Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

in kleinen Städten.
"men Sie uns gnädigster Herr mit Ihrer Mannschaft zu
"Hülfe: so werden Sie solche in unsre Häuser legen, und
"von uns fordern, daß wir ihnen unser einziges Bette und
"unsre beste Kammer einräumen sollen. Und was werden
"uns nicht unsre eigne Vorsteher, unsre Bürgercapitains
"unsre Bürgerobersten und unzählige andre Bediente, die
"zu einer solchen Anstalt nothwendig erfordert werden, kosten?
"Jetzt bringen wir unsern Rauchschatz an den Vogt, und
"haben ausser einen Bauerrichter keinen Vorsteher zu besol-
"den. Dann aber werden wir deren wenigstens funfzig, und
"Rathhäuser, und Arsenale, und Pulverthürme, und mehr
"Steinpflaster zu unterhalten haben, als sich im ganze Lande
"befindet. Wie kann man aber uus geringen Leuten dieses
"der Billigkeit nach ausbürden? Von unserm Acker kann
"man dieses nicht fordern; denn wir haben keinen. Auf
"unsere Köpfe kann man es nicht legen, da jedermann in
"hiesigem Lande seinen Kopf frey hat; und da sonst niemand
"eine Vermögensteuer bezahlt: so wird man das wenige,
"was wir mit unser Hand erwerben, so lange Recht noch
"Recht bleibt, auch nicht damit belegen können.

Dieses werden ihre Gründe seyn, dem sich noch hun-
dert andre von gleichem Gewichte hinzufügen lassen. Was
wird aber der Landesherr auf diese Beschwerden versetzen.

"Lieben Leute, wird er sagen, es ist wahr, ihr seyd
"nicht schuldig diese Last für das ganze Land zu übernehmen.
"Allein es ist kayserlicher Befehl, und die Reichs- so wie die
"gemeine Landesnoth erfordert es, daß euer Dorf in eine
"Stadt verwandelt werde. Wir haben sonst in Kriegeszei-
"ten keine Zuflucht, und ein streifender Feind kann sonst alles
"auf einmal ausplündern, wenn wir nicht unsre beste Sachen
"hinter eure Mauren flüchten können. Damit es euch aber

"nicht

in kleinen Staͤdten.
〟men Sie uns gnaͤdigſter Herr mit Ihrer Mannſchaft zu
〟Huͤlfe: ſo werden Sie ſolche in unſre Haͤuſer legen, und
〟von uns fordern, daß wir ihnen unſer einziges Bette und
〟unſre beſte Kammer einraͤumen ſollen. Und was werden
〟uns nicht unſre eigne Vorſteher, unſre Buͤrgercapitains
〟unſre Buͤrgeroberſten und unzaͤhlige andre Bediente, die
〟zu einer ſolchen Anſtalt nothwendig erfordert werden, koſten?
〟Jetzt bringen wir unſern Rauchſchatz an den Vogt, und
〟haben auſſer einen Bauerrichter keinen Vorſteher zu beſol-
〟den. Dann aber werden wir deren wenigſtens funfzig, und
〟Rathhaͤuſer, und Arſenale, und Pulverthuͤrme, und mehr
〟Steinpflaſter zu unterhalten haben, als ſich im ganze Lande
〟befindet. Wie kann man aber uus geringen Leuten dieſes
〟der Billigkeit nach auſbuͤrden? Von unſerm Acker kann
〟man dieſes nicht fordern; denn wir haben keinen. Auf
〟unſere Koͤpfe kann man es nicht legen, da jedermann in
〟hieſigem Lande ſeinen Kopf frey hat; und da ſonſt niemand
〟eine Vermoͤgenſteuer bezahlt: ſo wird man das wenige,
〟was wir mit unſer Hand erwerben, ſo lange Recht noch
〟Recht bleibt, auch nicht damit belegen koͤnnen.

