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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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dritter Abschnitt.
§. 104.
Sie behaupten ihre Freyheit.

Bey allen diesen Kriegen hatten die Sassen ihre
eigne Verfassung noch immer mit Macht behauptet.
Wie Dagobert starb, waren sie noch stark genug
Hessen (a) zu verheeren und den Franken die Spitze
zu bieten. Die Friesen streiften unter ihrem König
Radbot nach Kölln, (b) und unsre Gegenden waren
nothwendig ruhig. Der fränkische Majordome schlug
zwar die Friesen, (c) befreyete Hessen und verwüstete
das Land der Sassen so weit er konnte, doch ohne
Folgen. Und die Friesen so wohl als die Sassen
drungen nachher noch mehrmals an den Rhein, (d) so oft und so glücklich er auch nach dem Berichte der
fränkischen Schriftsteller mit ihnen schlug. Wie er
aber sämtliche Feldherrschaften der fränkischen Mo-
narchie an sich gebracht, (e) und sein Sohn Pipin
die Krone auf den Degen gesetzt hatte, (f) zeigte
sich schon von ferne das Netz, welches unter Carln
dem Grossen die Sassen befangen würde. Vorher
waren sie oft geschlagen, überzogen und zum Tribut
gezwungen, ihr Land aber war nie zu einer ordentlichen
Provinz gemacht und durch fränkische Stadthalter,
oder verpflichtete Könige regieret worden. Und dieses
läßt zugleich vermuthen, daß sie auch unter sich in
keiner Reichs-verfassung lebten. Denn wenn die Fran-
ken einen Herzog oder König von Bayern, Thüringen
und Allemannien überwanden: so folgte die Provinz
dem Schicksal ihres Königs. Nie aber folgte das
Land der Sassen dem Ueberwinder ihres Heerführers.
Ward dieser geschlagen: so wurde ihr Land ver-

heert,
O 3
dritter Abſchnitt.
§. 104.
Sie behaupten ihre Freyheit.

Bey allen dieſen Kriegen hatten die Saſſen ihre
eigne Verfaſſung noch immer mit Macht behauptet.
Wie Dagobert ſtarb, waren ſie noch ſtark genug
Heſſen (a) zu verheeren und den Franken die Spitze
zu bieten. Die Frieſen ſtreiften unter ihrem Koͤnig
Radbot nach Koͤlln, (b) und unſre Gegenden waren
nothwendig ruhig. Der fraͤnkiſche Majordome ſchlug
zwar die Frieſen, (c) befreyete Heſſen und verwuͤſtete
das Land der Saſſen ſo weit er konnte, doch ohne
Folgen. Und die Frieſen ſo wohl als die Saſſen
drungen nachher noch mehrmals an den Rhein, (d) ſo oft und ſo gluͤcklich er auch nach dem Berichte der
fraͤnkiſchen Schriftſteller mit ihnen ſchlug. Wie er
aber ſaͤmtliche Feldherrſchaften der fraͤnkiſchen Mo-
narchie an ſich gebracht, (e) und ſein Sohn Pipin
die Krone auf den Degen geſetzt hatte, (f) zeigte
ſich ſchon von ferne das Netz, welches unter Carln
dem Groſſen die Saſſen befangen wuͤrde. Vorher
waren ſie oft geſchlagen, uͤberzogen und zum Tribut
gezwungen, ihr Land aber war nie zu einer ordentlichen
Provinz gemacht und durch fraͤnkiſche Stadthalter,
oder verpflichtete Koͤnige regieret worden. Und dieſes
laͤßt zugleich vermuthen, daß ſie auch unter ſich in
keiner Reichs-verfaſſung lebten. Denn wenn die Fran-
ken einen Herzog oder Koͤnig von Bayern, Thuͤringen
und Allemannien uͤberwanden: ſo folgte die Provinz
dem Schickſal ihres Koͤnigs. Nie aber folgte das
Land der Saſſen dem Ueberwinder ihres Heerfuͤhrers.
Ward dieſer geſchlagen: ſo wurde ihr Land ver-

heert,
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[213/0243] dritter Abſchnitt. §. 104. Sie behaupten ihre Freyheit. Bey allen dieſen Kriegen hatten die Saſſen ihre eigne Verfaſſung noch immer mit Macht behauptet. Wie Dagobert ſtarb, waren ſie noch ſtark genug Heſſen ⁽a⁾ zu verheeren und den Franken die Spitze zu bieten. Die Frieſen ſtreiften unter ihrem Koͤnig Radbot nach Koͤlln, ⁽b⁾ und unſre Gegenden waren nothwendig ruhig. Der fraͤnkiſche Majordome ſchlug zwar die Frieſen, ⁽c⁾ befreyete Heſſen und verwuͤſtete das Land der Saſſen ſo weit er konnte, doch ohne Folgen. Und die Frieſen ſo wohl als die Saſſen drungen nachher noch mehrmals an den Rhein, ⁽d⁾ ſo oft und ſo gluͤcklich er auch nach dem Berichte der fraͤnkiſchen Schriftſteller mit ihnen ſchlug. Wie er aber ſaͤmtliche Feldherrſchaften der fraͤnkiſchen Mo- narchie an ſich gebracht, ⁽e⁾ und ſein Sohn Pipin die Krone auf den Degen geſetzt hatte, ⁽f⁾ zeigte ſich ſchon von ferne das Netz, welches unter Carln dem Groſſen die Saſſen befangen wuͤrde. Vorher waren ſie oft geſchlagen, uͤberzogen und zum Tribut gezwungen, ihr Land aber war nie zu einer ordentlichen Provinz gemacht und durch fraͤnkiſche Stadthalter, oder verpflichtete Koͤnige regieret worden. Und dieſes laͤßt zugleich vermuthen, daß ſie auch unter ſich in keiner Reichs-verfaſſung lebten. Denn wenn die Fran- ken einen Herzog oder Koͤnig von Bayern, Thuͤringen und Allemannien uͤberwanden: ſo folgte die Provinz dem Schickſal ihres Koͤnigs. Nie aber folgte das Land der Saſſen dem Ueberwinder ihres Heerfuͤhrers. Ward dieſer geſchlagen: ſo wurde ihr Land ver- heert, O 3

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/243>, abgerufen am 23.11.2024.