Geliebten. Eine darunter, welche mitten auf dem Verdecke saß und Blumenkränze wand, zeichnete sich durch Wuchs und Schönheit, so wie durch ihren Putz vor allen übrigen aus. Diese dienten ihr willig, spannten gegen die Sonne ein Tuch über sie und reichten ihr die Blumen aus dem Korb. Eine Flö¬ tenspielerin saß zu ihren Füßen, die den Gesang der andern mit ihren hellen Tönen unterstützte. Auch jener vorzüglichen Schönen fehlte es nicht an einem eigenen Beschützer; doch verhielten sich beide ziemlich gleichgültig gegen einander und der Liebhaber däuchte mir fast etwas roh."
"Inzwischen war das andere, einfachere Fahr¬ zeug näher gekommen. Hier sah man bloß männliche Jugend. Wie jene Jünglinge Hochroth trugen, so war die Farbe der letztern Seegrün. Sie stutzten beim Anblick der lieblichen Kinder, winkten Grüße herüber und gaben ihr Verlangen nach näherer Be¬ kanntschaft zu erkennen. Die munterste hierauf nahm eine Rose vom Busen und hielt sie schelmisch in die Höhe, gleichsam fragend, ob solche Gaben bei ihnen wohl angebracht wären, worauf von drüben allerseits mit unzweideutigen Gebärden geantwortet wurde. Die Rothen sahen verächtlich und finster darein, konnten
Geliebten. Eine darunter, welche mitten auf dem Verdecke ſaß und Blumenkränze wand, zeichnete ſich durch Wuchs und Schönheit, ſo wie durch ihren Putz vor allen übrigen aus. Dieſe dienten ihr willig, ſpannten gegen die Sonne ein Tuch über ſie und reichten ihr die Blumen aus dem Korb. Eine Flö¬ tenſpielerin ſaß zu ihren Füßen, die den Geſang der andern mit ihren hellen Tönen unterſtützte. Auch jener vorzüglichen Schönen fehlte es nicht an einem eigenen Beſchützer; doch verhielten ſich beide ziemlich gleichgültig gegen einander und der Liebhaber däuchte mir faſt etwas roh.“
„Inzwiſchen war das andere, einfachere Fahr¬ zeug näher gekommen. Hier ſah man bloß männliche Jugend. Wie jene Jünglinge Hochroth trugen, ſo war die Farbe der letztern Seegrün. Sie ſtutzten beim Anblick der lieblichen Kinder, winkten Grüße herüber und gaben ihr Verlangen nach näherer Be¬ kanntſchaft zu erkennen. Die munterſte hierauf nahm eine Roſe vom Buſen und hielt ſie ſchelmiſch in die Höhe, gleichſam fragend, ob ſolche Gaben bei ihnen wohl angebracht wären, worauf von drüben allerſeits mit unzweideutigen Gebärden geantwortet wurde. Die Rothen ſahen verächtlich und finſter darein, konnten
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Geliebten. Eine darunter, welche mitten auf dem
Verdecke ſaß und Blumenkränze wand, zeichnete ſich
durch Wuchs und Schönheit, ſo wie durch ihren Putz
vor allen übrigen aus. Dieſe dienten ihr willig,
ſpannten gegen die Sonne ein Tuch über ſie und
reichten ihr die Blumen aus dem Korb. Eine Flö¬
tenſpielerin ſaß zu ihren Füßen, die den Geſang der
andern mit ihren hellen Tönen unterſtützte. Auch
jener vorzüglichen Schönen fehlte es nicht an einem
eigenen Beſchützer; doch verhielten ſich beide ziemlich
gleichgültig gegen einander und der Liebhaber däuchte
mir faſt etwas roh.“
„Inzwiſchen war das andere, einfachere Fahr¬
zeug näher gekommen. Hier ſah man bloß männliche
Jugend. Wie jene Jünglinge Hochroth trugen, ſo
war die Farbe der letztern Seegrün. Sie ſtutzten
beim Anblick der lieblichen Kinder, winkten Grüße
herüber und gaben ihr Verlangen nach näherer Be¬
kanntſchaft zu erkennen. Die munterſte hierauf nahm
eine Roſe vom Buſen und hielt ſie ſchelmiſch in die
Höhe, gleichſam fragend, ob ſolche Gaben bei ihnen
wohl angebracht wären, worauf von drüben allerſeits
mit unzweideutigen Gebärden geantwortet wurde. Die
Rothen ſahen verächtlich und finſter darein, konnten
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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/60>, abgerufen am 28.07.2024.
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