Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.phen, Faune und dergleichen mehr, auch kein Komödienwald, nein, aus dem Erdboden heraus gewachsen, von Feuchtigkeit und Wärmelicht der Sonne groß gezogen! Hier ist zu Haus der Hirsch, mit seinem wundersamen zackigen Gestände auf der Stirn, das possierliche Eichhorn, der Auerhahn, der Häher. -- Er bückte sich, brach einen Pilz und pries die prächtige hochrothe Farbe des Schirms, die zarten weißlichen Lamellen an dessen unterer Seite, auch steckte er verschiedene Tannenzapfen ein. Man könnte denken, sagte die Frau, du habest noch nicht zwanzig Schritte hinein in den Prater gesehen, der solche Raritäten doch auch wohl aufzuweisen hat. Was Prater! Sapperlot, wie du nur das Wort hier nennen magst! Vor lauter Carossen, Staatsdegen, Roben und Fächern, Musik und allem Spektakel der Welt, wer sieht denn da noch sonst etwas? Und selbst die Bäume dort, so breit sie sich auch machen, ich weiß nicht -- Bucheckern und Eicheln, am Boden verstreut, sehn halter aus als wie Geschwisterkind mit der Unzahl verbrauchter Korkstöpsel darunter. Zwei Stunden weit riecht das Gehölz nach Kellnern und nach Saucen. O unerhört! rief sie, so redet nun der Mann, dem gar nichts über das Vergnügen geht, Backhähnl im Prater zu speisen! Als beide wieder in dem Wagen saßen, und sich phen, Faune und dergleichen mehr, auch kein Komödienwald, nein, aus dem Erdboden heraus gewachsen, von Feuchtigkeit und Wärmelicht der Sonne groß gezogen! Hier ist zu Haus der Hirsch, mit seinem wundersamen zackigen Gestände auf der Stirn, das possierliche Eichhorn, der Auerhahn, der Häher. — Er bückte sich, brach einen Pilz und pries die prächtige hochrothe Farbe des Schirms, die zarten weißlichen Lamellen an dessen unterer Seite, auch steckte er verschiedene Tannenzapfen ein. Man könnte denken, sagte die Frau, du habest noch nicht zwanzig Schritte hinein in den Prater gesehen, der solche Raritäten doch auch wohl aufzuweisen hat. Was Prater! Sapperlot, wie du nur das Wort hier nennen magst! Vor lauter Carossen, Staatsdegen, Roben und Fächern, Musik und allem Spektakel der Welt, wer sieht denn da noch sonst etwas? Und selbst die Bäume dort, so breit sie sich auch machen, ich weiß nicht — Bucheckern und Eicheln, am Boden verstreut, sehn halter aus als wie Geschwisterkind mit der Unzahl verbrauchter Korkstöpsel darunter. Zwei Stunden weit riecht das Gehölz nach Kellnern und nach Saucen. O unerhört! rief sie, so redet nun der Mann, dem gar nichts über das Vergnügen geht, Backhähnl im Prater zu speisen! Als beide wieder in dem Wagen saßen, und sich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012"/> phen, Faune und dergleichen mehr, auch kein Komödienwald, nein, aus dem Erdboden heraus gewachsen, von Feuchtigkeit und Wärmelicht der Sonne groß gezogen! Hier ist zu Haus der Hirsch, mit seinem wundersamen zackigen Gestände auf der Stirn, das possierliche Eichhorn, der Auerhahn, der Häher. — Er bückte sich, brach einen Pilz und pries die prächtige hochrothe Farbe des Schirms, die zarten weißlichen Lamellen an dessen unterer Seite, auch steckte er verschiedene Tannenzapfen ein.</p><lb/> <p>Man könnte denken, sagte die Frau, du habest noch nicht zwanzig Schritte hinein in den Prater gesehen, der solche Raritäten doch auch wohl aufzuweisen hat.</p><lb/> <p>Was Prater! Sapperlot, wie du nur das Wort hier nennen magst! Vor lauter Carossen, Staatsdegen, Roben und Fächern, Musik und allem Spektakel der Welt, wer sieht denn da noch sonst etwas? Und selbst die Bäume dort, so breit sie sich auch machen, ich weiß nicht — Bucheckern und Eicheln, am Boden verstreut, sehn halter aus als wie Geschwisterkind mit der Unzahl verbrauchter Korkstöpsel darunter. Zwei Stunden weit riecht das Gehölz nach Kellnern und nach Saucen.</p><lb/> <p>O unerhört! rief sie, so redet nun der Mann, dem gar nichts über das Vergnügen geht, Backhähnl im Prater zu speisen!</p><lb/> <p>Als beide wieder in dem Wagen saßen, und sich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0012]
phen, Faune und dergleichen mehr, auch kein Komödienwald, nein, aus dem Erdboden heraus gewachsen, von Feuchtigkeit und Wärmelicht der Sonne groß gezogen! Hier ist zu Haus der Hirsch, mit seinem wundersamen zackigen Gestände auf der Stirn, das possierliche Eichhorn, der Auerhahn, der Häher. — Er bückte sich, brach einen Pilz und pries die prächtige hochrothe Farbe des Schirms, die zarten weißlichen Lamellen an dessen unterer Seite, auch steckte er verschiedene Tannenzapfen ein.
Man könnte denken, sagte die Frau, du habest noch nicht zwanzig Schritte hinein in den Prater gesehen, der solche Raritäten doch auch wohl aufzuweisen hat.
Was Prater! Sapperlot, wie du nur das Wort hier nennen magst! Vor lauter Carossen, Staatsdegen, Roben und Fächern, Musik und allem Spektakel der Welt, wer sieht denn da noch sonst etwas? Und selbst die Bäume dort, so breit sie sich auch machen, ich weiß nicht — Bucheckern und Eicheln, am Boden verstreut, sehn halter aus als wie Geschwisterkind mit der Unzahl verbrauchter Korkstöpsel darunter. Zwei Stunden weit riecht das Gehölz nach Kellnern und nach Saucen.
O unerhört! rief sie, so redet nun der Mann, dem gar nichts über das Vergnügen geht, Backhähnl im Prater zu speisen!
Als beide wieder in dem Wagen saßen, und sich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910/12 |
Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910/12>, abgerufen am 16.07.2024. |