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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

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lichen Gemäldes heraus zu schreiten und leibhaftig
vor mich hinzutreten."

Nolten war bestürzt, ohne eigentlich zu wissen,
warum.

"Ja, ja, mein Herr! mit recht kuriosen, hämi-
schen Augen starrte sie mir tief in's Gesicht und sagte
-- nein! das sollen Sie jezt nicht hören."

"Ich bitte!"

"Nehmen Sie sich in Acht" --

"Sagte sie?"

"Nicht doch, das sag' ich; eben gleitet Ihnen ja
die Tasse aus der Hand!"

"Wirklich fast -- Aber was sprach der Geist?"
fragte Nolten dringend auf's Neue, und nach einer
Pause brachte die schöne Frau mit kaum unterdrückter
Verwirrung die Worte hervor: ""Constanze Jose-
phine Armond wird auch bald die Orgel
mit uns spielen
."" --

"Aber, mein Gott," erwiderte Nolten, "doch
hat der Traum Sie nicht erschrecken können?"

"Bis zum Erwachen doch; übrigens dank' ich
ihm, daß er mir Anlaß gibt, meinem etwaigen Berufe
zu dieser Gattung von Musik, so wie meiner Aufnahme
in so ernste Gesellschaft, auch ein wenig nachzudenken."

Theobald, wie er nun wieder allein stand,
wußte nicht, was er aus den lezten Worten machen
sollte; dem Tone nach konnten sie nur für Scherz
gelten, aber das Ganze hatte einen störenden Ein-

lichen Gemäldes heraus zu ſchreiten und leibhaftig
vor mich hinzutreten.“

Nolten war beſtürzt, ohne eigentlich zu wiſſen,
warum.

„Ja, ja, mein Herr! mit recht kurioſen, hämi-
ſchen Augen ſtarrte ſie mir tief in’s Geſicht und ſagte
— nein! das ſollen Sie jezt nicht hören.“

„Ich bitte!“

„Nehmen Sie ſich in Acht“ —

„Sagte ſie?“

„Nicht doch, das ſag’ ich; eben gleitet Ihnen ja
die Taſſe aus der Hand!“

„Wirklich faſt — Aber was ſprach der Geiſt?“
fragte Nolten dringend auf’s Neue, und nach einer
Pauſe brachte die ſchöne Frau mit kaum unterdrückter
Verwirrung die Worte hervor: „„Conſtanze Joſe-
phine Armond wird auch bald die Orgel
mit uns ſpielen
.““ —

„Aber, mein Gott,“ erwiderte Nolten, „doch
hat der Traum Sie nicht erſchrecken können?“

„Bis zum Erwachen doch; übrigens dank’ ich
ihm, daß er mir Anlaß gibt, meinem etwaigen Berufe
zu dieſer Gattung von Muſik, ſo wie meiner Aufnahme
in ſo ernſte Geſellſchaft, auch ein wenig nachzudenken.“

Theobald, wie er nun wieder allein ſtand,
wußte nicht, was er aus den lezten Worten machen
ſollte; dem Tone nach konnten ſie nur für Scherz
gelten, aber das Ganze hatte einen ſtörenden Ein-

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[102/0110] lichen Gemäldes heraus zu ſchreiten und leibhaftig vor mich hinzutreten.“ Nolten war beſtürzt, ohne eigentlich zu wiſſen, warum. „Ja, ja, mein Herr! mit recht kurioſen, hämi- ſchen Augen ſtarrte ſie mir tief in’s Geſicht und ſagte — nein! das ſollen Sie jezt nicht hören.“ „Ich bitte!“ „Nehmen Sie ſich in Acht“ — „Sagte ſie?“ „Nicht doch, das ſag’ ich; eben gleitet Ihnen ja die Taſſe aus der Hand!“ „Wirklich faſt — Aber was ſprach der Geiſt?“ fragte Nolten dringend auf’s Neue, und nach einer Pauſe brachte die ſchöne Frau mit kaum unterdrückter Verwirrung die Worte hervor: „„Conſtanze Joſe- phine Armond wird auch bald die Orgel mit uns ſpielen.““ — „Aber, mein Gott,“ erwiderte Nolten, „doch hat der Traum Sie nicht erſchrecken können?“ „Bis zum Erwachen doch; übrigens dank’ ich ihm, daß er mir Anlaß gibt, meinem etwaigen Berufe zu dieſer Gattung von Muſik, ſo wie meiner Aufnahme in ſo ernſte Geſellſchaft, auch ein wenig nachzudenken.“ Theobald, wie er nun wieder allein ſtand, wußte nicht, was er aus den lezten Worten machen ſollte; dem Tone nach konnten ſie nur für Scherz gelten, aber das Ganze hatte einen ſtörenden Ein-

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/110>, abgerufen am 29.11.2024.