Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite
Urtheil über die Packenträger.

Gleichwie aber jene Acte of Navigation die den frem-
den Nationen erlaubte Einfuhr eigner Waaren nur in sofern
zuläßt, als diese Waaren nicht contrebande sind: also muß es
ein zweytes Hauptgesetz seyn, ein gleiches auch dahier zu
beobachten, und sowol den fremden als einheimischen Packen-
trägern das Hausiren mit sichern Waaren gänzlich zu unter-
sagen; als nemlich mit allen Spitzen, allen gestickten Sachen,
allen Seidenwaaren, allen Zitzen oder Cattunen, allen wol-
lenen Stoffen und dergleichen Sachen, als welche entweder
in den Städten oder auf Jahrmärkren gekaufet werden
können.

Ich rede hier blos von dem Hausiren ausserhalb Jahr-
markts. Denn dieser muß vor wie nach frey bleiben; und
ist es meine Meynung jezt nicht, solchen gleichfalls auf jene
Grundsätze einzuschränken. Damit aber diejenigen, welche
zu Markte kommen, diese ihnen zugestandene Freyheit nicht
mißbrauchen, und unter Weges auspacken mögen: so ist

Drittens nöthig, die Heerstrassen zu bezeichnen, und
das Urtheil dahin zu fassen, daß wer sich mit denen blos auf
Jahrmärkten zugelassenen Waaren ausserhalb der Heerstrasse
betreten lassen wird, sofort aller seiner bey sich führenden
Waare verlustig seyn solle. Die Lage der westphälischen Län-
der begünstiget diese Anstalt ungemein. In andern Gegen-
den gehen die Heerwege von Dorf zu Dorf; und die Land-
leute wohnen alle im Dorfe. In Westphalen hingegen woh-
net in den Dörfern und an der Heerstrasse fast kein einziger
Landmann, sondern blos Wirthe, Krämer und Handwerker;
und diese sind nur schlechte Kunden für die Packenträger.
Der wahre Bauer liegt in Hölzern zerstreuet, und man kann
nicht zu ihm kommen, ohne die Heerstrasse zu verlassen. Es
wäre also sowol in dieser als in mancher andern Absicht nöthig
die Heerstrassen zu bezeichnen, als wodurch zugleich die nach

der
Urtheil uͤber die Packentraͤger.

Gleichwie aber jene Acte of Navigation die den frem-
den Nationen erlaubte Einfuhr eigner Waaren nur in ſofern
zulaͤßt, als dieſe Waaren nicht contrebande ſind: alſo muß es
ein zweytes Hauptgeſetz ſeyn, ein gleiches auch dahier zu
beobachten, und ſowol den fremden als einheimiſchen Packen-
traͤgern das Hauſiren mit ſichern Waaren gaͤnzlich zu unter-
ſagen; als nemlich mit allen Spitzen, allen geſtickten Sachen,
allen Seidenwaaren, allen Zitzen oder Cattunen, allen wol-
lenen Stoffen und dergleichen Sachen, als welche entweder
in den Staͤdten oder auf Jahrmaͤrkren gekaufet werden
koͤnnen.

Ich rede hier blos von dem Hauſiren auſſerhalb Jahr-
markts. Denn dieſer muß vor wie nach frey bleiben; und
iſt es meine Meynung jezt nicht, ſolchen gleichfalls auf jene
Grundſaͤtze einzuſchraͤnken. Damit aber diejenigen, welche
zu Markte kommen, dieſe ihnen zugeſtandene Freyheit nicht
mißbrauchen, und unter Weges auspacken moͤgen: ſo iſt

