den Schein des Gräulichen und Ungeheuren von mei- ner Hieherkunft zu entfernen, besonders um der Da- men willen, denen der Schreck noch nicht ganz aus den Gliedern gewichen seyn muß, weil bis jezt keine sich getraute, mich auch ein wenig freundlich anzu- schauen. Nun also: zwei Tage, bevor Sie, lieber Nolten, die Rückkehr in ihr Vaterland antraten, die ich mir so nahe gar nicht vermuthend seyn konnte, war ich genöthigt, in nicht sehr erfreulichen Angele- genheiten eines Bruders nach K * zu reisen, was kaum sechs Meilen von hier liegt. Ich wußte damals noch nichts von Ihren Verbindungen in dieser Gegend, und weder ein Neuburg noch ein Halmedorf existirte für mich in der Welt, sonst hätt' ich wohl um Auf- träge bei Ihnen angefragt und wäre vielleicht nicht so schmählich um Ihren Abschied gekommen. Doch wider Hoffen und Vermuthen sollt' ich um Vieles glücklicher werden. Ich war bereits acht Tage in K *, so kommt ein Brief, pressant, an mich dorthin -- (von wem? das rathen Sie wohl nicht!) mit dem dringenden Auftrage, im Rückweg einen kleinen Ab- stecher zu Ihnen zu machen und ein beigelegtes Schrei- ben eigens in Ihre Hände zu überliefern. (Er gab Theobalden den Brief und wandte sich gegen die Andern.) Dem schönen Zufall muß ich noch besonders lobpreisende Gerechtigkeit widerfahren lassen, der mich zwei Stunden von hier mit dem Herrn Obrist zu- sammenführte; wir gesellten uns als fremde Passagiere
den Schein des Gräulichen und Ungeheuren von mei- ner Hieherkunft zu entfernen, beſonders um der Da- men willen, denen der Schreck noch nicht ganz aus den Gliedern gewichen ſeyn muß, weil bis jezt keine ſich getraute, mich auch ein wenig freundlich anzu- ſchauen. Nun alſo: zwei Tage, bevor Sie, lieber Nolten, die Rückkehr in ihr Vaterland antraten, die ich mir ſo nahe gar nicht vermuthend ſeyn konnte, war ich genöthigt, in nicht ſehr erfreulichen Angele- genheiten eines Bruders nach K * zu reiſen, was kaum ſechs Meilen von hier liegt. Ich wußte damals noch nichts von Ihren Verbindungen in dieſer Gegend, und weder ein Neuburg noch ein Halmedorf exiſtirte für mich in der Welt, ſonſt hätt’ ich wohl um Auf- träge bei Ihnen angefragt und wäre vielleicht nicht ſo ſchmählich um Ihren Abſchied gekommen. Doch wider Hoffen und Vermuthen ſollt’ ich um Vieles glücklicher werden. Ich war bereits acht Tage in K *, ſo kommt ein Brief, preſſant, an mich dorthin — (von wem? das rathen Sie wohl nicht!) mit dem dringenden Auftrage, im Rückweg einen kleinen Ab- ſtecher zu Ihnen zu machen und ein beigelegtes Schrei- ben eigens in Ihre Hände zu überliefern. (Er gab Theobalden den Brief und wandte ſich gegen die Andern.) Dem ſchönen Zufall muß ich noch beſonders lobpreiſende Gerechtigkeit widerfahren laſſen, der mich zwei Stunden von hier mit dem Herrn Obriſt zu- ſammenführte; wir geſellten uns als fremde Paſſagiere
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den Schein des Gräulichen und Ungeheuren von mei-
ner Hieherkunft zu entfernen, beſonders um der Da-
men willen, denen der Schreck noch nicht ganz aus
den Gliedern gewichen ſeyn muß, weil bis jezt keine
ſich getraute, mich auch ein wenig freundlich anzu-
ſchauen. Nun alſo: zwei Tage, bevor Sie, lieber
Nolten, die Rückkehr in ihr Vaterland antraten, die
ich mir ſo nahe gar nicht vermuthend ſeyn konnte,
war ich genöthigt, in nicht ſehr erfreulichen Angele-
genheiten eines Bruders nach K * zu reiſen, was kaum
ſechs Meilen von hier liegt. Ich wußte damals noch
nichts von Ihren Verbindungen in dieſer Gegend,
und weder ein Neuburg noch ein Halmedorf exiſtirte
für mich in der Welt, ſonſt hätt’ ich wohl um Auf-
träge bei Ihnen angefragt und wäre vielleicht nicht
ſo ſchmählich um Ihren Abſchied gekommen. Doch
wider Hoffen und Vermuthen ſollt’ ich um Vieles
glücklicher werden. Ich war bereits acht Tage in K *,
ſo kommt ein Brief, preſſant, an mich dorthin —
(von wem? das rathen Sie wohl nicht!) mit dem
dringenden Auftrage, im Rückweg einen kleinen Ab-
ſtecher zu Ihnen zu machen und ein beigelegtes Schrei-
ben eigens in Ihre Hände zu überliefern. (Er gab
Theobalden den Brief und wandte ſich gegen die
Andern.) Dem ſchönen Zufall muß ich noch beſonders
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/142>, abgerufen am 22.11.2024.
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