Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.So wie er manchmal pflegt, wenn er Kundschaft suchet So wie er manchmal pflegt, wenn er Kundſchaft ſuchet <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="14"> <pb facs="#f0203" n="187"/> <l>So wie er manchmal pflegt, wenn er Kundſchaft ſuchet<lb/><hi rendition="#et">und Kurzweil —</hi></l><lb/> <l>Und er ſtellte ſich hinter den Alten, ihn zu verhoͤhnen,</l><lb/> <l>Schnitt Geſichter, reckte die Zung' und machete Purzel-</l><lb/> <l>Baͤum', als ein Aff', und reizte die Seelen beſtaͤndig, zu<lb/><hi rendition="#et">lachen.</hi></l><lb/> <l>Wohl bemerkt' es der ſichere Mann, doch that er nicht<lb/><hi rendition="#et">alſo,</hi></l><lb/> <l>Sondern redete fort, in wuͤrdiger Ruhe beharrend.</l><lb/> <l>Indeß trieb es der Andere nur um deſto verwegner:</l><lb/> <l>Schob am Ende den Schwanz, den wuchtigen, langen, dem<lb/><hi rendition="#et">Alten</hi></l><lb/> <l>In die Hintertaſche des Rocks, als wenn es ihn froͤre:</l><lb/> <l>Ploͤtzlich greifet der ſichere Mann nach hinten und packet</l><lb/> <l>Mit der Rechten den Schweif gewaltig und reißet ihn<lb/><hi rendition="#et">ſchnellend</hi></l><lb/> <l>Bei der Wurzel heraus, daß es kracht' — ein graͤßlicher<lb/><hi rendition="#et">Anblick!</hi></l><lb/> <l>Lautauf bruͤllet der Boͤſe, die Tatzen gedeckt auf die<lb/><hi rendition="#et">Wunde,</hi></l><lb/> <l>Dreht im raſenden Schmerz wie ein Kreiſel ſich, ſchreiend<lb/><hi rendition="#et">und winſelnd,</hi></l><lb/> <l>Und es ſchoß ihm das Blut wie heißes Pech aus der<lb/><hi rendition="#et">Wunde.</hi></l><lb/> <l>Jezt, wie ein Pfeil, zur Seite gewendet, ſchmaͤhlich ent¬<lb/><hi rendition="#et">rinnt er</hi></l><lb/> <l>Durch die ſchnell eroͤffnete Gaſſe der ſtaunenden Seelen,</l><lb/> <l>Nach der eigenen Hoͤlle verlangend, wo er zu Haus war.</l><lb/> <l>Und man hoͤrte noch weit aus der Ferne des Fluͤchtigen<lb/><hi rendition="#et">Wehlaut.</hi></l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [187/0203]
So wie er manchmal pflegt, wenn er Kundſchaft ſuchet
und Kurzweil —
Und er ſtellte ſich hinter den Alten, ihn zu verhoͤhnen,
Schnitt Geſichter, reckte die Zung' und machete Purzel-
Baͤum', als ein Aff', und reizte die Seelen beſtaͤndig, zu
lachen.
Wohl bemerkt' es der ſichere Mann, doch that er nicht
alſo,
Sondern redete fort, in wuͤrdiger Ruhe beharrend.
Indeß trieb es der Andere nur um deſto verwegner:
Schob am Ende den Schwanz, den wuchtigen, langen, dem
Alten
In die Hintertaſche des Rocks, als wenn es ihn froͤre:
Ploͤtzlich greifet der ſichere Mann nach hinten und packet
Mit der Rechten den Schweif gewaltig und reißet ihn
ſchnellend
Bei der Wurzel heraus, daß es kracht' — ein graͤßlicher
Anblick!
Lautauf bruͤllet der Boͤſe, die Tatzen gedeckt auf die
Wunde,
Dreht im raſenden Schmerz wie ein Kreiſel ſich, ſchreiend
und winſelnd,
Und es ſchoß ihm das Blut wie heißes Pech aus der
Wunde.
Jezt, wie ein Pfeil, zur Seite gewendet, ſchmaͤhlich ent¬
rinnt er
Durch die ſchnell eroͤffnete Gaſſe der ſtaunenden Seelen,
Nach der eigenen Hoͤlle verlangend, wo er zu Haus war.
Und man hoͤrte noch weit aus der Ferne des Fluͤchtigen
Wehlaut.
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