Himmel voll, gegen ihn aufrichtete, -- nunmehr nicht seinen ganzen Busen öffnen durfte! Er mußte den Kreis seines Glücks, seiner Wünsche im Stillen für sich abschließen und segnen, doch in die Mitte dessel- ben darf er Agnesenals schützenden Engel aufstellen.
Die Uebrigen waren aufgestanden, man wollte gehen. Theobald trennte sich schwer von diesem glück- lichen Orte, noch einmal überblickt' er die Runde der Landschaft und schied dann mit völlig befriedigter Seele.
Alsbald bewegte sich der Zug munter den Hü- gel hinab. Am Wäldchen wurde nicht versäumt, das Echo wieder anzurufen; Raymund brachte allerlei wilde Thierstimmen hervor und stellte mit Hussa-Ruf und Hundegekläff das Toben einer Jagd vollkommen dar; die Frauenzimmer sangen manches Lied, und gemächlich erreicht man das Pfarrhaus, wo die von Neuburg sich sogleich zum Abschied wenden wol- len, trotz den Vorstellungen des Pfarrers, der einen Plan, die sämmtlichen Gäste diese Nacht in Halme- dorf unterzubringen, komisch genug vorlegte. Ray- mund schloß sich der Partie des Malers an, um morgen von Neuburg aus weiter zu reisen. Wenig- stens müsse man den Mond noch abwarten, meinte Amandus, und er wollte seine Kalesche, ein uraltes aber höchst bequemes Familienerbstück, inzwischen parat halten lassen. So verweilte man sich auf's Neue; den Männern schien erst jezt der Wein recht zu schme-
Himmel voll, gegen ihn aufrichtete, — nunmehr nicht ſeinen ganzen Buſen öffnen durfte! Er mußte den Kreis ſeines Glücks, ſeiner Wünſche im Stillen für ſich abſchließen und ſegnen, doch in die Mitte deſſel- ben darf er Agneſenals ſchützenden Engel aufſtellen.
Die Uebrigen waren aufgeſtanden, man wollte gehen. Theobald trennte ſich ſchwer von dieſem glück- lichen Orte, noch einmal überblickt’ er die Runde der Landſchaft und ſchied dann mit völlig befriedigter Seele.
Alsbald bewegte ſich der Zug munter den Hü- gel hinab. Am Wäldchen wurde nicht verſäumt, das Echo wieder anzurufen; Raymund brachte allerlei wilde Thierſtimmen hervor und ſtellte mit Huſſa-Ruf und Hundegekläff das Toben einer Jagd vollkommen dar; die Frauenzimmer ſangen manches Lied, und gemächlich erreicht man das Pfarrhaus, wo die von Neuburg ſich ſogleich zum Abſchied wenden wol- len, trotz den Vorſtellungen des Pfarrers, der einen Plan, die ſämmtlichen Gäſte dieſe Nacht in Halme- dorf unterzubringen, komiſch genug vorlegte. Ray- mund ſchloß ſich der Partie des Malers an, um morgen von Neuburg aus weiter zu reiſen. Wenig- ſtens müſſe man den Mond noch abwarten, meinte Amandus, und er wollte ſeine Kaleſche, ein uraltes aber höchſt bequemes Familienerbſtück, inzwiſchen parat halten laſſen. So verweilte man ſich auf’s Neue; den Männern ſchien erſt jezt der Wein recht zu ſchme-
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Himmel voll, gegen ihn aufrichtete, — nunmehr nicht
ſeinen ganzen Buſen öffnen durfte! Er mußte den
Kreis ſeines Glücks, ſeiner Wünſche im Stillen für
ſich abſchließen und ſegnen, doch in die Mitte deſſel-
ben darf er Agneſenals ſchützenden Engel aufſtellen.
Die Uebrigen waren aufgeſtanden, man wollte
gehen. Theobald trennte ſich ſchwer von dieſem glück-
lichen Orte, noch einmal überblickt’ er die Runde der
Landſchaft und ſchied dann mit völlig befriedigter
Seele.
Alsbald bewegte ſich der Zug munter den Hü-
gel hinab. Am Wäldchen wurde nicht verſäumt, das
Echo wieder anzurufen; Raymund brachte allerlei
wilde Thierſtimmen hervor und ſtellte mit Huſſa-Ruf
und Hundegekläff das Toben einer Jagd vollkommen
dar; die Frauenzimmer ſangen manches Lied, und
gemächlich erreicht man das Pfarrhaus, wo die
von Neuburg ſich ſogleich zum Abſchied wenden wol-
len, trotz den Vorſtellungen des Pfarrers, der einen
Plan, die ſämmtlichen Gäſte dieſe Nacht in Halme-
dorf unterzubringen, komiſch genug vorlegte. Ray-
mund ſchloß ſich der Partie des Malers an, um
morgen von Neuburg aus weiter zu reiſen. Wenig-
ſtens müſſe man den Mond noch abwarten, meinte
Amandus, und er wollte ſeine Kaleſche, ein uraltes
aber höchſt bequemes Familienerbſtück, inzwiſchen parat
halten laſſen. So verweilte man ſich auf’s Neue;
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/150>, abgerufen am 24.11.2024.
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