Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.(Diese hasset er auf den Tod, gewißlich ohn' Ursach'), Aber nun lag er einmal Mittags in seiner Behausung, Seinen Rübenfraß zu verdauen, welcher ihm süß däucht.Plötzlich erfüllet wonniger Glanz die Wände der Höhle, Lolegrin tritt herein, der liebliche Götterjüngling, Welcher ein Lustigmacher heißt der seligen Götter, (Sonst nur auf Orplid * gesehn, die andern Lande ver¬ meidend) Weyla's schalkischer Sohn, mit dem Narrenkranz um die Schläfe, Zierlich aus blauen Glocken und Küchenschelle geflochten. Er nun redet den Ruhenden an mit trüglichem Ernste: "Suckelborst, sicherer Mann, sey gegrüßt! und höre ge¬ traulich, Was die Himmlischen dir durch meine Sendung entbieten. -- Sämmtlich ehren sie deinen Verstand und gute Ge¬ müthsart, So wie deine Geburt: es war dein Vater ein Halbgott, Und deßgleichen hielten sie dich stets; aber in Einem Bist du ihnen nicht recht: das sollst du jetzo vernehmen. Lieber, bleibe nur liegen getrost! ich setze mich unten Auf den Absatzrand hier deines würdigen Stiefels, Der wie ein Felsblock ragt, und unschwer bin ich zu tragen. * Orplid, eine fabelhafte Insel, deren Beschützerin die Göttin
Weyla ist. Man vergleiche überhaupt zu diesem Stück: Maler Nolten, 1r Thl. S. 142 und 171. (Dieſe haſſet er auf den Tod, gewißlich ohn' Urſach'), Aber nun lag er einmal Mittags in ſeiner Behauſung, Seinen Ruͤbenfraß zu verdauen, welcher ihm ſuͤß daͤucht.Ploͤtzlich erfuͤllet wonniger Glanz die Waͤnde der Hoͤhle, Lolegrin tritt herein, der liebliche Goͤtterjuͤngling, Welcher ein Luſtigmacher heißt der ſeligen Goͤtter, (Sonſt nur auf Orplid * geſehn, die andern Lande ver¬ meidend) Weyla's ſchalkiſcher Sohn, mit dem Narrenkranz um die Schlaͤfe, Zierlich aus blauen Glocken und Kuͤchenſchelle geflochten. Er nun redet den Ruhenden an mit truͤglichem Ernſte: „Suckelborſt, ſicherer Mann, ſey gegruͤßt! und hoͤre ge¬ traulich, Was die Himmliſchen dir durch meine Sendung entbieten. — Saͤmmtlich ehren ſie deinen Verſtand und gute Ge¬ muͤthsart, So wie deine Geburt: es war dein Vater ein Halbgott, Und deßgleichen hielten ſie dich ſtets; aber in Einem Biſt du ihnen nicht recht: das ſollſt du jetzo vernehmen. Lieber, bleibe nur liegen getroſt! ich ſetze mich unten Auf den Abſatzrand hier deines wuͤrdigen Stiefels, Der wie ein Felsblock ragt, und unſchwer bin ich zu tragen. * Orplid, eine fabelhafte Inſel, deren Beſchuͤtzerin die Goͤttin
Weyla iſt. Man vergleiche uͤberhaupt zu dieſem Stuͤck: Maler Nolten, 1r Thl. S. 142 und 171. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="1"> <pb facs="#f0192" n="176"/> <l>(Dieſe haſſet er auf den Tod, gewißlich ohn' Urſach'),</l><lb/> <l>Oder wenn er zur Winterzeit in's beſchneiete Blachfeld</l><lb/> <l>Sich der Laͤnge nach ſtreckt und, aufgeſtanden, an ſeinem</l><lb/> <l>Conterfei ſich ergoͤzt mit bergerſchuͤtterndem Lachen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l rendition="#et">Aber nun lag er einmal Mittags in ſeiner Behauſung,</l><lb/> <l>Seinen Ruͤbenfraß zu verdauen, welcher ihm ſuͤß daͤucht.