Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.vierte Abtheilunge. sit potestate utrum interficiendum illis reddat aut unacum consensu eorum habeat licentiam ipsum malefactorem cum uxore & familia foris patriam infra sua regna collo- care & habeat ipsum quasi mortuum. (i. e. civiliter in pa- tria mortuum) Capit. de Sax. §. 10. Dies ist noch jetzt der englischen Gesetzen Genius. (i) Diese Thesis erläutert z. E. auch verschiedene Gränz-strei- tigkeiten. Dem comiti gehörte inspectio cadaveris, damals als ad civilem compositionem für ihm geklagt wurde. Seitdem aber die civilis compositio aus der Mode, hat der Besitzer eines Gödings unrecht inspectionem cadave- ris zu fordern. Diese gehört nun billig da man die Todt- schläger jetzt sogleich mit dem Frey-gericht oder der höch- sten Landes-obrigkeit verfolgt, der letztern und nachdem die Umstände sind, ex commissione dem Partheyen-go- grafen. Von dem Fehm-richter will ich nur noch bemer- ken, daß er auch die Vollmacht eines General-gewaltigers bey der Armee, der die Thäter auf der That hängen läßt, gehabt. Diese seine Befugnis, welche vielleicht eben- falls im Kriege ihren Ursprung genommen, verhinderte, daß ein ergriffener Uebelthäter sich nicht mit der exceptio- ne se coram judice suo ordinario ad civilem compositio- nem paratum esse, schützen konnte; und mag eben daher der Fehm-richter so fürchterlich geworden seyn. Viel- leicht ist Frais und fraisliche Obrigkeit aus Frey-Her- zogthum, Frey-grafschaft und Frey-gericht verkürzt. Fray heißt bey den Holländern noch extraordinarium quid, und nach dem Redegebrauch etwas ausserordentlich schönes. Jn der deutschen Sprache ist frey exceptio a regula ordinaria. Gesetzt nun alle actiones ordinariae wären bey den Deutschen ad satisfactionem civilem ge- gangen: so wäre nothwendig die persecutio criminalis vierte Abtheilunge. ſit poteſtate utrum interficiendum illis reddat aut unacum conſenſu eorum habeat licentiam ipſum malefactorem cum uxore & familia foris patriam infra ſua regna collo- care & habeat ipſum quaſi mortuum. (i. e. civiliter in pa- tria mortuum) Capit. de Sax. §. 10. Dies iſt noch jetzt der engliſchen Geſetzen Genius. (i) Dieſe Theſis erlaͤutert z. E. auch verſchiedene Graͤnz-ſtrei- tigkeiten. Dem comiti gehoͤrte inſpectio cadaveris, damals als ad civilem compoſitionem fuͤr ihm geklagt wurde. Seitdem aber die civilis compoſitio aus der Mode, hat der Beſitzer eines Goͤdings unrecht inſpectionem cadave- ris zu fordern. Dieſe gehoͤrt nun billig da man die Todt- ſchlaͤger jetzt ſogleich mit dem Frey-gericht oder der hoͤch- ſten Landes-obrigkeit verfolgt, der letztern und nachdem die Umſtaͤnde ſind, ex commiſſione dem Partheyen-go- grafen. Von dem Fehm-richter will ich nur noch bemer- ken, daß er auch die Vollmacht eines General-gewaltigers bey der Armee, der die Thaͤter auf der That haͤngen laͤßt, gehabt. Dieſe ſeine Befugnis, welche vielleicht eben- falls im Kriege ihren Urſprung genommen, verhinderte, daß ein ergriffener Uebelthaͤter ſich nicht mit der exceptio- ne ſe coram judice ſuo ordinario ad civilem compoſitio- nem paratum eſſe, ſchuͤtzen konnte; und mag eben daher der Fehm-richter ſo fuͤrchterlich geworden ſeyn. Viel- leicht iſt Frais und fraisliche Obrigkeit aus Frey-Her- zogthum, Frey-grafſchaft und Frey-gericht verkuͤrzt. Fray heißt bey den Hollaͤndern noch extraordinarium quid, und nach dem Redegebrauch etwas auſſerordentlich ſchoͤnes. 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vierte Abtheilunge.
⁽h⁾
ſit poteſtate utrum interficiendum illis reddat aut una
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cum uxore & familia foris patriam infra ſua regna collo-
care & habeat ipſum quaſi mortuum. (i. e. civiliter in pa-
tria mortuum) Capit. de Sax. §. 10. Dies iſt noch jetzt der
engliſchen Geſetzen Genius.
⁽i⁾ Dieſe Theſis erlaͤutert z. E. auch verſchiedene Graͤnz-ſtrei-
tigkeiten. Dem comiti gehoͤrte inſpectio cadaveris, damals
als ad civilem compoſitionem fuͤr ihm geklagt wurde.
Seitdem aber die civilis compoſitio aus der Mode, hat
der Beſitzer eines Goͤdings unrecht inſpectionem cadave-
ris zu fordern. Dieſe gehoͤrt nun billig da man die Todt-
ſchlaͤger jetzt ſogleich mit dem Frey-gericht oder der hoͤch-
ſten Landes-obrigkeit verfolgt, der letztern und nachdem
die Umſtaͤnde ſind, ex commiſſione dem Partheyen-go-
grafen. Von dem Fehm-richter will ich nur noch bemer-
ken, daß er auch die Vollmacht eines General-gewaltigers
bey der Armee, der die Thaͤter auf der That haͤngen
laͤßt, gehabt. Dieſe ſeine Befugnis, welche vielleicht eben-
falls im Kriege ihren Urſprung genommen, verhinderte,
daß ein ergriffener Uebelthaͤter ſich nicht mit der exceptio-
ne ſe coram judice ſuo ordinario ad civilem compoſitio-
nem paratum eſſe, ſchuͤtzen konnte; und mag eben daher
der Fehm-richter ſo fuͤrchterlich geworden ſeyn. Viel-
leicht iſt Frais und fraisliche Obrigkeit aus Frey-Her-
zogthum, Frey-grafſchaft und Frey-gericht verkuͤrzt.
Fray heißt bey den Hollaͤndern noch extraordinarium
quid, und nach dem Redegebrauch etwas auſſerordentlich
ſchoͤnes. Jn der deutſchen Sprache iſt frey exceptio a
regula ordinaria. Geſetzt nun alle actiones ordinariæ
waͤren bey den Deutſchen ad ſatisfactionem civilem ge-
gangen: ſo waͤre nothwendig die perſecutio criminalis
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Zitationshilfe: | Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/345>, abgerufen am 16.07.2024. |