Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

lösung von so mancherlei Unlust und Fährlichkeit recht
fröhlich mit einander feiern wollte. Er besorgte ein
ausgewähltes Abendessen und machte sich's besonders
zum Vergnügen, die kleine, für ein dutzend Gäste be-
rechnete Tafel auf alle Art mit den frühesten Blumen
und Treibhauspflanzen, so wie mit den verschiedenen Ge-
schenken aufzuputzen, deren sich eine ziemlich bunte Samm-
lung von theilnehmenden Freunden und Gratulanten
eingefunden. Was unter diesen hübschen und zum
Theil kostbaren Dingen am meisten figurirte, war eine
große Alabaster-Vase von höchst zierlicher Arbeit,
welche für Nolten bestimmt, in der Mitte des Ti-
sches mit üppigen Gewächsen prangte. Sie war eine
Gabe des Malers Tillsen, der sich heute überhaupt
als einen der herzlichsten und redseligsten erwies. Der
wunderliche Hofrath hatte nach seiner Weise die Ein-
ladung nicht angenommen und sich entschuldigt, doch
zum Beweis, daß er an Andrer Wohlseyn Antheil nehme,
einen Korb mit frischen Austern eingeschickt. Die
übrige Gesellschaft bestand meist aus Künstlern.

Unser Maler, von so viel ehrenden Beweisen der
Freundschaft gleich Anfangs überrascht und bewegt,
hatte gegen eine wehmüthige Empfindung anzukämpfen,
die er, eingedenk der heitern Forderung des Augen-
blicks, für jezt abweisen mußte. Die Unterhaltung im
Ganzen war mehr munter und scherzhaft abspringend,
als ernst und bedeutend; ja es nahmen die Späße
eines gewissen Akteurs und Sängers dergestalt über-

löſung von ſo mancherlei Unluſt und Fährlichkeit recht
fröhlich mit einander feiern wollte. Er beſorgte ein
ausgewähltes Abendeſſen und machte ſich’s beſonders
zum Vergnügen, die kleine, für ein dutzend Gäſte be-
rechnete Tafel auf alle Art mit den früheſten Blumen
und Treibhauspflanzen, ſo wie mit den verſchiedenen Ge-
ſchenken aufzuputzen, deren ſich eine ziemlich bunte Samm-
lung von theilnehmenden Freunden und Gratulanten
eingefunden. Was unter dieſen hübſchen und zum
Theil koſtbaren Dingen am meiſten figurirte, war eine
große Alabaſter-Vaſe von höchſt zierlicher Arbeit,
welche für Nolten beſtimmt, in der Mitte des Ti-
ſches mit üppigen Gewächſen prangte. Sie war eine
Gabe des Malers Tillſen, der ſich heute überhaupt
als einen der herzlichſten und redſeligſten erwies. Der
wunderliche Hofrath hatte nach ſeiner Weiſe die Ein-
ladung nicht angenommen und ſich entſchuldigt, doch
zum Beweis, daß er an Andrer Wohlſeyn Antheil nehme,
einen Korb mit friſchen Auſtern eingeſchickt. Die
übrige Geſellſchaft beſtand meiſt aus Künſtlern.