Drittens noͤthig, die Heerſtraſſen zu bezeichnen, und
das Urtheil dahin zu faſſen, daß wer ſich mit denen blos auf
Jahrmaͤrkten zugelaſſenen Waaren auſſerhalb der Heerſtraſſe
betreten laſſen wird, ſofort aller ſeiner bey ſich fuͤhrenden
Waare verluſtig ſeyn ſolle. Die Lage der weſtphaͤliſchen Laͤn-
der beguͤnſtiget dieſe Anſtalt ungemein. In andern Gegen-
den gehen die Heerwege von Dorf zu Dorf; und die Land-
leute wohnen alle im Dorfe. In Weſtphalen hingegen woh-
net in den Doͤrfern und an der Heerſtraſſe faſt kein einziger
Landmann, ſondern blos Wirthe, Kraͤmer und Handwerker;
und dieſe ſind nur ſchlechte Kunden fuͤr die Packentraͤger.
Der wahre Bauer liegt in Hoͤlzern zerſtreuet, und man kann
nicht zu ihm kommen, ohne die Heerſtraſſe zu verlaſſen. Es
waͤre alſo ſowol in dieſer als in mancher andern Abſicht noͤthig
die Heerſtraſſen zu bezeichnen, als wodurch zugleich die nach

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0250" n="232"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Urtheil u&#x0364;ber die Packentra&#x0364;ger.</hi> </fw><lb/>
        <p>Gleichwie aber jene <hi rendition="#aq">Acte of Navigation</hi> die den frem-<lb/>
den Nationen erlaubte Einfuhr eigner Waaren nur in &#x017F;ofern<lb/>
zula&#x0364;ßt, als die&#x017F;e Waaren nicht contrebande &#x017F;ind: al&#x017F;o muß es<lb/>
ein <hi rendition="#fr">zweytes</hi> Hauptge&#x017F;etz &#x017F;eyn, ein gleiches auch dahier zu<lb/>
beobachten, und &#x017F;owol den fremden als einheimi&#x017F;chen Packen-<lb/>
tra&#x0364;gern das Hau&#x017F;iren mit &#x017F;ichern Waaren ga&#x0364;nzlich zu unter-<lb/>
&#x017F;agen; als nemlich mit allen Spitzen, allen ge&#x017F;tickten Sachen,<lb/>
allen Seidenwaaren, allen Zitzen oder Cattunen, allen wol-<lb/>
lenen Stoffen und dergleichen Sachen, als welche entweder<lb/>
in den Sta&#x0364;dten oder auf Jahrma&#x0364;rkren gekaufet werden<lb/>
ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Ich rede hier blos von dem Hau&#x017F;iren au&#x017F;&#x017F;erhalb Jahr-<lb/>
markts. Denn die&#x017F;er muß vor wie nach frey bleiben; und<lb/>
i&#x017F;t es meine Meynung jezt nicht, &#x017F;olchen gleichfalls auf jene<lb/>
Grund&#x017F;a&#x0364;tze einzu&#x017F;chra&#x0364;nken. Damit aber diejenigen, welche<lb/>
zu Markte kommen, die&#x017F;e ihnen zuge&#x017F;tandene Freyheit nicht<lb/>
mißbrauchen, und unter Weges auspacken mo&#x0364;gen: &#x017F;o i&#x017F;t</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Drittens</hi> no&#x0364;thig, die Heer&#x017F;tra&#x017F;&#x017F;en zu bezeichnen, und<lb/>
das Urtheil dahin zu fa&#x017F;&#x017F;en, daß wer &#x017F;ich mit denen blos auf<lb/>
Jahrma&#x0364;rkten zugela&#x017F;&#x017F;enen Waaren au&#x017F;&#x017F;erhalb der Heer&#x017F;tra&#x017F;&#x017F;e<lb/>
betreten la&#x017F;&#x017F;en wird, &#x017F;ofort aller &#x017F;einer bey &#x017F;ich fu&#x0364;hrenden<lb/>
Waare verlu&#x017F;tig &#x017F;eyn &#x017F;olle. Die Lage der we&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen La&#x0364;n-<lb/>
