung immer hoͤher, und ohnerachtet es wegen jenen Schleichhandels, wel- cher d) Unter andern Waaren kommen auch panni lanoſi vor, welche Herr Häberlin fuͤr wollene Tuͤcher anſieht. Allein es ſind wollichte oder wie wir jezt ſprechen, ungeſchorne und ungepreßte Tuͤcher, welche denen Lectis et pannis de Worſtede als einer voͤllig bereiteten und beſiegelten Waare entgegen geſetzt worden. Man erkennet dieſes aus der ganzen Handelsgeſchichte, und das Recht ungeſchornes Tuch auszufuͤhren, welches nach dem Hanſeatiſchen ſtatu- to: ubi confectus pannus ibi et tingatur nicht er- laubt war, wurde von den Englaͤndern, die an ihren Tuͤ- chern das Appreturlohn ſelbſt verdienen wollten, ungern zugeſtanden. Die Koͤnigin Maria ſagt in ihrem Privile- gio vom Jahr 1534. beym Willebrand in der Hanſiſchen Chronik in app. p. 94.: Daß ihr Vater Henrich der achte es verboten haͤtte, unrowed unborded and unshorne Tuͤcher bey einer gewiſſen Strafe auszufuͤhren, ſie aber ſolches der deutſchen Hanſe auf 3 Jahr erlauben wollte. Dies ſind panni lanoſi.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/290>, abgerufen am 22.11.2024.