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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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Antwort auf verschiedene Vorschläge
sondern auch zu fordern scheinen, daß man ihre Gedanken öf-
fentlich mittheile, und ihnen den darauf gesetzten Preis zuer-
kenne.

Um allen diesen Forderungen auf einmal abzuhelfen,
will man nur mit wenigen erklären, wie keiner unter andern
die Sache auf der rechten Seite getroffen und den versproche-
nen Preis verdienet habe. Einige Proben werden hoffentlich
hinreichen, sie davon selbst zu überzeugen.

Alle sprechen von Bauern, als der untersten Klasse der
Menschen; vermischen unter diesem Namen alles was einen
schatzbaren Acker bauet; unterscheiden weder Freye noch Leib-
eigne, und wenn sie ja recht genau gehen wollen: so setzen sie
Vollerbe, Halberbe und Kötter von einander, ohne zu unter-
suchen, ob einer sein eigen Erbgut oder einen fremden Acker
baue; oder unter welchen Bedingungen er einen Hof bewohne.
Und dann ist es bey ihnen keinem Zweifel unterworfen, daß
nicht der Bürger den Rang für den besten ..........
(leider hat unsre verrätherische Sprache kein Wort mehr den
ruricolam vom Colono zu unterscheiden,) den Vorzug habe.
Allein seit wann, möchte man wohl fragen, ist es dann ein
Schimpf, seinen väterlichen Acker zu bauen? Seit wann hat
die Vernunft dem Hochmuthe das Recht bestätiget, das Wort
Bauer so unschicklich gebrauchen zu dürfen? Was kann einen
Landesherrn bewegen, denjenigen Mann für den schlechtesten
zu halten, der monatlich seinen Schatz richtig bezahlt, und
die erste Stütze des Staats ist? In Spanien ist das Pflü-
gen so schimpflich als in Deutschland das Abdecken. Sollten
wir es etwann auch dahin bringen? Die Hummeln ehren und
die Bienen beschimpfen? Warum soll der schatzbare Landei-
genthümer, der sein angestammtes Gut mit eignen Hengsten
bauet, und der seinen Pudding so oft essen kann als er will,
bey Thurm- und Leibesstrafe ein braunes Kleid tragen? weil

er

Antwort auf verſchiedene Vorſchlaͤge
ſondern auch zu fordern ſcheinen, daß man ihre Gedanken oͤf-
fentlich mittheile, und ihnen den darauf geſetzten Preis zuer-
kenne.

Um allen dieſen Forderungen auf einmal abzuhelfen,
will man nur mit wenigen erklaͤren, wie keiner unter andern
die Sache auf der rechten Seite getroffen und den verſproche-
nen Preis verdienet habe. Einige Proben werden hoffentlich
hinreichen, ſie davon ſelbſt zu uͤberzeugen.

Alle ſprechen von Bauern, als der unterſten Klaſſe der
Menſchen; vermiſchen unter dieſem Namen alles was einen
ſchatzbaren Acker bauet; unterſcheiden weder Freye noch Leib-
eigne, und wenn ſie ja recht genau gehen wollen: ſo ſetzen ſie
Vollerbe, Halberbe und Koͤtter von einander, ohne zu unter-
ſuchen, ob einer ſein eigen Erbgut oder einen fremden Acker
baue; oder unter welchen Bedingungen er einen Hof bewohne.
Und dann iſt es bey ihnen keinem Zweifel unterworfen, daß
nicht der Buͤrger den Rang fuͤr den beſten ..........
(leider hat unſre verraͤtheriſche Sprache kein Wort mehr den
ruricolam vom Colono zu unterſcheiden,) den Vorzug habe.
Allein ſeit wann, moͤchte man wohl fragen, iſt es dann ein
Schimpf, ſeinen vaͤterlichen Acker zu bauen? Seit wann hat
die Vernunft dem Hochmuthe das Recht beſtaͤtiget, das Wort
Bauer ſo unſchicklich gebrauchen zu duͤrfen? Was kann einen
Landesherrn bewegen, denjenigen Mann fuͤr den ſchlechteſten
zu halten, der monatlich ſeinen Schatz richtig bezahlt, und
die erſte Stuͤtze des Staats iſt? In Spanien iſt das Pfluͤ-
gen ſo ſchimpflich als in Deutſchland das Abdecken. Sollten
wir es etwann auch dahin bringen? Die Hummeln ehren und
die Bienen beſchimpfen? Warum ſoll der ſchatzbare Landei-
genthuͤmer, der ſein angeſtammtes Gut mit eignen Hengſten
bauet, und der ſeinen Pudding ſo oft eſſen kann als er will,
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[150/0168] Antwort auf verſchiedene Vorſchlaͤge ſondern auch zu fordern ſcheinen, daß man ihre Gedanken oͤf- fentlich mittheile, und ihnen den darauf geſetzten Preis zuer- kenne. Um allen dieſen Forderungen auf einmal abzuhelfen, will man nur mit wenigen erklaͤren, wie keiner unter andern die Sache auf der rechten Seite getroffen und den verſproche- nen Preis verdienet habe. Einige Proben werden hoffentlich hinreichen, ſie davon ſelbſt zu uͤberzeugen. Alle ſprechen von Bauern, als der unterſten Klaſſe der Menſchen; vermiſchen unter dieſem Namen alles was einen ſchatzbaren Acker bauet; unterſcheiden weder Freye noch Leib- eigne, und wenn ſie ja recht genau gehen wollen: ſo ſetzen ſie Vollerbe, Halberbe und Koͤtter von einander, ohne zu unter- ſuchen, ob einer ſein eigen Erbgut oder einen fremden Acker baue; oder unter welchen Bedingungen er einen Hof bewohne. Und dann iſt es bey ihnen keinem Zweifel unterworfen, daß nicht der Buͤrger den Rang fuͤr den beſten .......... (leider hat unſre verraͤtheriſche Sprache kein Wort mehr den ruricolam vom Colono zu unterſcheiden,) den Vorzug habe. Allein ſeit wann, moͤchte man wohl fragen, iſt es dann ein Schimpf, ſeinen vaͤterlichen Acker zu bauen? Seit wann hat die Vernunft dem Hochmuthe das Recht beſtaͤtiget, das Wort Bauer ſo unſchicklich gebrauchen zu duͤrfen? Was kann einen Landesherrn bewegen, denjenigen Mann fuͤr den ſchlechteſten zu halten, der monatlich ſeinen Schatz richtig bezahlt, und die erſte Stuͤtze des Staats iſt? In Spanien iſt das Pfluͤ- gen ſo ſchimpflich als in Deutſchland das Abdecken. Sollten wir es etwann auch dahin bringen? Die Hummeln ehren und die Bienen beſchimpfen? Warum ſoll der ſchatzbare Landei- genthuͤmer, der ſein angeſtammtes Gut mit eignen Hengſten bauet, und der ſeinen Pudding ſo oft eſſen kann als er will, bey Thurm- und Leibesſtrafe ein braunes Kleid tragen? weil er

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/168>, abgerufen am 22.11.2024.