Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

paar selige Stunden lang durchträumen darf, heimisch in der sorgenlosen Fülle eines edeln Hauses, unter mehr oder minder verwandten Gemüthern, denn die Persönlichkeiten sind weislich abgestuft; der Vorschmack, den er seinen neuen Freunden am Klavier von dem großen Klanggedichte gibt, dessen Wirkung in Worten geschildert wird, die der Musik wahrlich nicht nachstehen ("wie von entlegenen Sternenkreisen fallen die Töne aus silbernen Posaunen, eiskalt, Mark und Seele durchschneidend, herunter durch die blaue Nacht"); die einzelnen Abtheilungen der Erzählung so fein als einfach auseinander hervorgehend; zum Schlusse endlich die Ahnung eines frühen Todes, die auf den so hellen Lebenstag ihren schwermüthigen Schatten wirft: -- dieses Ganze kann man nur (an eine in der Erzählung selbst vorkommende Vergleichung anschließend) eine gedichtete Symphonie nennen, deren ineinander greifende Sätze die ebenbürtige Verherrlichung des großen und liebenswürdigen Tonmeisters vollbringen.

paar selige Stunden lang durchträumen darf, heimisch in der sorgenlosen Fülle eines edeln Hauses, unter mehr oder minder verwandten Gemüthern, denn die Persönlichkeiten sind weislich abgestuft; der Vorschmack, den er seinen neuen Freunden am Klavier von dem großen Klanggedichte gibt, dessen Wirkung in Worten geschildert wird, die der Musik wahrlich nicht nachstehen („wie von entlegenen Sternenkreisen fallen die Töne aus silbernen Posaunen, eiskalt, Mark und Seele durchschneidend, herunter durch die blaue Nacht“); die einzelnen Abtheilungen der Erzählung so fein als einfach auseinander hervorgehend; zum Schlusse endlich die Ahnung eines frühen Todes, die auf den so hellen Lebenstag ihren schwermüthigen Schatten wirft: — dieses Ganze kann man nur (an eine in der Erzählung selbst vorkommende Vergleichung anschließend) eine gedichtete Symphonie nennen, deren ineinander greifende Sätze die ebenbürtige Verherrlichung des großen und liebenswürdigen Tonmeisters vollbringen.

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="preface">
        <p><pb facs="#f0007"/>
paar selige Stunden lang durchträumen darf, heimisch in der sorgenlosen Fülle eines edeln     Hauses, unter mehr oder minder verwandten Gemüthern, denn die Persönlichkeiten sind weislich     abgestuft; der Vorschmack, den er seinen neuen Freunden am Klavier von dem großen Klanggedichte     gibt, dessen Wirkung in Worten geschildert wird, die der Musik wahrlich nicht nachstehen (&#x201E;wie     von entlegenen Sternenkreisen fallen die Töne aus silbernen Posaunen, eiskalt, Mark und Seele     durchschneidend, herunter durch die blaue Nacht&#x201C;); die einzelnen Abtheilungen der Erzählung so     fein als einfach auseinander hervorgehend; zum Schlusse endlich die Ahnung eines frühen Todes,     die auf den so hellen Lebenstag ihren schwermüthigen Schatten wirft: &#x2014; dieses Ganze kann man nur     (an eine in der Erzählung selbst vorkommende Vergleichung anschließend) eine gedichtete     Symphonie nennen, deren ineinander greifende Sätze die ebenbürtige Verherrlichung des großen und     liebenswürdigen Tonmeisters vollbringen.</p><lb/>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0007] paar selige Stunden lang durchträumen darf, heimisch in der sorgenlosen Fülle eines edeln Hauses, unter mehr oder minder verwandten Gemüthern, denn die Persönlichkeiten sind weislich abgestuft; der Vorschmack, den er seinen neuen Freunden am Klavier von dem großen Klanggedichte gibt, dessen Wirkung in Worten geschildert wird, die der Musik wahrlich nicht nachstehen („wie von entlegenen Sternenkreisen fallen die Töne aus silbernen Posaunen, eiskalt, Mark und Seele durchschneidend, herunter durch die blaue Nacht“); die einzelnen Abtheilungen der Erzählung so fein als einfach auseinander hervorgehend; zum Schlusse endlich die Ahnung eines frühen Todes, die auf den so hellen Lebenstag ihren schwermüthigen Schatten wirft: — dieses Ganze kann man nur (an eine in der Erzählung selbst vorkommende Vergleichung anschließend) eine gedichtete Symphonie nennen, deren ineinander greifende Sätze die ebenbürtige Verherrlichung des großen und liebenswürdigen Tonmeisters vollbringen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:56:24Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:56:24Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910/7
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910/7>, abgerufen am 28.03.2024.