Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.lache wieder, bis ich heim komme. Mir ist zu Muth, als möcht' ich ein Carthäuser und Trappiste werden, ein rechter Heulochs, sag' ich dir!" -- Sofort nahm er den Hut, nicht aber auch den Stock zugleich; der hatte seine Epoche passirt. Haben wir Frau Constanze bis hieher in der Erzählung abgelöst, so können wir auch wohl noch eine kleine Strecke weiter fortfahren. Von seiner Wohnung, bei der Schranne, rechts gegen das Zeughaus einbiegend, schlenderte der theure Mann -- es war ein warmer, etwas umwölkter Sommernachmittag -- nachdenklich lässig über den sogenannten Hof, und weiter an der Pfarre zu unsrer lieben Frau vorbei, dem Schottenthor entgegen, wo er seitwärts zur Linken auf die Mölkerbastei stieg und dadurch der Ansprache mehrerer Bekannten, die eben zur Stadt herein kamen, entging. Nur kurze Zeit genoß er hier, obwohl von einer stumm bei den Kanonen auf und nieder gehenden Schildwache nicht belästigt, der vortrefflichen Aussicht über die grüne Ebene des Glacis und die Vorstädte hin nach dem Kahlenberg und südlich nach den steierischen Alpen. Die schöne Ruhe der äußern Natur widersprach seinem innern Zustand. Mit einem Seufzer setzte er seinen Gang über die Esplanade und sodann durch die Alser-Vorstadt ohne bestimmten Zielpunkt fort. Am Ende der Währinger Gasse lag eine Schenke mit Kegelbahn, deren Eigenthümer, ein Seilermeister, lache wieder, bis ich heim komme. Mir ist zu Muth, als möcht' ich ein Carthäuser und Trappiste werden, ein rechter Heulochs, sag' ich dir!“ — Sofort nahm er den Hut, nicht aber auch den Stock zugleich; der hatte seine Epoche passirt. Haben wir Frau Constanze bis hieher in der Erzählung abgelöst, so können wir auch wohl noch eine kleine Strecke weiter fortfahren. Von seiner Wohnung, bei der Schranne, rechts gegen das Zeughaus einbiegend, schlenderte der theure Mann — es war ein warmer, etwas umwölkter Sommernachmittag — nachdenklich lässig über den sogenannten Hof, und weiter an der Pfarre zu unsrer lieben Frau vorbei, dem Schottenthor entgegen, wo er seitwärts zur Linken auf die Mölkerbastei stieg und dadurch der Ansprache mehrerer Bekannten, die eben zur Stadt herein kamen, entging. Nur kurze Zeit genoß er hier, obwohl von einer stumm bei den Kanonen auf und nieder gehenden Schildwache nicht belästigt, der vortrefflichen Aussicht über die grüne Ebene des Glacis und die Vorstädte hin nach dem Kahlenberg und südlich nach den steierischen Alpen. Die schöne Ruhe der äußern Natur widersprach seinem innern Zustand. Mit einem Seufzer setzte er seinen Gang über die Esplanade und sodann durch die Alser-Vorstadt ohne bestimmten Zielpunkt fort. Am Ende der Währinger Gasse lag eine Schenke mit Kegelbahn, deren Eigenthümer, ein Seilermeister, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0075"/> lache wieder, bis ich heim komme. Mir ist zu Muth, als möcht' ich ein Carthäuser und Trappiste werden, ein rechter Heulochs, sag' ich dir!“ — Sofort nahm er den Hut, nicht aber auch den Stock zugleich; der hatte seine Epoche passirt. Haben wir Frau Constanze bis hieher in der Erzählung abgelöst, so können wir auch wohl noch eine kleine Strecke weiter fortfahren.</p><lb/> <p>Von seiner Wohnung, bei der Schranne, rechts gegen das Zeughaus einbiegend, schlenderte der theure Mann — es war ein warmer, etwas umwölkter Sommernachmittag — nachdenklich lässig über den sogenannten Hof, und weiter an der Pfarre zu unsrer lieben Frau vorbei, dem Schottenthor entgegen, wo er seitwärts zur Linken auf die Mölkerbastei stieg und dadurch der Ansprache mehrerer Bekannten, die eben zur Stadt herein kamen, entging. Nur kurze Zeit genoß er hier, obwohl von einer stumm bei den Kanonen auf und nieder gehenden Schildwache nicht belästigt, der vortrefflichen Aussicht über die grüne Ebene des Glacis und die Vorstädte hin nach dem Kahlenberg und südlich nach den steierischen Alpen. Die schöne Ruhe der äußern Natur widersprach seinem innern Zustand. Mit einem Seufzer setzte er seinen Gang über die Esplanade und sodann durch die Alser-Vorstadt ohne bestimmten Zielpunkt fort.</p><lb/> <p>Am Ende der Währinger Gasse lag eine Schenke mit Kegelbahn, deren Eigenthümer, ein Seilermeister,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0075]
lache wieder, bis ich heim komme. Mir ist zu Muth, als möcht' ich ein Carthäuser und Trappiste werden, ein rechter Heulochs, sag' ich dir!“ — Sofort nahm er den Hut, nicht aber auch den Stock zugleich; der hatte seine Epoche passirt. Haben wir Frau Constanze bis hieher in der Erzählung abgelöst, so können wir auch wohl noch eine kleine Strecke weiter fortfahren.
Von seiner Wohnung, bei der Schranne, rechts gegen das Zeughaus einbiegend, schlenderte der theure Mann — es war ein warmer, etwas umwölkter Sommernachmittag — nachdenklich lässig über den sogenannten Hof, und weiter an der Pfarre zu unsrer lieben Frau vorbei, dem Schottenthor entgegen, wo er seitwärts zur Linken auf die Mölkerbastei stieg und dadurch der Ansprache mehrerer Bekannten, die eben zur Stadt herein kamen, entging. Nur kurze Zeit genoß er hier, obwohl von einer stumm bei den Kanonen auf und nieder gehenden Schildwache nicht belästigt, der vortrefflichen Aussicht über die grüne Ebene des Glacis und die Vorstädte hin nach dem Kahlenberg und südlich nach den steierischen Alpen. Die schöne Ruhe der äußern Natur widersprach seinem innern Zustand. Mit einem Seufzer setzte er seinen Gang über die Esplanade und sodann durch die Alser-Vorstadt ohne bestimmten Zielpunkt fort.
Am Ende der Währinger Gasse lag eine Schenke mit Kegelbahn, deren Eigenthümer, ein Seilermeister,
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910/75>, abgerufen am 16.02.2025. |