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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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jährlich nach Holland gehen; wird bejahet.
Meistbietend verheuret, und immittelst eine Handarbeit in
der Fremde sucht, um nicht eben bey seinen Nachbarn zu die-
nen. Die Klage über den Mangel und in Theurung des Ge-
sindes, kann auch wohl einen Neid der Landbauer gegen die
mit freudigem Gesange nach Holland tanzenden und auf lustige
Ebentheuer irrende Heuerleute zum Grunde haben; die bey
ihrer Wiederkunft ein petit air erranger zeigen und sich vom
besten einschenken lassen. Wenigstens finde ich die Klage über
die Theurung des Gesindes, wenn ich scharf nachfrage, nicht
so gegründet, als es uns der Mund mancher Redner bereden
will, und ich habe die Klagen anderer Länder über diese
Theurung, woraus niemand nach Holland gehet, noch bitte-
rer als die unsrigen gefunden.

Einer Treulosigkeit gegen ihr Vaterland kann man die
Hollandsgänger mit Billigkeit nicht beschuldigen. Die
Freyheit nach ihrem Gefallen zu reisen, ist die erste Bedin-
gung gewesen, worunter sie sich bey uns niedergelassen und
worauf sie geheyrathet haben. Diese Freyheit macht sie eben
so getreu, daß sie wieder kommen; und sie zu zwingen auf
einem Boden zu bleiben, der ihnen nicht zum Erbtheil über-
geben, sondern für baar Geld verheuret ist, würde so schäd-
lich als unbillig seyn. In den strengsten Ländern geht der
Zwang nicht weiter, als den treulosen Unterthanen ihr Erb-
theil zu entziehen. Eigentlich solte diese Entziehung sich nur
auf das Erbtheil an liegenden Gründen erstrecken, welches
der Besitzer unter der Bedingung empfangen hat, es zu ver-
theidigen oder zu verlassen. Dergleichen Erbtheil aber hat
das Vaterland jenen Flüchtlingen nicht angewiesen.

Der Einwurf, daß die Hollandsgänger nichts als Gras
oder elendes Korn von ihren geheuerten Ländereyen erndten
solten, kömmt mit der hohen Landmiethe nicht überein. Wenn

er

jaͤhrlich nach Holland gehen; wird bejahet.
Meiſtbietend verheuret, und immittelſt eine Handarbeit in
der Fremde ſucht, um nicht eben bey ſeinen Nachbarn zu die-
nen. Die Klage uͤber den Mangel und in Theurung des Ge-
ſindes, kann auch wohl einen Neid der Landbauer gegen die
mit freudigem Geſange nach Holland tanzenden und auf luſtige
Ebentheuer irrende Heuerleute zum Grunde haben; die bey
ihrer Wiederkunft ein petit air erranger zeigen und ſich vom
beſten einſchenken laſſen. Wenigſtens finde ich die Klage uͤber
die Theurung des Geſindes, wenn ich ſcharf nachfrage, nicht
ſo gegruͤndet, als es uns der Mund mancher Redner bereden
will, und ich habe die Klagen anderer Laͤnder uͤber dieſe
Theurung, woraus niemand nach Holland gehet, noch bitte-
rer als die unſrigen gefunden.

Einer Treuloſigkeit gegen ihr Vaterland kann man die
Hollandsgaͤnger mit Billigkeit nicht beſchuldigen. Die
Freyheit nach ihrem Gefallen zu reiſen, iſt die erſte Bedin-
gung geweſen, worunter ſie ſich bey uns niedergelaſſen und
worauf ſie geheyrathet haben. Dieſe Freyheit macht ſie eben
ſo getreu, daß ſie wieder kommen; und ſie zu zwingen auf
einem Boden zu bleiben, der ihnen nicht zum Erbtheil uͤber-
geben, ſondern fuͤr baar Geld verheuret iſt, wuͤrde ſo ſchaͤd-
lich als unbillig ſeyn. In den ſtrengſten Laͤndern geht der
Zwang nicht weiter, als den treuloſen Unterthanen ihr Erb-
theil zu entziehen. Eigentlich ſolte dieſe Entziehung ſich nur
auf das Erbtheil an liegenden Gruͤnden erſtrecken, welches
der Beſitzer unter der Bedingung empfangen hat, es zu ver-
theidigen oder zu verlaſſen. Dergleichen Erbtheil aber hat
das Vaterland jenen Fluͤchtlingen nicht angewieſen.

Der Einwurf, daß die Hollandsgaͤnger nichts als Gras
oder elendes Korn von ihren geheuerten Laͤndereyen erndten
ſolten, koͤmmt mit der hohen Landmiethe nicht uͤberein. Wenn

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[107/0125] jaͤhrlich nach Holland gehen; wird bejahet. Meiſtbietend verheuret, und immittelſt eine Handarbeit in der Fremde ſucht, um nicht eben bey ſeinen Nachbarn zu die- nen. Die Klage uͤber den Mangel und in Theurung des Ge- ſindes, kann auch wohl einen Neid der Landbauer gegen die mit freudigem Geſange nach Holland tanzenden und auf luſtige Ebentheuer irrende Heuerleute zum Grunde haben; die bey ihrer Wiederkunft ein petit air erranger zeigen und ſich vom beſten einſchenken laſſen. Wenigſtens finde ich die Klage uͤber die Theurung des Geſindes, wenn ich ſcharf nachfrage, nicht ſo gegruͤndet, als es uns der Mund mancher Redner bereden will, und ich habe die Klagen anderer Laͤnder uͤber dieſe Theurung, woraus niemand nach Holland gehet, noch bitte- rer als die unſrigen gefunden. Einer Treuloſigkeit gegen ihr Vaterland kann man die Hollandsgaͤnger mit Billigkeit nicht beſchuldigen. Die Freyheit nach ihrem Gefallen zu reiſen, iſt die erſte Bedin- gung geweſen, worunter ſie ſich bey uns niedergelaſſen und worauf ſie geheyrathet haben. Dieſe Freyheit macht ſie eben ſo getreu, daß ſie wieder kommen; und ſie zu zwingen auf einem Boden zu bleiben, der ihnen nicht zum Erbtheil uͤber- geben, ſondern fuͤr baar Geld verheuret iſt, wuͤrde ſo ſchaͤd- lich als unbillig ſeyn. In den ſtrengſten Laͤndern geht der Zwang nicht weiter, als den treuloſen Unterthanen ihr Erb- theil zu entziehen. Eigentlich ſolte dieſe Entziehung ſich nur auf das Erbtheil an liegenden Gruͤnden erſtrecken, welches der Beſitzer unter der Bedingung empfangen hat, es zu ver- theidigen oder zu verlaſſen. Dergleichen Erbtheil aber hat das Vaterland jenen Fluͤchtlingen nicht angewieſen. Der Einwurf, daß die Hollandsgaͤnger nichts als Gras oder elendes Korn von ihren geheuerten Laͤndereyen erndten ſolten, koͤmmt mit der hohen Landmiethe nicht uͤberein. Wenn er

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/125>, abgerufen am 23.11.2024.