</l><lb/> <l>Ploͤtzlich erfuͤllet wonniger Glanz die Waͤnde der Hoͤhle,</l><lb/> <l>Lolegrin tritt herein, der liebliche Goͤtterjuͤngling,</l><lb/> <l>Welcher ein Luſtigmacher heißt der ſeligen Goͤtter,</l><lb/> <l>(Sonſt nur auf Orplid <note place="foot" n="*"><hi rendition="#g">Orplid</hi>, eine fabelhafte Inſel, deren Beſchuͤtzerin die Goͤttin<lb/> Weyla iſt. Man vergleiche uͤberhaupt zu dieſem Stuͤck: <hi rendition="#g">Maler<lb/> Nolten</hi>, 1r Thl. S. <hi rendition="#g">142</hi> und <hi rendition="#g">171</hi>.<lb/></note> geſehn, die andern Lande ver¬<lb/><hi rendition="#et">meidend)</hi></l><lb/> <l>Weyla's ſchalkiſcher Sohn, mit dem Narrenkranz um die<lb/><hi rendition="#et">Schlaͤfe,</hi></l><lb/> <l>Zierlich aus blauen Glocken und Kuͤchenſchelle geflochten.</l><lb/> <l>Er nun redet den Ruhenden an mit truͤglichem Ernſte:</l><lb/> <l>„Suckelborſt, ſicherer Mann, ſey gegruͤßt! und hoͤre ge¬<lb/><hi rendition="#et">traulich,</hi></l><lb/> <l>Was die Himmliſchen dir durch meine Sendung entbieten.</l><lb/> <l>— Saͤmmtlich ehren ſie deinen Verſtand und gute Ge¬<lb/><hi rendition="#et">muͤthsart,</hi></l><lb/> <l>So wie deine Geburt: es war dein Vater ein Halbgott,</l><lb/> <l>Und deßgleichen hielten ſie dich ſtets; aber in Einem</l><lb/> <l>Biſt du ihnen nicht recht: das ſollſt du jetzo vernehmen.</l><lb/> <l>Lieber, bleibe nur liegen getroſt! ich ſetze mich unten</l><lb/> <l>Auf den Abſatzrand hier deines wuͤrdigen Stiefels,</l><lb/> <l>Der wie ein Felsblock ragt, und unſchwer bin ich zu tragen.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [176/0192]
(Dieſe haſſet er auf den Tod, gewißlich ohn' Urſach'),
Oder wenn er zur Winterzeit in's beſchneiete Blachfeld
Sich der Laͤnge nach ſtreckt und, aufgeſtanden, an ſeinem
Conterfei ſich ergoͤzt mit bergerſchuͤtterndem Lachen.
Aber nun lag er einmal Mittags in ſeiner Behauſung,
Seinen Ruͤbenfraß zu verdauen, welcher ihm ſuͤß daͤucht.
Ploͤtzlich erfuͤllet wonniger Glanz die Waͤnde der Hoͤhle,
Lolegrin tritt herein, der liebliche Goͤtterjuͤngling,
Welcher ein Luſtigmacher heißt der ſeligen Goͤtter,
(Sonſt nur auf Orplid * geſehn, die andern Lande ver¬
meidend)
Weyla's ſchalkiſcher Sohn, mit dem Narrenkranz um die
Schlaͤfe,
Zierlich aus blauen Glocken und Kuͤchenſchelle geflochten.
Er nun redet den Ruhenden an mit truͤglichem Ernſte:
„Suckelborſt, ſicherer Mann, ſey gegruͤßt! und hoͤre ge¬
traulich,
Was die Himmliſchen dir durch meine Sendung entbieten.
— Saͤmmtlich ehren ſie deinen Verſtand und gute Ge¬
muͤthsart,
So wie deine Geburt: es war dein Vater ein Halbgott,
Und deßgleichen hielten ſie dich ſtets; aber in Einem
Biſt du ihnen nicht recht: das ſollſt du jetzo vernehmen.
Lieber, bleibe nur liegen getroſt! ich ſetze mich unten
Auf den Abſatzrand hier deines wuͤrdigen Stiefels,
Der wie ein Felsblock ragt, und unſchwer bin ich zu tragen.
* Orplid, eine fabelhafte Inſel, deren Beſchuͤtzerin die Goͤttin
Weyla iſt. Man vergleiche uͤberhaupt zu dieſem Stuͤck: Maler
Nolten, 1r Thl. S. 142 und 171.
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