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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Vorrede.
worin die Reichsmansi mit Eigenthümern besetzt ge-
wesen waren verschwanden in dieser Periode gänz-
lich; wozu die Städte, diese anomalischen Körper,
welche die Sachsen so lange nicht hatten dulden wol-
len, nicht wenig beytrugen, indem sie die Be-
griffe von Ehre und Eigenthum, worauf sich die säch-
sische Gesetzgebung ehedem gegründet hatte, verwirre-
ten und verdunkelten. Die Ehre verlohr so gleich ih-
ren äusserlichen Werth, so bald der Geldreichthum
das Landeigenthum überwog; und wie die Handlung
der Städte unsichtbare heimliche Reichthümer ein-
führte, konnte die Wehrung der Menschen nicht mehr
nach Gelde geschehen. Es musten also Leib- und Le-
bensstrafen eingeführt, und der obrigkeitlichen Will-
kühr verschiedene Fälle zu ahnden überlassen werden,
worauf sich die alten Rechte nicht mehr anwenden,
und bey einer unsichtbaren Verhältnis keine neue fin-
den lassen wollten. Die Freyheit litt dardurch unge-
mein, und der ganze Staat arbeitete einer neuen Ver-
fassung entgegen, worin allmählig jeder Mensch eben
wie unter den spätern römischen Kaysern, zum Bür-
ger oder Rechtsgenossen aufgenommen, und seine Ver-
bindlichkeit und Pflicht auf der blossen Eigenschaft
von Unterthanen gegründet werden sollte. Eine Ver-
fassung wobey Deutschland hätte glücklich werden
können, wenn es seine Grösse immerfort auf die
Handlung gegründet, diese zu seinem Hauptinteresse
gemacht und dem persönlichen Fleisse und baaren Ver-
mögen in bestimmten Verhältnissen gleiche Ehre mit
dem Landeigenthum gegeben hätte, indem als-
dann die damals verbundene und mächtige Städte

das

Vorrede.
worin die Reichsmanſi mit Eigenthuͤmern beſetzt ge-
weſen waren verſchwanden in dieſer Periode gaͤnz-
lich; wozu die Staͤdte, dieſe anomaliſchen Koͤrper,
welche die Sachſen ſo lange nicht hatten dulden wol-
len, nicht wenig beytrugen, indem ſie die Be-
griffe von Ehre und Eigenthum, worauf ſich die ſaͤch-
ſiſche Geſetzgebung ehedem gegruͤndet hatte, verwirre-
ten und verdunkelten. Die Ehre verlohr ſo gleich ih-
ren aͤuſſerlichen Werth, ſo bald der Geldreichthum
das Landeigenthum uͤberwog; und wie die Handlung
der Staͤdte unſichtbare heimliche Reichthuͤmer ein-
fuͤhrte, konnte die Wehrung der Menſchen nicht mehr
nach Gelde geſchehen. Es muſten alſo Leib- und Le-
bensſtrafen eingefuͤhrt, und der obrigkeitlichen Will-
kuͤhr verſchiedene Faͤlle zu ahnden uͤberlaſſen werden,
worauf ſich die alten Rechte nicht mehr anwenden,
und bey einer unſichtbaren Verhaͤltnis keine neue fin-
den laſſen wollten. Die Freyheit litt dardurch unge-
mein, und der ganze Staat arbeitete einer neuen Ver-
faſſung entgegen, worin allmaͤhlig jeder Menſch eben
wie unter den ſpaͤtern roͤmiſchen Kayſern, zum Buͤr-
ger oder Rechtsgenoſſen aufgenommen, und ſeine Ver-
bindlichkeit und Pflicht auf der bloſſen Eigenſchaft
von Unterthanen gegruͤndet werden ſollte. Eine Ver-
faſſung wobey Deutſchland haͤtte gluͤcklich werden
koͤnnen, wenn es ſeine Groͤſſe immerfort auf die
Handlung gegruͤndet, dieſe zu ſeinem Hauptintereſſe
gemacht und dem perſoͤnlichen Fleiſſe und baaren Ver-
moͤgen in beſtimmten Verhaͤltniſſen gleiche Ehre mit
dem Landeigenthum gegeben haͤtte, indem als-
dann die damals verbundene und maͤchtige Staͤdte

das
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[0020] Vorrede. worin die Reichsmanſi mit Eigenthuͤmern beſetzt ge- weſen waren verſchwanden in dieſer Periode gaͤnz- lich; wozu die Staͤdte, dieſe anomaliſchen Koͤrper, welche die Sachſen ſo lange nicht hatten dulden wol- len, nicht wenig beytrugen, indem ſie die Be- griffe von Ehre und Eigenthum, worauf ſich die ſaͤch- ſiſche Geſetzgebung ehedem gegruͤndet hatte, verwirre- ten und verdunkelten. Die Ehre verlohr ſo gleich ih- ren aͤuſſerlichen Werth, ſo bald der Geldreichthum das Landeigenthum uͤberwog; und wie die Handlung der Staͤdte unſichtbare heimliche Reichthuͤmer ein- fuͤhrte, konnte die Wehrung der Menſchen nicht mehr nach Gelde geſchehen. Es muſten alſo Leib- und Le- bensſtrafen eingefuͤhrt, und der obrigkeitlichen Will- kuͤhr verſchiedene Faͤlle zu ahnden uͤberlaſſen werden, worauf ſich die alten Rechte nicht mehr anwenden, und bey einer unſichtbaren Verhaͤltnis keine neue fin- den laſſen wollten. Die Freyheit litt dardurch unge- mein, und der ganze Staat arbeitete einer neuen Ver- faſſung entgegen, worin allmaͤhlig jeder Menſch eben wie unter den ſpaͤtern roͤmiſchen Kayſern, zum Buͤr- ger oder Rechtsgenoſſen aufgenommen, und ſeine Ver- bindlichkeit und Pflicht auf der bloſſen Eigenſchaft von Unterthanen gegruͤndet werden ſollte. Eine Ver- faſſung wobey Deutſchland haͤtte gluͤcklich werden koͤnnen, wenn es ſeine Groͤſſe immerfort auf die Handlung gegruͤndet, dieſe zu ſeinem Hauptintereſſe gemacht und dem perſoͤnlichen Fleiſſe und baaren Ver- moͤgen in beſtimmten Verhaͤltniſſen gleiche Ehre mit dem Landeigenthum gegeben haͤtte, indem als- dann die damals verbundene und maͤchtige Staͤdte das

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/20>, abgerufen am 23.11.2024.