Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

Bild:
<< vorherige Seite


und nach meinem Begriff von denen Sachen rede.
Denn welcher gescheiter Mensch sollte nicht lachen,
wenigstens heimlich, da er es nicht öffentlich thun
darff: wenn er siehet, daß die einfältigen Menschen
bey allerhand, mir zum theil recht albern vorkom-
menden Ceremonien (welche von der Taschen-
Spieler hocus pocus öffters wenig unterschieden
sind, nur daß es anders klinget) sich einbilden et-
was sonderliches zu thun: warum sie einen solchen
Charlatan eine weile zuhören und zusehen. Hernach
des Jahres drey oder vier mahl mit grosser Reve-
rentz zu einem Tisch oder Altar gehen, da von ei-
nem Priester ein bisgen Brod oder eine Oblade
(Hostie) empfangen, vermeynende: sie vereinig-
ten sich da mit GOtt; oder haben gar, die allen
Sinnen wiedersprechende persuasion, das Bisgen
sey in ein wahres Fleisch und Blut verwandelt; und
seye damit GOtt in sie eingegangen. Gibt man
aber auf dieser Leute Conduite, Leben und Wandel
Acht: so siehet man offenbahrlich, daß die meisten
solcher Leute nichts besonderes heiliges an sich ha-
ben: ja ich habe bey denen wenigsten nicht einmahl
etwas redliches und honetes finden können; und da-
bey bilden sich die Gecken doch Wunder ein, wie sie
GOtt im Schoosse sässen; und daß wenn sie ster-
ben, (wo sie nur erst auch den heiligen Zehrpfennig
mit auff den Weg bekommen) sporenstreichs in
Himmel führen, und ewig glückselig würden.
Modestin. Es ist nicht zu läugnen, daß ein sehr
grosser Misbrauch hiemit bey vielen vorgehe; wor-
über aber auch schon längstens viele fromme redliche
Leh-


