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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Osnabrücksche Geschichte
(d) Nec aut sacris adesse aut consilium inire ignominioso fas;
TAC. G.
6. So kann ein Mann, der sich zum Einlager
verschrieben hat; und nicht einreitet; bey keiner adli-
chen Versamlung erscheinen. An Orten wo Wechsel-
Recht ist; und man dem Edelmann, wenn er nicht be-
zahlt, so gleich den Land-Reuter zuschickt, ist aber jene
Redlichkeit unnöthig. Eben so unnöthig war sie in der
Stadt, wo der Bürgemeister den Bürger geschwind zur
Zahlung anhalten konnte. Und dies ist auch die Ursache,
warum man nur eine adliche und keine bürgerliche Pa-
role hat; und warum zu unsern Zeiten, nachdem die ter-
ritoria
sich geschlossen, die adliche Parole minder in Be-
trachtung kömmt weil ein jeder Gläubiger sich mehr auf
das Hypotheken-Buch als des Schuldners Wort verläßt.
Zur Zeit aber, wie der Adel bloß einen Land-Friede-
Richter und keinen Schuld-Richter erkannte; muste er
alles in der Welt thun, um sein Wort zu heiligen, wo-
fern er nicht seinen Credit verlieren wollte. Jn Spiel-
Schulden gilt noch die Parole, bloß aus der Ursache,
weil kein Richter da ist. Die Parole ist also auch eine
Urkunde der alten Unabhängigkeit des Adels. Jetzt kennt
man fast nur noch ein Fürstliches Wort.
(e) Die Christliche Religion scheinet den Begrif von Ehre
etwas zu sehr geschwächt zu haben. Doch sieht man an
den Quäkern und Herrnhütern wie es ihr nicht an an-
dern stärkern Banden mangle, wenn sie nur gehörig an-
gestrenget werden. So viel aber ist gewiß, daß künfti-
ge Strafen und Belohnungen, besonders nachdem die
Vergebung der Sünden oft zu sehr erleichtert wird, das
nicht würken, was ein gegenwärtiger Schimpf würken
kann. Die Hölle macht keinen so lebhaften Eindruck
als eine öffentliche Kirchen-Busse.
§. 44.
Von Knechten und angehörigen
Leuten.

So viel von den Edlen, Männern und Priestern,

wel-
Oſnabruͤckſche Geſchichte
(d) Nec aut ſacris adeſſe aut conſilium inire ignominioſo fas;
TAC. G.
6. So kann ein Mann, der ſich zum Einlager
verſchrieben hat; und nicht einreitet; bey keiner adli-
chen Verſamlung erſcheinen. An Orten wo Wechſel-
Recht iſt; und man dem Edelmann, wenn er nicht be-
zahlt, ſo gleich den Land-Reuter zuſchickt, iſt aber jene
Redlichkeit unnoͤthig. Eben ſo unnoͤthig war ſie in der
Stadt, wo der Buͤrgemeiſter den Buͤrger geſchwind zur
Zahlung anhalten konnte. Und dies iſt auch die Urſache,
warum man nur eine adliche und keine buͤrgerliche Pa-
role hat; und warum zu unſern Zeiten, nachdem die ter-
ritoria
ſich geſchloſſen, die adliche Parole minder in Be-
trachtung koͤmmt weil ein jeder Glaͤubiger ſich mehr auf
das Hypotheken-Buch als des Schuldners Wort verlaͤßt.
Zur Zeit aber, wie der Adel bloß einen Land-Friede-
Richter und keinen Schuld-Richter erkannte; muſte er
alles in der Welt thun, um ſein Wort zu heiligen, wo-
fern er nicht ſeinen Credit verlieren wollte. Jn Spiel-
Schulden gilt noch die Parole, bloß aus der Urſache,
weil kein Richter da iſt. Die Parole iſt alſo auch eine
Urkunde der alten Unabhaͤngigkeit des Adels. Jetzt kennt
man faſt nur noch ein Fuͤrſtliches Wort.
(e) Die Chriſtliche Religion ſcheinet den Begrif von Ehre
etwas zu ſehr geſchwaͤcht zu haben. Doch ſieht man an
den Quaͤkern und Herrnhuͤtern wie es ihr nicht an an-
dern ſtaͤrkern Banden mangle, wenn ſie nur gehoͤrig an-
geſtrenget werden. So viel aber iſt gewiß, daß kuͤnfti-
ge Strafen und Belohnungen, beſonders nachdem die
Vergebung der Suͤnden oft zu ſehr erleichtert wird, das
nicht wuͤrken, was ein gegenwaͤrtiger Schimpf wuͤrken
kann. Die Hoͤlle macht keinen ſo lebhaften Eindruck
als eine oͤffentliche Kirchen-Buſſe.
§. 44.
Von Knechten und angehoͤrigen
Leuten.

So viel von den Edlen, Maͤnnern und Prieſtern,

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[84/0114] Oſnabruͤckſche Geſchichte ⁽d⁾ Nec aut ſacris adeſſe aut conſilium inire ignominioſo fas; TAC. G. 6. So kann ein Mann, der ſich zum Einlager verſchrieben hat; und nicht einreitet; bey keiner adli- chen Verſamlung erſcheinen. An Orten wo Wechſel- Recht iſt; und man dem Edelmann, wenn er nicht be- zahlt, ſo gleich den Land-Reuter zuſchickt, iſt aber jene Redlichkeit unnoͤthig. Eben ſo unnoͤthig war ſie in der Stadt, wo der Buͤrgemeiſter den Buͤrger geſchwind zur Zahlung anhalten konnte. Und dies iſt auch die Urſache, warum man nur eine adliche und keine buͤrgerliche Pa- role hat; und warum zu unſern Zeiten, nachdem die ter- ritoria ſich geſchloſſen, die adliche Parole minder in Be- trachtung koͤmmt weil ein jeder Glaͤubiger ſich mehr auf das Hypotheken-Buch als des Schuldners Wort verlaͤßt. Zur Zeit aber, wie der Adel bloß einen Land-Friede- Richter und keinen Schuld-Richter erkannte; muſte er alles in der Welt thun, um ſein Wort zu heiligen, wo- fern er nicht ſeinen Credit verlieren wollte. Jn Spiel- Schulden gilt noch die Parole, bloß aus der Urſache, weil kein Richter da iſt. Die Parole iſt alſo auch eine Urkunde der alten Unabhaͤngigkeit des Adels. Jetzt kennt man faſt nur noch ein Fuͤrſtliches Wort. ⁽e⁾ Die Chriſtliche Religion ſcheinet den Begrif von Ehre etwas zu ſehr geſchwaͤcht zu haben. Doch ſieht man an den Quaͤkern und Herrnhuͤtern wie es ihr nicht an an- dern ſtaͤrkern Banden mangle, wenn ſie nur gehoͤrig an- geſtrenget werden. So viel aber iſt gewiß, daß kuͤnfti- ge Strafen und Belohnungen, beſonders nachdem die Vergebung der Suͤnden oft zu ſehr erleichtert wird, das nicht wuͤrken, was ein gegenwaͤrtiger Schimpf wuͤrken kann. Die Hoͤlle macht keinen ſo lebhaften Eindruck als eine oͤffentliche Kirchen-Buſſe. §. 44. Von Knechten und angehoͤrigen Leuten. So viel von den Edlen, Maͤnnern und Prieſtern, wel-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/114>, abgerufen am 21.11.2024.