Dieſes werden ihre Gruͤnde ſeyn, dem ſich noch hun-
dert andre von gleichem Gewichte hinzufuͤgen laſſen. Was
wird aber der Landesherr auf dieſe Beſchwerden verſetzen.

„Lieben Leute, wird er ſagen, es iſt wahr, ihr ſeyd
〟nicht ſchuldig dieſe Laſt fuͤr das ganze Land zu uͤbernehmen.
〟Allein es iſt kayſerlicher Befehl, und die Reichs- ſo wie die
〟gemeine Landesnoth erfordert es, daß euer Dorf in eine
〟Stadt verwandelt werde. Wir haben ſonſt in Kriegeszei-
〟ten keine Zuflucht, und ein ſtreifender Feind kann ſonſt alles
〟auf einmal auspluͤndern, wenn wir nicht unſre beſte Sachen
〟hinter eure Mauren fluͤchten koͤnnen. Damit es euch aber

〟nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0207" n="189"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in kleinen Sta&#x0364;dten.</hi></fw><lb/>
&#x301F;men Sie uns gna&#x0364;dig&#x017F;ter Herr mit Ihrer Mann&#x017F;chaft zu<lb/>
&#x301F;Hu&#x0364;lfe: &#x017F;o werden Sie &#x017F;olche in un&#x017F;re Ha&#x0364;u&#x017F;er legen, und<lb/>
&#x301F;von uns fordern, daß wir ihnen un&#x017F;er einziges Bette und<lb/>
&#x301F;un&#x017F;re be&#x017F;te Kammer einra&#x0364;umen &#x017F;ollen. Und was werden<lb/>
&#x301F;uns nicht un&#x017F;re eigne Vor&#x017F;teher, un&#x017F;re Bu&#x0364;rgercapitains<lb/>
&#x301F;un&#x017F;re Bu&#x0364;rgerober&#x017F;ten und unza&#x0364;hlige andre Bediente, die<lb/>
&#x301F;zu einer &#x017F;olchen An&#x017F;talt nothwendig erfordert werden, ko&#x017F;ten?<lb/>
&#x301F;Jetzt bringen wir un&#x017F;ern Rauch&#x017F;chatz an den Vogt, und<lb/>
&#x301F;haben au&#x017F;&#x017F;er einen Bauerrichter keinen Vor&#x017F;teher zu be&#x017F;ol-<lb/>
&#x301F;den. Dann aber werden wir deren wenig&#x017F;tens funfzig, und<lb/>
&#x301F;Rathha&#x0364;u&#x017F;er, und Ar&#x017F;enale, und Pulverthu&#x0364;rme, und mehr<lb/>
&#x301F;Steinpfla&#x017F;ter zu unterhalten haben, als &#x017F;ich im ganze Lande<lb/>
&#x301F;befindet. Wie kann man aber uus geringen Leuten die&#x017F;es<lb/>
&#x301F;der Billigkeit nach au&#x017F;bu&#x0364;rden? Von un&#x017F;erm Acker kann<lb/>
&#x301F;man die&#x017F;es nicht fordern; denn wir haben keinen. Auf<lb/>
&#x301F;un&#x017F;ere Ko&#x0364;pfe kann man es nicht legen, da jedermann in<lb/>
&#x301F;hie&#x017F;igem Lande &#x017F;einen Kopf frey hat; und da &#x017F;on&#x017F;t niemand<lb/>
&#x301F;eine Vermo&#x0364;gen&#x017F;teuer bezahlt: &#x017F;o wird man das wenige,<lb/>
&#x301F;was wir mit un&#x017F;er Hand erwerben, &#x017F;o lange Recht noch<lb/>
&#x301F;Recht bleibt, auch nicht damit belegen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;es werden ihre Gru&#x0364;nde &#x017F;eyn, dem &#x017F;ich noch hun-<lb/>
dert andre von gleichem Gewichte hinzufu&#x0364;gen la&#x017F;&#x017F;en. Was<lb/>
