Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Was wär' es sonst? Heiliger Sixtus und Calixtus -- Constanze! du! rief er zum Fenster hinauf, wo sie mit den Andern heraus sah. Der Wagen soll mein sein! du fährst künftig in deinem eigenen Wagen! Er umarmte den schmunzelnden Geber, betrachtete und umging sein neues Besitzthum von allen Seiten, öffnete den Schlag, warf sich hinein und rief heraus: Ich dünke mich so vornehm und so reich wie Ritter Gluck! Was werden sie in Wien für Augen machen! -- Ich hoffe, sagte die Gräfin, Ihr Fuhrwerk wieder zu sehn bei der Rückkehr von Prag, mit Kränzen um und um behangen. Nicht lang nach diesem letzten fröhlichen Auftritt setzte sich der vielbelobte Wagen mit dem scheidenden Paare wirklich in Bewegung und fuhr im raschen Trab nach der Landstraße zu. Der Graf ließ sie bis Wittingau fahren, wo Postpferde genommen werden sollten. Wenn gute, vortreffliche Menschen durch ihre Gegenwart vorübergehend unser Haus belebten, durch ihren frischen Geistesodem auch unser Wesen in neuen raschen Schwung versetzten und uns den Segen der Gastfreundschaft in vollem Maße zu empfinden gaben, so läßt ihr Abschied immer eine unbehagliche Stockung, zum mindesten für den Rest des Tags, bei uns zurück, wofern wir wieder ganz nur auf uns selber angewiesen sind. Bei unsern Schloßbewohnern traf wenigstens das Was wär' es sonst? Heiliger Sixtus und Calixtus — Constanze! du! rief er zum Fenster hinauf, wo sie mit den Andern heraus sah. Der Wagen soll mein sein! du fährst künftig in deinem eigenen Wagen! Er umarmte den schmunzelnden Geber, betrachtete und umging sein neues Besitzthum von allen Seiten, öffnete den Schlag, warf sich hinein und rief heraus: Ich dünke mich so vornehm und so reich wie Ritter Gluck! Was werden sie in Wien für Augen machen! — Ich hoffe, sagte die Gräfin, Ihr Fuhrwerk wieder zu sehn bei der Rückkehr von Prag, mit Kränzen um und um behangen. Nicht lang nach diesem letzten fröhlichen Auftritt setzte sich der vielbelobte Wagen mit dem scheidenden Paare wirklich in Bewegung und fuhr im raschen Trab nach der Landstraße zu. Der Graf ließ sie bis Wittingau fahren, wo Postpferde genommen werden sollten. Wenn gute, vortreffliche Menschen durch ihre Gegenwart vorübergehend unser Haus belebten, durch ihren frischen Geistesodem auch unser Wesen in neuen raschen Schwung versetzten und uns den Segen der Gastfreundschaft in vollem Maße zu empfinden gaben, so läßt ihr Abschied immer eine unbehagliche Stockung, zum mindesten für den Rest des Tags, bei uns zurück, wofern wir wieder ganz nur auf uns selber angewiesen sind. Bei unsern Schloßbewohnern traf wenigstens das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <pb facs="#f0099"/> <p>Was wär' es sonst?</p><lb/> <p>Heiliger Sixtus und Calixtus — Constanze! du! rief er zum Fenster hinauf, wo sie mit den Andern heraus sah. Der Wagen soll mein sein! du fährst künftig in deinem eigenen Wagen!</p><lb/> <p>Er umarmte den schmunzelnden Geber, betrachtete und umging sein neues Besitzthum von allen Seiten, öffnete den Schlag, warf sich hinein und rief heraus: Ich dünke mich so vornehm und so reich wie Ritter Gluck! Was werden sie in Wien für Augen machen! — Ich hoffe, sagte die Gräfin, Ihr Fuhrwerk wieder zu sehn bei der Rückkehr von Prag, mit Kränzen um und um behangen.</p><lb/> <p>Nicht lang nach diesem letzten fröhlichen Auftritt setzte sich der vielbelobte Wagen mit dem scheidenden Paare wirklich in Bewegung und fuhr im raschen Trab nach der Landstraße zu. Der Graf ließ sie bis Wittingau fahren, wo Postpferde genommen werden sollten.</p><lb/> </div> <div n="2"> <p>Wenn gute, vortreffliche Menschen durch ihre Gegenwart vorübergehend unser Haus belebten, durch ihren frischen Geistesodem auch unser Wesen in neuen raschen Schwung versetzten und uns den Segen der Gastfreundschaft in vollem Maße zu empfinden gaben, so läßt ihr Abschied immer eine unbehagliche Stockung, zum mindesten für den Rest des Tags, bei uns zurück, wofern wir wieder ganz nur auf uns selber angewiesen sind.</p><lb/> <p>Bei unsern Schloßbewohnern traf wenigstens das<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0099]
Was wär' es sonst?
Heiliger Sixtus und Calixtus — Constanze! du! rief er zum Fenster hinauf, wo sie mit den Andern heraus sah. Der Wagen soll mein sein! du fährst künftig in deinem eigenen Wagen!
Er umarmte den schmunzelnden Geber, betrachtete und umging sein neues Besitzthum von allen Seiten, öffnete den Schlag, warf sich hinein und rief heraus: Ich dünke mich so vornehm und so reich wie Ritter Gluck! Was werden sie in Wien für Augen machen! — Ich hoffe, sagte die Gräfin, Ihr Fuhrwerk wieder zu sehn bei der Rückkehr von Prag, mit Kränzen um und um behangen.
Nicht lang nach diesem letzten fröhlichen Auftritt setzte sich der vielbelobte Wagen mit dem scheidenden Paare wirklich in Bewegung und fuhr im raschen Trab nach der Landstraße zu. Der Graf ließ sie bis Wittingau fahren, wo Postpferde genommen werden sollten.
Wenn gute, vortreffliche Menschen durch ihre Gegenwart vorübergehend unser Haus belebten, durch ihren frischen Geistesodem auch unser Wesen in neuen raschen Schwung versetzten und uns den Segen der Gastfreundschaft in vollem Maße zu empfinden gaben, so läßt ihr Abschied immer eine unbehagliche Stockung, zum mindesten für den Rest des Tags, bei uns zurück, wofern wir wieder ganz nur auf uns selber angewiesen sind.
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910/99>, abgerufen am 16.02.2025. |