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Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

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Abend (als Heyden) kommen, und das Jüdische
Volck (die damahlige Kirche) richten; und mit
Abraham und Jsaac zu Tische sitzen würden. So
muß man auch leyder zu dieser unserer Zeit von de-
nen meisten Christen ärgerlichen Leben sagen: daß
fast kein gottloseres und allen Lastern ergebeneres
Volck auff Erden seye, als eben diese.
Alamodan. Dieses kan ich zwar selbsten nicht
wohl in Abrede seyn, daß viele Christen eben kein
gar gottseliges Leben führen; alleine der Glaube
an Christum macht uns rein von allen unsern Sün-
den, und erwirbet uns die Seligkeit.
Modestin. Mein Freund wird Zweiffels-ohne
wohl gehöret haben: daß zwischen einem histori-
schen- und wahren seligmachenden-Glauben ein gar
grosser Unterscheid sey. Die Teuffel wissen die Ge-
schichte von Christo so gut als die Menschen, und
daß er der Heyland der Welt seye, und erzittern
darob. Wer JEsum als einen Heyland und Se-
ligmacher mit rechtem Glauben und Vertrauen in
ihm annehmen soll, muß sich von ihm auch heilen,
heiligen, und an der Seelen und deren verderbten
Neigungen gesund, rein und also selig machen las-
sen. Denn wie kann man sagen: daß ein solcher
Mensch, der sich von seinen Affecten und Begier-
den, als: Fleisches-Lust, Augen-Lust, hoffärti-
gem Leben, Zorn, Zanck, Haß, Neid u. d. g. im-
merfort treiben, lencken und beherrschen lässet, eine
gesunde, geheilete und geheiligte Seele habe: da
ohne wahre Heiligung niemand mit GOtt verei-
niget, und folglich auch nicht selig seyn kan.
Alamo-


Abend (als Heyden) kommen, und das Juͤdiſche
Volck (die damahlige Kirche) richten; und mit
Abraham und Jſaac zu Tiſche ſitzen wuͤrden. So
muß man auch leyder zu dieſer unſerer Zeit von de-
nen meiſten Chriſten aͤrgerlichen Leben ſagen: daß
faſt kein gottloſeres und allen Laſtern ergebeneres
Volck auff Erden ſeye, als eben dieſe.
Alamodan. Dieſes kan ich zwar ſelbſten nicht
wohl in Abrede ſeyn, daß viele Chriſten eben kein
gar gottſeliges Leben fuͤhren; alleine der Glaube
an Chriſtum macht uns rein von allen unſern Suͤn-
den, und erwirbet uns die Seligkeit.
Modeſtin. Mein Freund wird Zweiffels-ohne
wohl gehoͤret haben: daß zwiſchen einem hiſtori-
ſchen- und wahren ſeligmachenden-Glauben ein gar
groſſer Unterſcheid ſey. Die Teuffel wiſſen die Ge-
ſchichte von Chriſto ſo gut als die Menſchen, und
daß er der Heyland der Welt ſeye, und erzittern
darob. Wer JEſum als einen Heyland und Se-
ligmacher mit rechtem Glauben und Vertrauen in
ihm annehmen ſoll, muß ſich von ihm auch heilen,
heiligen, und an der Seelen und deren verderbten
Neigungen geſund, rein und alſo ſelig machen laſ-
ſen. Denn wie kann man ſagen: daß ein ſolcher
Menſch, der ſich von ſeinen Affecten und Begier-
den, als: Fleiſches-Luſt, Augen-Luſt, hoffaͤrti-
gem Leben, Zorn, Zanck, Haß, Neid u. d. g. im-
merfort treiben, lencken und beherrſchen laͤſſet, eine
geſunde, geheilete und geheiligte Seele habe: da
ohne wahre Heiligung niemand mit GOtt verei-
niget, und folglich auch nicht ſelig ſeyn kan.
Alamo-
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[24/0030] Abend (als Heyden) kommen, und das Juͤdiſche Volck (die damahlige Kirche) richten; und mit Abraham und Jſaac zu Tiſche ſitzen wuͤrden. So muß man auch leyder zu dieſer unſerer Zeit von de- nen meiſten Chriſten aͤrgerlichen Leben ſagen: daß faſt kein gottloſeres und allen Laſtern ergebeneres Volck auff Erden ſeye, als eben dieſe. Alamodan. Dieſes kan ich zwar ſelbſten nicht wohl in Abrede ſeyn, daß viele Chriſten eben kein gar gottſeliges Leben fuͤhren; alleine der Glaube an Chriſtum macht uns rein von allen unſern Suͤn- den, und erwirbet uns die Seligkeit. Modeſtin. Mein Freund wird Zweiffels-ohne wohl gehoͤret haben: daß zwiſchen einem hiſtori- ſchen- und wahren ſeligmachenden-Glauben ein gar groſſer Unterſcheid ſey. Die Teuffel wiſſen die Ge- ſchichte von Chriſto ſo gut als die Menſchen, und daß er der Heyland der Welt ſeye, und erzittern darob. Wer JEſum als einen Heyland und Se- ligmacher mit rechtem Glauben und Vertrauen in ihm annehmen ſoll, muß ſich von ihm auch heilen, heiligen, und an der Seelen und deren verderbten Neigungen geſund, rein und alſo ſelig machen laſ- ſen. Denn wie kann man ſagen: daß ein ſolcher Menſch, der ſich von ſeinen Affecten und Begier- den, als: Fleiſches-Luſt, Augen-Luſt, hoffaͤrti- gem Leben, Zorn, Zanck, Haß, Neid u. d. g. im- merfort treiben, lencken und beherrſchen laͤſſet, eine geſunde, geheilete und geheiligte Seele habe: da ohne wahre Heiligung niemand mit GOtt verei- niget, und folglich auch nicht ſelig ſeyn kan. Alamo-

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Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/30>, abgerufen am 29.03.2024.