Unſer Maler, von ſo viel ehrenden Beweiſen der
Freundſchaft gleich Anfangs überraſcht und bewegt,
hatte gegen eine wehmüthige Empfindung anzukämpfen,
die er, eingedenk der heitern Forderung des Augen-
blicks, für jezt abweiſen mußte. Die Unterhaltung im
Ganzen war mehr munter und ſcherzhaft abſpringend,
als ernſt und bedeutend; ja es nahmen die Späße
eines gewiſſen Akteurs und Sängers dergeſtalt über-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0030" n="344"/>&#x017F;ung von &#x017F;o mancherlei Unlu&#x017F;t und Fährlichkeit recht<lb/>
fröhlich mit einander feiern wollte. Er be&#x017F;orgte ein<lb/>
ausgewähltes Abende&#x017F;&#x017F;en und machte &#x017F;ich&#x2019;s be&#x017F;onders<lb/>
zum Vergnügen, die kleine, für ein dutzend Gä&#x017F;te be-<lb/>
rechnete Tafel auf alle Art mit den frühe&#x017F;ten Blumen<lb/>
und Treibhauspflanzen, &#x017F;o wie mit den ver&#x017F;chiedenen Ge-<lb/>
&#x017F;chenken aufzuputzen, deren &#x017F;ich eine ziemlich bunte Samm-<lb/>
lung von theilnehmenden Freunden und Gratulanten<lb/>
eingefunden. Was unter die&#x017F;en hüb&#x017F;chen und zum<lb/>
Theil ko&#x017F;tbaren Dingen am mei&#x017F;ten figurirte, war eine<lb/>
große Alaba&#x017F;ter-Va&#x017F;e von höch&#x017F;t zierlicher Arbeit,<lb/>
welche für <hi rendition="#g">Nolten</hi> be&#x017F;timmt, in der Mitte des Ti-<lb/>
&#x017F;ches mit üppigen Gewäch&#x017F;en prangte. Sie war eine<lb/>
Gabe des Malers <hi rendition="#g">Till&#x017F;en</hi>, der &#x017F;ich heute überhaupt<lb/>
als einen der herzlich&#x017F;ten und red&#x017F;elig&#x017F;ten erwies. Der<lb/>
wunderliche Hofrath hatte nach &#x017F;einer Wei&#x017F;e die Ein-<lb/>
ladung nicht angenommen und &#x017F;ich ent&#x017F;chuldigt, doch<lb/>
zum Beweis, daß er an Andrer Wohl&#x017F;eyn Antheil nehme,<lb/>
einen Korb mit fri&#x017F;chen Au&#x017F;tern einge&#x017F;chickt. Die<lb/>
übrige Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft be&#x017F;tand mei&#x017F;t aus Kün&#x017F;tlern.</p><lb/>
          <p>Un&#x017F;er Maler, von &#x017F;o viel ehrenden Bewei&#x017F;en der<lb/>
Freund&#x017F;chaft gleich Anfangs überra&#x017F;cht und bewegt,<lb/>
hatte gegen eine wehmüthige Empfindung anzukämpfen,<lb/>
die er, eingedenk der heitern Forderung des Augen-<lb/>
blicks, für jezt abwei&#x017F;en mußte. Die Unterhaltung im<lb/>
Ganzen war mehr munter und &#x017F;cherzhaft ab&#x017F;pringend,<lb/>
als ern&#x017F;t und bedeutend; ja es nahmen die Späße<lb/>
eines gewi&#x017F;&#x017F;en Akteurs und Sängers derge&#x017F;talt über-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0030] löſung von ſo mancherlei Unluſt und Fährlichkeit recht fröhlich mit einander feiern wollte. Er beſorgte ein ausgewähltes Abendeſſen und machte ſich’s beſonders zum Vergnügen, die kleine, für ein dutzend Gäſte be- rechnete Tafel auf alle Art mit den früheſten Blumen und Treibhauspflanzen, ſo wie mit den verſchiedenen Ge- ſchenken aufzuputzen, deren ſich eine ziemlich bunte Samm- lung von theilnehmenden Freunden und Gratulanten eingefunden. Was unter dieſen hübſchen und zum Theil koſtbaren Dingen am meiſten figurirte, war eine große Alabaſter-Vaſe von höchſt zierlicher Arbeit, welche für Nolten beſtimmt, in der Mitte des Ti- ſches mit üppigen Gewächſen prangte. Sie war eine Gabe des Malers Tillſen, der ſich heute überhaupt als einen der herzlichſten und redſeligſten erwies. Der wunderliche Hofrath hatte nach ſeiner Weiſe die Ein- ladung nicht angenommen und ſich entſchuldigt, doch zum Beweis, daß er an Andrer Wohlſeyn Antheil nehme, einen Korb mit friſchen Auſtern eingeſchickt. Die übrige Geſellſchaft beſtand meiſt aus Künſtlern. Unſer Maler, von ſo viel ehrenden Beweiſen der Freundſchaft gleich Anfangs überraſcht und bewegt, hatte gegen eine wehmüthige Empfindung anzukämpfen, die er, eingedenk der heitern Forderung des Augen- blicks, für jezt abweiſen mußte. Die Unterhaltung im Ganzen war mehr munter und ſcherzhaft abſpringend, als ernſt und bedeutend; ja es nahmen die Späße eines gewiſſen Akteurs und Sängers dergeſtalt über-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/30
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/30>, abgerufen am 21.12.2024.