Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.
Auf seiner Stirn', doch sang er Trallira! Und sagte: dieß wär nur ein Kinderspiel. Dann nahm er mich und sezt' mich auf den Gipfel; Ich bat und weint', er aber ließ mich zappeln, Bis ich ihm oben ein hübsch Liedchen sang. Nun trollt er weg und brummt: ich soll dich grüßen, Wenn du ihn wieder brauchest, sollst's nur sagen. Verzeih, daß ich's vergaß. König. Schon gut; nun höre! Durch jene schmale Oeffnung dringest du Zu einer Höhle, deren Innerstes Ein Schießgeräth mit einem Pfeil verwahrt. Dieß Beides hole mir. (Sie geht.) So lehret mich Das Buch des Schicksals, so heißt mich ein Gott. Dort lehnt ein uralt schwer Geschoß, zeither Von keines Menschen Hand berührt, nur heute Soll dieser Bogen an das Tageslicht, Den Pfeil zu schleudern in den gift'gen Auswuchs Reizvoller Liebe, die nach kurzem Schmerz Zur Heilung sich erholet. O Thereile, Ich nehme bittern Abschied, denn es fährt Die feige Schneide, die uns trennen soll, Bald rücklings in dein treues Herz; hier steht Der träumerische Baum, in dessen Saft Du unser Beider Blut vor wenig Monden
Auf ſeiner Stirn’, doch ſang er Trallira! Und ſagte: dieß wär nur ein Kinderſpiel. Dann nahm er mich und ſezt’ mich auf den Gipfel; Ich bat und weint’, er aber ließ mich zappeln, Bis ich ihm oben ein hübſch Liedchen ſang. Nun trollt er weg und brummt: ich ſoll dich grüßen, Wenn du ihn wieder braucheſt, ſollſt’s nur ſagen. Verzeih, daß ich’s vergaß. König. Schon gut; nun höre! Durch jene ſchmale Oeffnung dringeſt du Zu einer Höhle, deren Innerſtes Ein Schießgeräth mit einem Pfeil verwahrt. Dieß Beides hole mir. (Sie geht.) So lehret mich Das Buch des Schickſals, ſo heißt mich ein Gott. Dort lehnt ein uralt ſchwer Geſchoß, zeither Von keines Menſchen Hand berührt, nur heute Soll dieſer Bogen an das Tageslicht, Den Pfeil zu ſchleudern in den gift’gen Auswuchs Reizvoller Liebe, die nach kurzem Schmerz Zur Heilung ſich erholet. O Thereile, Ich nehme bittern Abſchied, denn es fährt Die feige Schneide, die uns trennen ſoll, Bald rücklings in dein treues Herz; hier ſteht Der träumeriſche Baum, in deſſen Saft Du unſer Beider Blut vor wenig Monden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#silp"> <p><pb facs="#f0206" n="198"/> Auf ſeiner Stirn’, doch ſang er Trallira!<lb/> Und ſagte: dieß wär nur ein Kinderſpiel.<lb/> Dann nahm er mich und ſezt’ mich auf den Gipfel;<lb/> Ich bat und weint’, er aber ließ mich zappeln,<lb/> Bis ich ihm oben ein hübſch Liedchen ſang.<lb/> Nun trollt er weg und brummt: ich ſoll dich grüßen,<lb/> Wenn du ihn wieder braucheſt, ſollſt’s nur ſagen.<lb/> Verzeih, daß ich’s vergaß.</p> </sp><lb/> <sp who="#koe"> <speaker><hi rendition="#g">König</hi>.</speaker><lb/> <p>Schon gut; nun höre!<lb/> Durch jene ſchmale Oeffnung dringeſt du<lb/> Zu einer Höhle, deren Innerſtes<lb/> Ein Schießgeräth mit einem Pfeil verwahrt.<lb/> Dieß Beides hole mir.</p><lb/> <stage>(Sie geht.)</stage><lb/> <p>So lehret mich<lb/> Das Buch des Schickſals, ſo heißt mich ein Gott.<lb/> Dort lehnt ein uralt ſchwer Geſchoß, zeither<lb/> Von keines Menſchen Hand berührt, nur heute<lb/> Soll dieſer Bogen an das Tageslicht,<lb/> Den Pfeil zu ſchleudern in den gift’gen Auswuchs<lb/> Reizvoller Liebe, die nach kurzem Schmerz<lb/> Zur Heilung ſich erholet. O Thereile,<lb/> Ich nehme bittern Abſchied, denn es fährt<lb/> Die feige Schneide, die uns trennen ſoll,<lb/> Bald rücklings in dein treues Herz; hier ſteht<lb/> Der träumeriſche Baum, in deſſen Saft<lb/> Du unſer Beider Blut vor wenig Monden<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [198/0206]
Auf ſeiner Stirn’, doch ſang er Trallira!
Und ſagte: dieß wär nur ein Kinderſpiel.
Dann nahm er mich und ſezt’ mich auf den Gipfel;
Ich bat und weint’, er aber ließ mich zappeln,
Bis ich ihm oben ein hübſch Liedchen ſang.
Nun trollt er weg und brummt: ich ſoll dich grüßen,
Wenn du ihn wieder braucheſt, ſollſt’s nur ſagen.
Verzeih, daß ich’s vergaß.
König.
Schon gut; nun höre!
Durch jene ſchmale Oeffnung dringeſt du
Zu einer Höhle, deren Innerſtes
Ein Schießgeräth mit einem Pfeil verwahrt.
Dieß Beides hole mir.
(Sie geht.)
So lehret mich
Das Buch des Schickſals, ſo heißt mich ein Gott.
Dort lehnt ein uralt ſchwer Geſchoß, zeither
Von keines Menſchen Hand berührt, nur heute
Soll dieſer Bogen an das Tageslicht,
Den Pfeil zu ſchleudern in den gift’gen Auswuchs
Reizvoller Liebe, die nach kurzem Schmerz
Zur Heilung ſich erholet. O Thereile,
Ich nehme bittern Abſchied, denn es fährt
Die feige Schneide, die uns trennen ſoll,
Bald rücklings in dein treues Herz; hier ſteht
Der träumeriſche Baum, in deſſen Saft
Du unſer Beider Blut vor wenig Monden
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