Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.Und mit weinendem Blick, doch grausam, Von der Zeit an Kamen mir Träume voll schöner Trübe, Wie gesponnen auf Nebelgrund; Wußte nimmer, wie mir geschah, War nur schmachtend seliger Krankheit voll. Oft in den Träumen zog sich ein Vorhang
Finster und groß in's Unendliche Zwischen mich und die dunkle Welt; Hinter ihm ahnt' ich ein Haideland, Hinter ihm hört' ich's wie Nachtwind sausen; Auch die Falten des Vorhangs Fingen bald an, sich im Sturme zu regen: Gleich einer Ahnung strich er dahinten, Ruhig blieb ich und bange doch: Immer leiser wurde der Haidesturm -- Siehe! da kam's. Und mit weinendem Blick, doch grauſam, Von der Zeit an Kamen mir Traͤume voll ſchoͤner Truͤbe, Wie geſponnen auf Nebelgrund; Wußte nimmer, wie mir geſchah, War nur ſchmachtend ſeliger Krankheit voll. Oft in den Traͤumen zog ſich ein Vorhang
Finſter und groß in's Unendliche Zwiſchen mich und die dunkle Welt; Hinter ihm ahnt' ich ein Haideland, Hinter ihm hoͤrt' ich's wie Nachtwind ſauſen; Auch die Falten des Vorhangs Fingen bald an, ſich im Sturme zu regen: Gleich einer Ahnung ſtrich er dahinten, Ruhig blieb ich und bange doch: Immer leiſer wurde der Haideſturm — Siehe! da kam's. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="1"> <pb facs="#f0249" n="233"/> <l>Und mit weinendem Blick, doch grauſam,</l><lb/> <l>Hieß ich das ſchlanke,</l><lb/> <l>Zauberhafte Maͤdchen</l><lb/> <l>Ferne gehen von mir.</l><lb/> <l>Ach, ihre hohe Stirn,</l><lb/> <l>Drin ein ſchoͤner, ſuͤndhafter Wahnſinn</l><lb/> <l>Aus dem dunkelen Auge blickte,</l><lb/> <l>War geſenkt, denn ſie liebte mich;</l><lb/> <l>Aber ſie zog mit Schweigen</l><lb/> <l>Fort in die graue,</l><lb/> <l>Stille Welt hinaus.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Von der Zeit an</l><lb/> <l>Kamen mir Traͤume voll ſchoͤner Truͤbe,</l><lb/> <l>Wie geſponnen auf Nebelgrund;</l><lb/> <l>Wußte nimmer, wie mir geſchah,</l><lb/> <l>War nur ſchmachtend ſeliger Krankheit voll.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Oft in den Traͤumen zog ſich ein Vorhang</l><lb/> <l>Finſter und groß in's Unendliche</l><lb/> <l>Zwiſchen mich und die dunkle Welt;</l><lb/> <l>Hinter ihm ahnt' ich ein Haideland,</l><lb/> <l>Hinter ihm hoͤrt' ich's wie Nachtwind ſauſen;</l><lb/> <l>Auch die Falten des Vorhangs</l><lb/> <l>Fingen bald an, ſich im Sturme zu regen:</l><lb/> <l>Gleich einer Ahnung ſtrich er dahinten,</l><lb/> <l>Ruhig blieb ich und bange doch:</l><lb/> <l>Immer leiſer wurde der Haideſturm —</l><lb/> <l>Siehe! da kam's.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [233/0249]
Und mit weinendem Blick, doch grauſam,
Hieß ich das ſchlanke,
Zauberhafte Maͤdchen
Ferne gehen von mir.
Ach, ihre hohe Stirn,
Drin ein ſchoͤner, ſuͤndhafter Wahnſinn
Aus dem dunkelen Auge blickte,
War geſenkt, denn ſie liebte mich;
Aber ſie zog mit Schweigen
Fort in die graue,
Stille Welt hinaus.
Von der Zeit an
Kamen mir Traͤume voll ſchoͤner Truͤbe,
Wie geſponnen auf Nebelgrund;
Wußte nimmer, wie mir geſchah,
War nur ſchmachtend ſeliger Krankheit voll.
Oft in den Traͤumen zog ſich ein Vorhang
Finſter und groß in's Unendliche
Zwiſchen mich und die dunkle Welt;
Hinter ihm ahnt' ich ein Haideland,
Hinter ihm hoͤrt' ich's wie Nachtwind ſauſen;
Auch die Falten des Vorhangs
Fingen bald an, ſich im Sturme zu regen:
Gleich einer Ahnung ſtrich er dahinten,
Ruhig blieb ich und bange doch:
Immer leiſer wurde der Haideſturm —
Siehe! da kam's.
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/249>, abgerufen am 22.07.2024. |