Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
An einen Liebesdichter.
Von Liebe singt so mancher Mann,
Damit er auch von Liebe singe,
Und hebt ein mächtig Klagen an,
Der Ruhm ist groß, die Pein geringe.
Nun bist du nicht im selben Fall,
Und lässest auch Gesang erschallen,
Obwohl noch keine Nachtigall,
Doch mehr als jene Nachtigallen.
Was ist denn wohl der Unterschied,
Freund, zwischen dir und zwischen jenen?
-- Sie singen froh ein traurig Lied,
Und du ein fröhlichs unter Thränen.

An einen Liebesdichter.
Von Liebe ſingt ſo mancher Mann,
Damit er auch von Liebe ſinge,
Und hebt ein maͤchtig Klagen an,
Der Ruhm iſt groß, die Pein geringe.
Nun biſt du nicht im ſelben Fall,
Und laͤſſeſt auch Geſang erſchallen,
Obwohl noch keine Nachtigall,
Doch mehr als jene Nachtigallen.
Was iſt denn wohl der Unterſchied,
Freund, zwiſchen dir und zwiſchen jenen?
— Sie ſingen froh ein traurig Lied,
Und du ein froͤhlichs unter Thraͤnen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0148" n="132"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">An einen Liebesdichter.</hi><lb/>
        </head>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">V</hi>on Liebe &#x017F;ingt &#x017F;o mancher Mann,</l><lb/>
            <l>Damit er auch von Liebe &#x017F;inge,</l><lb/>
            <l>Und hebt ein ma&#x0364;chtig Klagen an,</l><lb/>
            <l>Der Ruhm i&#x017F;t groß, die Pein geringe.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="2">
            <l>Nun bi&#x017F;t du nicht im &#x017F;elben Fall,</l><lb/>
            <l>Und la&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t auch Ge&#x017F;ang er&#x017F;challen,</l><lb/>
            <l>Obwohl noch keine Nachtigall,</l><lb/>
            <l>Doch mehr als jene Nachtigallen.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="3">
            <l>Was i&#x017F;t denn wohl der Unter&#x017F;chied,</l><lb/>
            <l>Freund, zwi&#x017F;chen dir und zwi&#x017F;chen jenen?</l><lb/>
            <l>&#x2014; Sie &#x017F;ingen froh ein traurig Lied,</l><lb/>
            <l>Und du ein fro&#x0364;hlichs unter Thra&#x0364;nen.</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0148] An einen Liebesdichter. Von Liebe ſingt ſo mancher Mann, Damit er auch von Liebe ſinge, Und hebt ein maͤchtig Klagen an, Der Ruhm iſt groß, die Pein geringe. Nun biſt du nicht im ſelben Fall, Und laͤſſeſt auch Geſang erſchallen, Obwohl noch keine Nachtigall, Doch mehr als jene Nachtigallen. Was iſt denn wohl der Unterſchied, Freund, zwiſchen dir und zwiſchen jenen? — Sie ſingen froh ein traurig Lied, Und du ein froͤhlichs unter Thraͤnen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/148
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/148>, abgerufen am 24.11.2024.