wird aber der Landesherr auf die&#x017F;e Be&#x017F;chwerden ver&#x017F;etzen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Lieben Leute, wird er &#x017F;agen, es i&#x017F;t wahr, ihr &#x017F;eyd<lb/>
&#x301F;nicht &#x017F;chuldig die&#x017F;e La&#x017F;t fu&#x0364;r das ganze Land zu u&#x0364;bernehmen.<lb/>
&#x301F;Allein es i&#x017F;t kay&#x017F;erlicher Befehl, und die Reichs- &#x017F;o wie die<lb/>
&#x301F;gemeine Landesnoth erfordert es, daß euer Dorf in eine<lb/>
&#x301F;Stadt verwandelt werde. Wir haben &#x017F;on&#x017F;t in Kriegeszei-<lb/>
&#x301F;ten keine Zuflucht, und ein &#x017F;treifender Feind kann &#x017F;on&#x017F;t alles<lb/>
&#x301F;auf einmal ausplu&#x0364;ndern, wenn wir nicht un&#x017F;re be&#x017F;te Sachen<lb/>
&#x301F;hinter eure Mauren flu&#x0364;chten ko&#x0364;nnen. Damit es euch aber<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x301F;nicht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0207] in kleinen Staͤdten. 〟men Sie uns gnaͤdigſter Herr mit Ihrer Mannſchaft zu 〟Huͤlfe: ſo werden Sie ſolche in unſre Haͤuſer legen, und 〟von uns fordern, daß wir ihnen unſer einziges Bette und 〟unſre beſte Kammer einraͤumen ſollen. Und was werden 〟uns nicht unſre eigne Vorſteher, unſre Buͤrgercapitains 〟unſre Buͤrgeroberſten und unzaͤhlige andre Bediente, die 〟zu einer ſolchen Anſtalt nothwendig erfordert werden, koſten? 〟Jetzt bringen wir unſern Rauchſchatz an den Vogt, und 〟haben auſſer einen Bauerrichter keinen Vorſteher zu beſol- 〟den. Dann aber werden wir deren wenigſtens funfzig, und 〟Rathhaͤuſer, und Arſenale, und Pulverthuͤrme, und mehr 〟Steinpflaſter zu unterhalten haben, als ſich im ganze Lande 〟befindet. Wie kann man aber uus geringen Leuten dieſes 〟der Billigkeit nach auſbuͤrden? Von unſerm Acker kann 〟man dieſes nicht fordern; denn wir haben keinen. Auf 〟unſere Koͤpfe kann man es nicht legen, da jedermann in 〟hieſigem Lande ſeinen Kopf frey hat; und da ſonſt niemand 〟eine Vermoͤgenſteuer bezahlt: ſo wird man das wenige, 〟was wir mit unſer Hand erwerben, ſo lange Recht noch 〟Recht bleibt, auch nicht damit belegen koͤnnen. Dieſes werden ihre Gruͤnde ſeyn, dem ſich noch hun- dert andre von gleichem Gewichte hinzufuͤgen laſſen. Was wird aber der Landesherr auf dieſe Beſchwerden verſetzen. „Lieben Leute, wird er ſagen, es iſt wahr, ihr ſeyd 〟nicht ſchuldig dieſe Laſt fuͤr das ganze Land zu uͤbernehmen. 〟Allein es iſt kayſerlicher Befehl, und die Reichs- ſo wie die 〟gemeine Landesnoth erfordert es, daß euer Dorf in eine 〟Stadt verwandelt werde. Wir haben ſonſt in Kriegeszei- 〟ten keine Zuflucht, und ein ſtreifender Feind kann ſonſt alles 〟auf einmal auspluͤndern, wenn wir nicht unſre beſte Sachen 〟hinter eure Mauren fluͤchten koͤnnen. Damit es euch aber 〟nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/207
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/207>, abgerufen am 07.05.2024.