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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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Nun, ist er's oder ist er's nicht?" -- Sie konnte
nicht mehr zweifeln; ihr Staunen, ihre Rührung und
Freude war unbeschreiblich.

Es knüpfte sich an diesen Baum für die Familie
das mehr als hundertjährige Gedächtniß einer aus¬
gezeichneten Frau, welche wohl verdient, daß wir
ihrer mit Wenigem hier gedenken.

Des Oheims Großvater, durch seine diplomati¬
schen Verdienste im Wiener Cabinet rühmlich bekannt,
von zwei Regenten nach einander mit gleichem Ver¬
trauen beehrt, war innerhalb seines eigenen Hauses
nicht minder glücklich im Besitz einer vortrefflichen
Gemahlin, Renate Leonore. Ihr wiederholter Auf¬
enthalt in Frankreich brachte sie vielfach mit dem
glänzenden Hofe Ludwigs XIV. und mit den bedeu¬
tendsten Männern und Frauen dieser merkwürdigen
Epoche in Berührung. Bei ihrer unbefangenen Theil¬
nahme an jenem steten Wechsel des geistreichsten Lebens¬
genusses verläugnete sie auf keinerlei Art, in Worten
und Werken, die angestammte deutsche Ehrenfestig¬
keit und sittliche Strenge, die sich in den kräftigen
Zügen des noch vorhandenen Bildnisses der Gräfin
unverkennbar ausprägt. Vermöge eben dieser Den¬
kungsweise übte sie in der gedachten Societät eine

Nun, iſt er's oder iſt er's nicht?“ — Sie konnte
nicht mehr zweifeln; ihr Staunen, ihre Rührung und
Freude war unbeſchreiblich.

Es knüpfte ſich an dieſen Baum für die Familie
das mehr als hundertjährige Gedächtniß einer aus¬
gezeichneten Frau, welche wohl verdient, daß wir
ihrer mit Wenigem hier gedenken.

Des Oheims Großvater, durch ſeine diplomati¬
ſchen Verdienſte im Wiener Cabinet rühmlich bekannt,
von zwei Regenten nach einander mit gleichem Ver¬
trauen beehrt, war innerhalb ſeines eigenen Hauſes
nicht minder glücklich im Beſitz einer vortrefflichen
Gemahlin, Renate Leonore. Ihr wiederholter Auf¬
enthalt in Frankreich brachte ſie vielfach mit dem
glänzenden Hofe Ludwigs XIV. und mit den bedeu¬
tendſten Männern und Frauen dieſer merkwürdigen
Epoche in Berührung. Bei ihrer unbefangenen Theil¬
nahme an jenem ſteten Wechſel des geiſtreichſten Lebens¬
genuſſes verläugnete ſie auf keinerlei Art, in Worten
und Werken, die angeſtammte deutſche Ehrenfeſtig¬
keit und ſittliche Strenge, die ſich in den kräftigen
Zügen des noch vorhandenen Bildniſſes der Gräfin
unverkennbar ausprägt. Vermöge eben dieſer Den¬
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[60/0072] Nun, iſt er's oder iſt er's nicht?“ — Sie konnte nicht mehr zweifeln; ihr Staunen, ihre Rührung und Freude war unbeſchreiblich. Es knüpfte ſich an dieſen Baum für die Familie das mehr als hundertjährige Gedächtniß einer aus¬ gezeichneten Frau, welche wohl verdient, daß wir ihrer mit Wenigem hier gedenken. Des Oheims Großvater, durch ſeine diplomati¬ ſchen Verdienſte im Wiener Cabinet rühmlich bekannt, von zwei Regenten nach einander mit gleichem Ver¬ trauen beehrt, war innerhalb ſeines eigenen Hauſes nicht minder glücklich im Beſitz einer vortrefflichen Gemahlin, Renate Leonore. Ihr wiederholter Auf¬ enthalt in Frankreich brachte ſie vielfach mit dem glänzenden Hofe Ludwigs XIV. und mit den bedeu¬ tendſten Männern und Frauen dieſer merkwürdigen Epoche in Berührung. Bei ihrer unbefangenen Theil¬ nahme an jenem ſteten Wechſel des geiſtreichſten Lebens¬ genuſſes verläugnete ſie auf keinerlei Art, in Worten und Werken, die angeſtammte deutſche Ehrenfeſtig¬ keit und ſittliche Strenge, die ſich in den kräftigen Zügen des noch vorhandenen Bildniſſes der Gräfin unverkennbar ausprägt. Vermöge eben dieſer Den¬ kungsweiſe übte ſie in der gedachten Societät eine

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/72>, abgerufen am 23.11.2024.