und nach meinem Begriff von denen Sachen rede.
Denn welcher geſcheiter Menſch ſollte nicht lachen,
wenigſtens heimlich, da er es nicht oͤffentlich thun
darff: wenn er ſiehet, daß die einfaͤltigen Menſchen
bey allerhand, mir zum theil recht albern vorkom-
menden Ceremonien (welche von der Taſchen-
Spieler hocus pocus oͤffters wenig unterſchieden
ſind, nur daß es anders klinget) ſich einbilden et-
was ſonderliches zu thun: warum ſie einen ſolchen
Charlatan eine weile zuhoͤren und zuſehen. Hernach
des Jahres drey oder vier mahl mit groſſer Reve-
rentz zu einem Tiſch oder Altar gehen, da von ei-
nem Prieſter ein bisgen Brod oder eine Oblade
(Hoſtie) empfangen, vermeynende: ſie vereinig-
ten ſich da mit GOtt; oder haben gar, die allen
Sinnen wiederſprechende perſuaſion, das Bisgen
ſey in ein wahres Fleiſch und Blut verwandelt; und
ſeye damit GOtt in ſie eingegangen. Gibt man
aber auf dieſer Leute Conduite, Leben und Wandel
Acht: ſo ſiehet man offenbahrlich, daß die meiſten
ſolcher Leute nichts beſonderes heiliges an ſich ha-
ben: ja ich habe bey denen wenigſten nicht einmahl
etwas redliches und honetes finden koͤnnen; und da-
bey bilden ſich die Gecken doch Wunder ein, wie ſie
GOtt im Schooſſe ſaͤſſen; und daß wenn ſie ſter-
ben, (wo ſie nur erſt auch den heiligen Zehrpfennig
mit auff den Weg bekommen) ſporenſtreichs in
Himmel fuͤhren, und ewig gluͤckſelig wuͤrden.
Modeſtin. Es iſt nicht zu laͤugnen, daß ein ſehr
groſſer Misbrauch hiemit bey vielen vorgehe; wor-
uͤber aber auch ſchon laͤngſtens viele fromme redliche
Leh-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp>
          <p><pb facs="#f0033" n="27"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
und nach meinem Begriff von denen Sachen rede.<lb/>
Denn welcher ge&#x017F;cheiter Men&#x017F;ch &#x017F;ollte nicht lachen,<lb/>
wenig&#x017F;tens heimlich, da er es nicht o&#x0364;ffentlich thun<lb/>
darff: wenn er &#x017F;iehet, daß die einfa&#x0364;ltigen Men&#x017F;chen<lb/>
bey allerhand, mir zum theil recht albern vorkom-<lb/>
menden Ceremonien (welche von der Ta&#x017F;chen-<lb/>
Spieler <hi rendition="#aq">hocus pocus</hi> o&#x0364;ffters wenig unter&#x017F;chieden<lb/>
&#x017F;ind, nur daß es anders klinget) &#x017F;ich einbilden et-<lb/>
was &#x017F;onderliches zu thun: warum &#x017F;ie einen &#x017F;olchen<lb/><hi rendition="#aq">Charlatan</hi> eine weile zuho&#x0364;ren und zu&#x017F;ehen. Hernach<lb/>
des Jahres drey oder vier mahl mit gro&#x017F;&#x017F;er Reve-<lb/>
rentz zu einem Ti&#x017F;ch oder Altar gehen, da von ei-<lb/>
nem Prie&#x017F;ter ein bisgen Brod oder eine Oblade<lb/>
(Ho&#x017F;tie) empfangen, vermeynende: &#x017F;ie vereinig-<lb/>
ten &#x017F;ich da mit GOtt; oder haben gar, die allen<lb/>
Sinnen wieder&#x017F;prechende <hi rendition="#aq">per&#x017F;ua&#x017F;ion,</hi> das Bisgen<lb/>
&#x017F;ey in ein wahres Flei&#x017F;ch und Blut verwandelt; und<lb/>
&#x017F;eye damit GOtt in &#x017F;ie eingegangen. Gibt man<lb/>
aber auf die&#x017F;er Leute <hi rendition="#aq">Conduite,</hi> Leben und Wandel<lb/>
Acht: &#x017F;o &#x017F;iehet man offenbahrlich, daß die mei&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;olcher Leute nichts be&#x017F;onderes heiliges an &#x017F;ich ha-<lb/>
ben: ja ich habe bey denen wenig&#x017F;ten nicht einmahl<lb/>
etwas redliches und <hi rendition="#aq">honetes</hi> finden ko&#x0364;nnen; und da-<lb/>
bey bilden &#x017F;ich die Gecken doch Wunder ein, wie &#x017F;ie<lb/>
GOtt im Schoo&#x017F;&#x017F;e &#x017F;a&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; und daß wenn &#x017F;ie &#x017F;ter-<lb/>
ben, (wo &#x017F;ie nur er&#x017F;t auch den heiligen Zehrpfennig<lb/>
mit auff den Weg bekommen) &#x017F;poren&#x017F;treichs in<lb/>
Himmel fu&#x0364;hren, und ewig glu&#x0364;ck&#x017F;elig wu&#x0364;rden.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Mode&#x017F;tin.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Es i&#x017F;t nicht zu la&#x0364;ugnen, daß ein &#x017F;ehr<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Misbrauch hiemit bey vielen vorgehe; wor-<lb/>
u&#x0364;ber aber auch &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;tens viele fromme redliche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Leh-</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0033] und nach meinem Begriff von denen Sachen rede. Denn welcher geſcheiter Menſch ſollte nicht lachen, wenigſtens heimlich, da er es nicht oͤffentlich thun darff: wenn er ſiehet, daß die einfaͤltigen Menſchen bey allerhand, mir zum theil recht albern vorkom- menden Ceremonien (welche von der Taſchen- Spieler hocus pocus oͤffters wenig unterſchieden ſind, nur daß es anders klinget) ſich einbilden et- was ſonderliches zu thun: warum ſie einen ſolchen Charlatan eine weile zuhoͤren und zuſehen. Hernach des Jahres drey oder vier mahl mit groſſer Reve- rentz zu einem Tiſch oder Altar gehen, da von ei- nem Prieſter ein bisgen Brod oder eine Oblade (Hoſtie) empfangen, vermeynende: ſie vereinig- ten ſich da mit GOtt; oder haben gar, die allen Sinnen wiederſprechende perſuaſion, das Bisgen ſey in ein wahres Fleiſch und Blut verwandelt; und ſeye damit GOtt in ſie eingegangen. Gibt man aber auf dieſer Leute Conduite, Leben und Wandel Acht: ſo ſiehet man offenbahrlich, daß die meiſten ſolcher Leute nichts beſonderes heiliges an ſich ha- ben: ja ich habe bey denen wenigſten nicht einmahl etwas redliches und honetes finden koͤnnen; und da- bey bilden ſich die Gecken doch Wunder ein, wie ſie GOtt im Schooſſe ſaͤſſen; und daß wenn ſie ſter- ben, (wo ſie nur erſt auch den heiligen Zehrpfennig mit auff den Weg bekommen) ſporenſtreichs in Himmel fuͤhren, und ewig gluͤckſelig wuͤrden. Modeſtin. Es iſt nicht zu laͤugnen, daß ein ſehr groſſer Misbrauch hiemit bey vielen vorgehe; wor- uͤber aber auch ſchon laͤngſtens viele fromme redliche Leh-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/33
Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/33>, abgerufen am 21.11.2024.