Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.Das Verlohrne Paradies. Neunter Gesang. Nicht mehr Gespräche, wie sonst, da mit dem Menschen vertraulich Gott noch, oder ein englischer Gast, wie ein Freund mit dem Freunde, Umgang pflog, und bey ihm saß, und mit ihm gefällig Eine ländliche Mahlzeit hielt, wobey ihm vergönnt war, 5Ungetadelt zu fragen; ich muß in tragische Töne Diese Töne nunmehr verändern. Von Seiten des Menschen Zeigt sich schnöder Verrath, und Treubruch, Empörung und Mistraun; Und von Seiten des Himmels, der ihn verlassen, Entfernung, Zorn, und wohlverdienter Verweis, und das Urtheil des Todes, 10Welches Jammer und Weh auf die Erde gebracht, und die Sünde, Jhren Schatten, den Tod, und das Elend, des Todes Begleiter. Ein zwar trauriges Werk, doch nicht minder, ja mehr noch heroisch [Spaltenumbruch] a), Als der Zorn des harten Achills, der dreymal, ergrimmet, Seinen fliehenden Feind um Jliums Mauren verfolget; 15Oder des Turnus Wuth um seine, von dem Trojaner Jhm a) Das verlohrne Paradies ist selbst in diesen letzten Gesängen, wo von dem Zorn des Allmächtgen und Adams Ver- zweiflung gehandelt wird, ein heroischer Subjekt, als der Zorn des Achills, der, nach dem Homer, dreymal seinen Feind Hektor um die Mauern herumjagte, oder die Wuth des Turnus um seine Lavi- [Spaltenumbruch] nia, die ihm vom Aeneas, dem Sohn der Cythere, geraubt wurde, wie uns solches Virgil beschreibt. Wir sehn hier- aus, daß Milton sein Gedicht unter die Heldengedichte gerechnet, ob er es gleich auf dem Titel nur schlechtweg ein Ge- dicht nennt. N. J 2
Das Verlohrne Paradies. Neunter Geſang. Nicht mehr Geſpraͤche, wie ſonſt, da mit dem Menſchen vertraulich Gott noch, oder ein engliſcher Gaſt, wie ein Freund mit dem Freunde, Umgang pflog, und bey ihm ſaß, und mit ihm gefaͤllig Eine laͤndliche Mahlzeit hielt, wobey ihm vergoͤnnt war, 5Ungetadelt zu fragen; ich muß in tragiſche Toͤne Dieſe Toͤne nunmehr veraͤndern. Von Seiten des Menſchen Zeigt ſich ſchnoͤder Verrath, und Treubruch, Empoͤrung und Mistraun; Und von Seiten des Himmels, der ihn verlaſſen, Entfernung, Zorn, und wohlverdienter Verweis, und das Urtheil des Todes, 10Welches Jammer und Weh auf die Erde gebracht, und die Suͤnde, Jhren Schatten, den Tod, und das Elend, des Todes Begleiter. Ein zwar trauriges Werk, doch nicht minder, ja mehr noch heroiſch [Spaltenumbruch] a), Als der Zorn des harten Achills, der dreymal, ergrimmet, Seinen fliehenden Feind um Jliums Mauren verfolget; 15Oder des Turnus Wuth um ſeine, von dem Trojaner Jhm a) Das verlohrne Paradies iſt ſelbſt in dieſen letzten Geſaͤngen, wo von dem Zorn des Allmaͤchtgen und Adams Ver- zweiflung gehandelt wird, ein heroiſcher Subjekt, als der Zorn des Achills, der, nach dem Homer, dreymal ſeinen Feind Hektor um die Mauern herumjagte, oder die Wuth des Turnus um ſeine Lavi- [Spaltenumbruch] nia, die ihm vom Aeneas, dem Sohn der Cythere, geraubt wurde, wie uns ſolches Virgil beſchreibt. Wir ſehn hier- aus, daß Milton ſein Gedicht unter die Heldengedichte gerechnet, ob er es gleich auf dem Titel nur ſchlechtweg ein Ge- dicht nennt. N. J 2
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Umgang pflog, und bey ihm ſaß, und mit ihm gefaͤllig
Eine laͤndliche Mahlzeit hielt, wobey ihm vergoͤnnt war,
Ungetadelt zu fragen; ich muß in tragiſche Toͤne
Dieſe Toͤne nunmehr veraͤndern. Von Seiten des Menſchen
Zeigt ſich ſchnoͤder Verrath, und Treubruch, Empoͤrung und Mistraun;
Und von Seiten des Himmels, der ihn verlaſſen, Entfernung,
Zorn, und wohlverdienter Verweis, und das Urtheil des Todes,
Welches Jammer und Weh auf die Erde gebracht, und die Suͤnde,
Jhren Schatten, den Tod, und das Elend, des Todes Begleiter.
Ein zwar trauriges Werk, doch nicht minder, ja mehr noch heroiſch
a),
Als der Zorn des harten Achills, der dreymal, ergrimmet,
Seinen fliehenden Feind um Jliums Mauren verfolget;
Oder des Turnus Wuth um ſeine, von dem Trojaner
Jhm
a) Das verlohrne Paradies iſt ſelbſt
in dieſen letzten Geſaͤngen, wo von dem
Zorn des Allmaͤchtgen und Adams Ver-
zweiflung gehandelt wird, ein heroiſcher
Subjekt, als der Zorn des Achills, der,
nach dem Homer, dreymal ſeinen Feind
Hektor um die Mauern herumjagte, oder
die Wuth des Turnus um ſeine Lavi-
nia, die ihm vom Aeneas, dem Sohn
der Cythere, geraubt wurde, wie uns
ſolches Virgil beſchreibt. Wir ſehn hier-
aus, daß Milton ſein Gedicht unter die
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