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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Osnabrücksche Geschichte
vorhanden seyn konnten. Oder man müste glauben,
daß ein Gutsherr für jedes eigenbehörige Erbe einen
Söldner (d) gestellet hätte; weil er seinen Leibeignen
nicht in die gemeine Reihe schicken durfte, und
schwerlich hätten die andern mit einem Söldner ge-
dienet. Damals waren also unsre mehrsten Bauer-
höfe, in so fern die Wehr davon getrennet wurde,
Vogts-güter (e) und ihre Besitzer Vogts-leute.
Um deswillen fehlte es aber nicht an Leibeignen.
Es war deren vielmehr eine grössere Anzahl als
jetzt. (f) Unsre heutige Gutsherrlichkeit aber ist
Vogtey am Gute (g) und Eigenthum an dem der
es bauet. Ersters befindet sich also von seinem ersten
Ursprung an in der gemeinen Reihe; und letzter ist
als Vicar (h) hinein gekommen, wie der Heerbann
zu Anfang der Lehn-militz seine Ehre verlohr; und
der Krieges-dienst auf eine Krieger-fuhr hinaus lief.
Der Kayser aber liebte den Krieges-staat zu sehr, um
nicht dem Leibeigenthum unter den Landbesitzern, als
einem unstreitigen Ausfall aus der Reichs-matrikel
auf alle mögliche Art zu steuren.

(a) S. §. 127. n. i.
(b) Ut missi nostri diligenter inquirant & describere faciant
unusquisque in missatico quod homines casatos unusquis-
que in beneficio habeat. CAP. III. ann.
812. §. 5.
(c) Jch habe jeden Gutsherrn einen Wehr genannt, so lan-
ge er noch seinen Hof in Person vertheidigte; der Be-
grif von Gutsherrlichkeit entstand alsdann erst, wie der
Wehr aus seinem Leibeignen einen ordentlichen Hinter-
sassen machte; und solchergestalt in respectu hujus ein
Herr wurde. Wie die Lehn-militz in Uniforme mit
Gold und Silber vermuthlich auch mit anderm Gewehr
und andern Uebungen erschien, muste es den Stroh-

Oſnabruͤckſche Geſchichte
vorhanden ſeyn konnten. Oder man muͤſte glauben,
daß ein Gutsherr fuͤr jedes eigenbehoͤrige Erbe einen
Soͤldner (d) geſtellet haͤtte; weil er ſeinen Leibeignen
nicht in die gemeine Reihe ſchicken durfte, und
ſchwerlich haͤtten die andern mit einem Soͤldner ge-
dienet. Damals waren alſo unſre mehrſten Bauer-
hoͤfe, in ſo fern die Wehr davon getrennet wurde,
Vogts-guͤter (e) und ihre Beſitzer Vogts-leute.
Um deswillen fehlte es aber nicht an Leibeignen.
Es war deren vielmehr eine groͤſſere Anzahl als
jetzt. (f) Unſre heutige Gutsherrlichkeit aber iſt
Vogtey am Gute (g) und Eigenthum an dem der
es bauet. Erſters befindet ſich alſo von ſeinem erſten
Urſprung an in der gemeinen Reihe; und letzter iſt
als Vicar (h) hinein gekommen, wie der Heerbann
zu Anfang der Lehn-militz ſeine Ehre verlohr; und
der Krieges-dienſt auf eine Krieger-fuhr hinaus lief.
Der Kayſer aber liebte den Krieges-ſtaat zu ſehr, um
nicht dem Leibeigenthum unter den Landbeſitzern, als
einem unſtreitigen Ausfall aus der Reichs-matrikel
auf alle moͤgliche Art zu ſteuren.

(a) S. §. 127. n. i.
(b) Ut miſſi noſtri diligenter inquirant & deſcribere faciant
unusquisque in miſſatico quod homines caſatos unusquis-
que in beneficio habeat. CAP. III. ann.
812. §. 5.
(c) Jch habe jeden Gutsherrn einen Wehr genannt, ſo lan-
ge er noch ſeinen Hof in Perſon vertheidigte; der Be-
grif von Gutsherrlichkeit entſtand alsdann erſt, wie der
Wehr aus ſeinem Leibeignen einen ordentlichen Hinter-
ſaſſen machte; und ſolchergeſtalt in reſpectu hujus ein
Herr wurde. Wie die Lehn-militz in Uniforme mit
Gold und Silber vermuthlich auch mit anderm Gewehr
und andern Uebungen erſchien, muſte es den Stroh-
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[296/0326] Oſnabruͤckſche Geſchichte vorhanden ſeyn konnten. Oder man muͤſte glauben, daß ein Gutsherr fuͤr jedes eigenbehoͤrige Erbe einen Soͤldner ⁽d⁾ geſtellet haͤtte; weil er ſeinen Leibeignen nicht in die gemeine Reihe ſchicken durfte, und ſchwerlich haͤtten die andern mit einem Soͤldner ge- dienet. Damals waren alſo unſre mehrſten Bauer- hoͤfe, in ſo fern die Wehr davon getrennet wurde, Vogts-guͤter ⁽e⁾ und ihre Beſitzer Vogts-leute. Um deswillen fehlte es aber nicht an Leibeignen. Es war deren vielmehr eine groͤſſere Anzahl als jetzt. ⁽f⁾ Unſre heutige Gutsherrlichkeit aber iſt Vogtey am Gute ⁽g⁾ und Eigenthum an dem der es bauet. Erſters befindet ſich alſo von ſeinem erſten Urſprung an in der gemeinen Reihe; und letzter iſt als Vicar ⁽h⁾ hinein gekommen, wie der Heerbann zu Anfang der Lehn-militz ſeine Ehre verlohr; und der Krieges-dienſt auf eine Krieger-fuhr hinaus lief. Der Kayſer aber liebte den Krieges-ſtaat zu ſehr, um nicht dem Leibeigenthum unter den Landbeſitzern, als einem unſtreitigen Ausfall aus der Reichs-matrikel auf alle moͤgliche Art zu ſteuren. ⁽a⁾ S. §. 127. n. i. ⁽b⁾ Ut miſſi noſtri diligenter inquirant & deſcribere faciant unusquisque in miſſatico quod homines caſatos unusquis- que in beneficio habeat. CAP. III. ann. 812. §. 5. ⁽c⁾ Jch habe jeden Gutsherrn einen Wehr genannt, ſo lan- ge er noch ſeinen Hof in Perſon vertheidigte; der Be- grif von Gutsherrlichkeit entſtand alsdann erſt, wie der Wehr aus ſeinem Leibeignen einen ordentlichen Hinter- ſaſſen machte; und ſolchergeſtalt in reſpectu hujus ein Herr wurde. Wie die Lehn-militz in Uniforme mit Gold und Silber vermuthlich auch mit anderm Gewehr und andern Uebungen erſchien, muſte es den Stroh- weh-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/326>, abgerufen am 22.11.2024.