der begu&#x0364;n&#x017F;tiget die&#x017F;e An&#x017F;talt ungemein. In andern Gegen-<lb/>
den gehen die Heerwege von Dorf zu Dorf; und die Land-<lb/>
leute wohnen alle im Dorfe. In We&#x017F;tphalen hingegen woh-<lb/>
net in den Do&#x0364;rfern und an der Heer&#x017F;tra&#x017F;&#x017F;e fa&#x017F;t kein einziger<lb/>
Landmann, &#x017F;ondern blos Wirthe, Kra&#x0364;mer und Handwerker;<lb/>
und die&#x017F;e &#x017F;ind nur &#x017F;chlechte Kunden fu&#x0364;r die Packentra&#x0364;ger.<lb/>
Der wahre Bauer liegt in Ho&#x0364;lzern zer&#x017F;treuet, und man kann<lb/>
nicht zu ihm kommen, ohne die Heer&#x017F;tra&#x017F;&#x017F;e zu verla&#x017F;&#x017F;en. Es<lb/>
wa&#x0364;re al&#x017F;o &#x017F;owol in die&#x017F;er als in mancher andern Ab&#x017F;icht no&#x0364;thig<lb/>
die Heer&#x017F;tra&#x017F;&#x017F;en zu bezeichnen, als wodurch zugleich die nach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0250] Urtheil uͤber die Packentraͤger. Gleichwie aber jene Acte of Navigation die den frem- den Nationen erlaubte Einfuhr eigner Waaren nur in ſofern zulaͤßt, als dieſe Waaren nicht contrebande ſind: alſo muß es ein zweytes Hauptgeſetz ſeyn, ein gleiches auch dahier zu beobachten, und ſowol den fremden als einheimiſchen Packen- traͤgern das Hauſiren mit ſichern Waaren gaͤnzlich zu unter- ſagen; als nemlich mit allen Spitzen, allen geſtickten Sachen, allen Seidenwaaren, allen Zitzen oder Cattunen, allen wol- lenen Stoffen und dergleichen Sachen, als welche entweder in den Staͤdten oder auf Jahrmaͤrkren gekaufet werden koͤnnen. Ich rede hier blos von dem Hauſiren auſſerhalb Jahr- markts. Denn dieſer muß vor wie nach frey bleiben; und iſt es meine Meynung jezt nicht, ſolchen gleichfalls auf jene Grundſaͤtze einzuſchraͤnken. Damit aber diejenigen, welche zu Markte kommen, dieſe ihnen zugeſtandene Freyheit nicht mißbrauchen, und unter Weges auspacken moͤgen: ſo iſt Drittens noͤthig, die Heerſtraſſen zu bezeichnen, und das Urtheil dahin zu faſſen, daß wer ſich mit denen blos auf Jahrmaͤrkten zugelaſſenen Waaren auſſerhalb der Heerſtraſſe betreten laſſen wird, ſofort aller ſeiner bey ſich fuͤhrenden Waare verluſtig ſeyn ſolle. Die Lage der weſtphaͤliſchen Laͤn- der beguͤnſtiget dieſe Anſtalt ungemein. In andern Gegen- den gehen die Heerwege von Dorf zu Dorf; und die Land- leute wohnen alle im Dorfe. In Weſtphalen hingegen woh- net in den Doͤrfern und an der Heerſtraſſe faſt kein einziger Landmann, ſondern blos Wirthe, Kraͤmer und Handwerker; und dieſe ſind nur ſchlechte Kunden fuͤr die Packentraͤger. Der wahre Bauer liegt in Hoͤlzern zerſtreuet, und man kann nicht zu ihm kommen, ohne die Heerſtraſſe zu verlaſſen. Es waͤre alſo ſowol in dieſer als in mancher andern Abſicht noͤthig die Heerſtraſſen zu bezeichnen, als wodurch zugleich die nach der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/250
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/250>, abgerufen am 07.05.2024.