Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

Kreise gleichfalls genug. Einen längst hergebrachten
musikalischen Abend am Sonntag bei ihm, ein un¬
gezwungenes Mittagsmahl an seinem wohlbestellten
Tisch mit ein paar Freunden und Bekannten, zwei-,
dreimal in der Woche, das wollte er nicht missen.
Bisweilen brachte er die Gäste, zum Schrecken der
Frau, unangekündigt von der Straße weg in's Haus,
Leute von sehr ungleichem Werth, Liebhaber, Kunst¬
genossen, Sänger und Poeten. Der müßige Schma¬
rotzer, dessen ganzes Verdienst in einer immer auf¬
geweckten Laune, in Witz und Spaß, und zwar vom
gröbern Korn bestand, kam so gut wie der geistvolle
Kenner und der treffliche Spieler erwünscht. Den
größten Theil seiner Erholung indeß pflegte Mozart
außer dem eigenen Hause zu suchen. Man konnte
ihn nach Tisch einen Tag wie den andern am
Billard im Kaffeehaus, und so auch manchen Abend
im Gasthof finden. Er fuhr und ritt sehr gerne in
Gesellschaft über Land, besuchte als ein ausgemachter
Tänzer Bälle und Redouten und machte sich des Jahrs
einigemale einen Hauptspaß an Volksfesten, vor allen
am Brigitten-Kirchtag im Freien, wo er als Pierrot
maskirt erschien.

Diese Vergnügungen, bald bunt und ausgelassen,

Kreiſe gleichfalls genug. Einen längſt hergebrachten
muſikaliſchen Abend am Sonntag bei ihm, ein un¬
gezwungenes Mittagsmahl an ſeinem wohlbeſtellten
Tiſch mit ein paar Freunden und Bekannten, zwei-,
dreimal in der Woche, das wollte er nicht miſſen.
Bisweilen brachte er die Gäſte, zum Schrecken der
Frau, unangekündigt von der Straße weg in's Haus,
Leute von ſehr ungleichem Werth, Liebhaber, Kunſt¬
genoſſen, Sänger und Poeten. Der müßige Schma¬
rotzer, deſſen ganzes Verdienſt in einer immer auf¬
geweckten Laune, in Witz und Spaß, und zwar vom
gröbern Korn beſtand, kam ſo gut wie der geiſtvolle
Kenner und der treffliche Spieler erwünſcht. Den
größten Theil ſeiner Erholung indeß pflegte Mozart
außer dem eigenen Hauſe zu ſuchen. Man konnte
ihn nach Tiſch einen Tag wie den andern am
Billard im Kaffeehaus, und ſo auch manchen Abend
im Gaſthof finden. Er fuhr und ritt ſehr gerne in
Geſellſchaft über Land, beſuchte als ein ausgemachter
Tänzer Bälle und Redouten und machte ſich des Jahrs
einigemale einen Hauptſpaß an Volksfeſten, vor allen
am Brigitten-Kirchtag im Freien, wo er als Pierrot
maskirt erſchien.

Dieſe Vergnügungen, bald bunt und ausgelaſſen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0023" n="11"/>
Krei&#x017F;e gleichfalls genug. Einen läng&#x017F;t hergebrachten<lb/>
mu&#x017F;ikali&#x017F;chen Abend am Sonntag bei ihm, ein un¬<lb/>
gezwungenes Mittagsmahl an &#x017F;einem wohlbe&#x017F;tellten<lb/>
Ti&#x017F;ch mit ein paar Freunden und Bekannten, zwei-,<lb/>
dreimal in der Woche, das wollte er nicht mi&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Bisweilen brachte er die Gä&#x017F;te, zum Schrecken der<lb/>
Frau, unangekündigt von der Straße weg in's Haus,<lb/>
Leute von &#x017F;ehr ungleichem Werth, Liebhaber, Kun&#x017F;<lb/>
geno&#x017F;&#x017F;en, Sänger und Poeten. Der müßige Schma¬<lb/>
rotzer, de&#x017F;&#x017F;en ganzes Verdien&#x017F;t in einer immer auf¬<lb/>
geweckten Laune, in Witz und Spaß, und zwar vom<lb/>
gröbern Korn be&#x017F;tand, kam &#x017F;o gut wie der gei&#x017F;tvolle<lb/>
Kenner und der treffliche Spieler erwün&#x017F;cht. Den<lb/>
größten Theil &#x017F;einer Erholung indeß pflegte Mozart<lb/>
außer dem eigenen Hau&#x017F;e zu &#x017F;uchen. Man konnte<lb/>
ihn nach Ti&#x017F;ch einen Tag wie den andern am<lb/>
Billard im Kaffeehaus, und &#x017F;o auch manchen Abend<lb/>
im Ga&#x017F;thof finden. Er fuhr und ritt &#x017F;ehr gerne in<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft über Land, be&#x017F;uchte als ein ausgemachter<lb/>
Tänzer Bälle und Redouten und machte &#x017F;ich des Jahrs<lb/>
einigemale einen Haupt&#x017F;paß an Volksfe&#x017F;ten, vor allen<lb/>
am Brigitten-Kirchtag im Freien, wo er als Pierrot<lb/>
maskirt er&#x017F;chien.</p><lb/>
      <p>Die&#x017F;e Vergnügungen, bald bunt und ausgela&#x017F;&#x017F;en,<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0023] Kreiſe gleichfalls genug. Einen längſt hergebrachten muſikaliſchen Abend am Sonntag bei ihm, ein un¬ gezwungenes Mittagsmahl an ſeinem wohlbeſtellten Tiſch mit ein paar Freunden und Bekannten, zwei-, dreimal in der Woche, das wollte er nicht miſſen. Bisweilen brachte er die Gäſte, zum Schrecken der Frau, unangekündigt von der Straße weg in's Haus, Leute von ſehr ungleichem Werth, Liebhaber, Kunſt¬ genoſſen, Sänger und Poeten. Der müßige Schma¬ rotzer, deſſen ganzes Verdienſt in einer immer auf¬ geweckten Laune, in Witz und Spaß, und zwar vom gröbern Korn beſtand, kam ſo gut wie der geiſtvolle Kenner und der treffliche Spieler erwünſcht. Den größten Theil ſeiner Erholung indeß pflegte Mozart außer dem eigenen Hauſe zu ſuchen. Man konnte ihn nach Tiſch einen Tag wie den andern am Billard im Kaffeehaus, und ſo auch manchen Abend im Gaſthof finden. Er fuhr und ritt ſehr gerne in Geſellſchaft über Land, beſuchte als ein ausgemachter Tänzer Bälle und Redouten und machte ſich des Jahrs einigemale einen Hauptſpaß an Volksfeſten, vor allen am Brigitten-Kirchtag im Freien, wo er als Pierrot maskirt erſchien. Dieſe Vergnügungen, bald bunt und ausgelaſſen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/23
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/23>, abgerufen am 21.11.2024.