Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.An meine Mutter. Siehe, von alle den Liedern nicht Eines gilt dir, o Mutter! Dich zu preisen, o glaub's, bin ich zu arm und zu reich. Ein noch ungesungenes Lied ruhst du mir im Busen, Keinem vernehmbar sonst, mich nur zu trösten bestimmt, Wenn sich das Herz unmuthig der Welt abwendet und einsam Seines himmlischen Theils bleibenden Frieden bedenkt. An Dieselbe. Ach wie liebreich warst du der Welt und dienetest Allen! Und wie klein doch, wie plump hat sie dich endlich verkannt! Da entsagtest du ihr; doch lächelnd wehren die Deinen Heute wie gestern der Hand, die sich in Liebe vergißt. An meine Mutter. Siehe, von alle den Liedern nicht Eines gilt dir, o Mutter! Dich zu preiſen, o glaub's, bin ich zu arm und zu reich. Ein noch ungeſungenes Lied ruhſt du mir im Buſen, Keinem vernehmbar ſonſt, mich nur zu troͤſten beſtimmt, Wenn ſich das Herz unmuthig der Welt abwendet und einſam Seines himmliſchen Theils bleibenden Frieden bedenkt. An Dieſelbe. Ach wie liebreich warſt du der Welt und dieneteſt Allen! Und wie klein doch, wie plump hat ſie dich endlich verkannt! Da entſagteſt du ihr; doch laͤchelnd wehren die Deinen Heute wie geſtern der Hand, die ſich in Liebe vergißt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0142" n="126"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">An meine Mutter.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l>Siehe, von alle den Liedern nicht Eines gilt dir, o Mutter!</l><lb/> <l>Dich zu preiſen, o glaub's, bin ich zu arm und zu<lb/><hi rendition="#et">reich.</hi></l><lb/> <l>Ein noch ungeſungenes Lied ruhſt du mir im Buſen,</l><lb/> <l>Keinem vernehmbar ſonſt, mich nur zu troͤſten beſtimmt,</l><lb/> <l>Wenn ſich das Herz unmuthig der Welt abwendet und<lb/><hi rendition="#et">einſam</hi></l><lb/> <l>Seines himmliſchen Theils bleibenden Frieden bedenkt.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">An Dieſelbe.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l>Ach wie liebreich warſt du der Welt und dieneteſt Allen!</l><lb/> <l>Und wie klein doch, wie plump hat ſie dich endlich<lb/><hi rendition="#et">verkannt!</hi></l><lb/> <l>Da entſagteſt du ihr; doch laͤchelnd wehren die Deinen</l><lb/> <l>Heute wie geſtern der Hand, die ſich in Liebe vergißt.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [126/0142]
An meine Mutter.
Siehe, von alle den Liedern nicht Eines gilt dir, o Mutter!
Dich zu preiſen, o glaub's, bin ich zu arm und zu
reich.
Ein noch ungeſungenes Lied ruhſt du mir im Buſen,
Keinem vernehmbar ſonſt, mich nur zu troͤſten beſtimmt,
Wenn ſich das Herz unmuthig der Welt abwendet und
einſam
Seines himmliſchen Theils bleibenden Frieden bedenkt.
An Dieſelbe.
Ach wie liebreich warſt du der Welt und dieneteſt Allen!
Und wie klein doch, wie plump hat ſie dich endlich
verkannt!
Da entſagteſt du ihr; doch laͤchelnd wehren die Deinen
Heute wie geſtern der Hand, die ſich in Liebe vergißt.
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/142>, abgerufen am 16.02.2025. |