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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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adlichen Familien Verträgen, welche nach diesen Grund-
sätzen nicht gleich als instrumenta privata zu betrachten
sind.
§. 28.
Noch einige allgemeine Anmerkungen
darüber.

Jn Sachen welche nicht durch die ordentliche
Versammlung, durchs Geschrey, (a) oder durch
schöpfenbare Männer erwiesen oder entschieden werden
konnten, musten sie ihre Zuflucht zur Gottes-Probe
und zum Gottes-Urtheil nehmen. Und vielleicht fuh-
ren sie damit sicherer als wir mit unserm Reinigungs-
Eyde. (b) Auch darinn zeigt sich der Geist der Frey-
heit, daß sie zweifelhafte Sachen lieber durchs Loß, (c) durchs Wiehern eines Pferdes und durch das Ge-
schrey der Vögel, als durch Macht und Willkühr
entscheiden lassen wollten. Oeffentliche (d) Ver-
brechen kannte man nicht; und öffentliche Anklä-
ger (e) noch weniger. Dagegen aber war der belei-
digte Theil zur Klage oder zur Fehde verbunden; (f) eine kluge Wendung, (g) um den Folgen vorzubeu-
gen welche aus ihrem Grundsatze: Wo kein Kläger
ist da ist auch kein Richter,
entstehen konnten.
Wer eine Beleidigung einsteckte, wurde wie der
Schuldige verbannt.

(a) Die ordentliche Versamlung geschiehet stato die & tem-
pore.
Das Geschrey aber ist die ausserordentlich zu-
sammen gerufene oder zusammen geschriene Versam-
lung. Eben so ist ein Göding von dem Schrey-
Göding
unterschieden. Wir sprechen jetzt noch:
der Glockenschlag für die Eingepfarrete.
(b) Die
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erſter Abſchnitt.
adlichen Familien Vertraͤgen, welche nach dieſen Grund-
ſaͤtzen nicht gleich als inſtrumenta privata zu betrachten
ſind.
§. 28.
Noch einige allgemeine Anmerkungen
daruͤber.

Jn Sachen welche nicht durch die ordentliche
Verſammlung, durchs Geſchrey, (a) oder durch
ſchoͤpfenbare Maͤnner erwieſen oder entſchieden werden
konnten, muſten ſie ihre Zuflucht zur Gottes-Probe
und zum Gottes-Urtheil nehmen. Und vielleicht fuh-
ren ſie damit ſicherer als wir mit unſerm Reinigungs-
Eyde. (b) Auch darinn zeigt ſich der Geiſt der Frey-
heit, daß ſie zweifelhafte Sachen lieber durchs Loß, (c) durchs Wiehern eines Pferdes und durch das Ge-
ſchrey der Voͤgel, als durch Macht und Willkuͤhr
entſcheiden laſſen wollten. Oeffentliche (d) Ver-
brechen kannte man nicht; und oͤffentliche Anklaͤ-
ger (e) noch weniger. Dagegen aber war der belei-
digte Theil zur Klage oder zur Fehde verbunden; (f) eine kluge Wendung, (g) um den Folgen vorzubeu-
gen welche aus ihrem Grundſatze: Wo kein Klaͤger
iſt da iſt auch kein Richter,
entſtehen konnten.
Wer eine Beleidigung einſteckte, wurde wie der
Schuldige verbannt.

(a) Die ordentliche Verſamlung geſchiehet ſtato die & tem-
pore.
Das Geſchrey aber iſt die auſſerordentlich zu-
ſammen gerufene oder zuſammen geſchriene Verſam-
lung. Eben ſo iſt ein Goͤding von dem Schrey-
Goͤding
unterſchieden. Wir ſprechen jetzt noch:
der Glockenſchlag fuͤr die Eingepfarrete.
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[51/0081] erſter Abſchnitt. ⁽e⁾ adlichen Familien Vertraͤgen, welche nach dieſen Grund- ſaͤtzen nicht gleich als inſtrumenta privata zu betrachten ſind. §. 28. Noch einige allgemeine Anmerkungen daruͤber. Jn Sachen welche nicht durch die ordentliche Verſammlung, durchs Geſchrey, ⁽a⁾ oder durch ſchoͤpfenbare Maͤnner erwieſen oder entſchieden werden konnten, muſten ſie ihre Zuflucht zur Gottes-Probe und zum Gottes-Urtheil nehmen. Und vielleicht fuh- ren ſie damit ſicherer als wir mit unſerm Reinigungs- Eyde. ⁽b⁾ Auch darinn zeigt ſich der Geiſt der Frey- heit, daß ſie zweifelhafte Sachen lieber durchs Loß, ⁽c⁾ durchs Wiehern eines Pferdes und durch das Ge- ſchrey der Voͤgel, als durch Macht und Willkuͤhr entſcheiden laſſen wollten. Oeffentliche ⁽d⁾ Ver- brechen kannte man nicht; und oͤffentliche Anklaͤ- ger ⁽e⁾ noch weniger. Dagegen aber war der belei- digte Theil zur Klage oder zur Fehde verbunden; ⁽f⁾ eine kluge Wendung, ⁽g⁾ um den Folgen vorzubeu- gen welche aus ihrem Grundſatze: Wo kein Klaͤger iſt da iſt auch kein Richter, entſtehen konnten. Wer eine Beleidigung einſteckte, wurde wie der Schuldige verbannt. ⁽a⁾ Die ordentliche Verſamlung geſchiehet ſtato die & tem- pore. Das Geſchrey aber iſt die auſſerordentlich zu- ſammen gerufene oder zuſammen geſchriene Verſam- lung. Eben ſo iſt ein Goͤding von dem Schrey- Goͤding unterſchieden. Wir ſprechen jetzt noch: der Glockenſchlag fuͤr die Eingepfarrete. (b) Die D 2

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/81>, abgerufen am 23.11.2024.