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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Siebenter Gesang.

Und du, mein Wort, mein einiger Sohn! durch dich will ich alle
Diese Werke verrichten; das, was du sprichst, das geschehe!
Er, mein überschattender Geist [Spaltenumbruch] l), und meine Gewalt soll
Dich begleiten; zieh hin; gebiethe der finsteren Tiefe,
165Himmel und Erde zu seyn in ihren bezeichneten Grenzen,

Jhr, der finsteren Tiefe, gebiethe, weil ich es allein bin,
Der die Unendlichkeit füllt; kein leerer Raum ist gelassen,
Ob ich gleich unumschränkt mich in mich selber verhülle,
Und nicht meine Güte verschwende, die frey ist, zu handeln
170Oder zu ruhn; nothwendig nicht, kein Zwang und kein Schicksal,

Darf zu meinem Throne sich nahn; was ich will, das ist Schicksal.

Also sprach der Allmächtge; und alles, was er gesprochen,
Brachte sein Wort, die Gottheit des Sohns, zur Wirklichkeit. Plötzlich
Und im Augenblick sind die Handlungen Gottes verrichtet,
175Schneller als Zeit und Bewegung; doch können sie menschlichen Ohren

Nur durch die Folge der Worte beschrieben werden, und so nur
Jhnen beschrieben werden, wie irdsche Begriffe sie fassen.
Großer Triumph, und große Freude war itzund im Himmel,
Als der Allmächtige so den hohen Willen erkläret.
180Ehre sangen sie Gott, dem Höchsten; und gnädigen Willen

Für den künftigen Menschen, und seinen Wohnungen, Friede.
Ehr, Jhm, dessen gerechter Zorn die rebellische Rotte
Fern von seinem Gesicht, und von der heiligen Wohnung
Ausge-
l) So heißt es Luc. I. 35. Der hei-
lige Geist wird über dich kommen,
[Spaltenumbruch] und die Kraft des Höchsten wird
dich überschatten. N.
B 2

Siebenter Geſang.

Und du, mein Wort, mein einiger Sohn! durch dich will ich alle
Dieſe Werke verrichten; das, was du ſprichſt, das geſchehe!
Er, mein uͤberſchattender Geiſt [Spaltenumbruch] l), und meine Gewalt ſoll
Dich begleiten; zieh hin; gebiethe der finſteren Tiefe,
165Himmel und Erde zu ſeyn in ihren bezeichneten Grenzen,

Jhr, der finſteren Tiefe, gebiethe, weil ich es allein bin,
Der die Unendlichkeit fuͤllt; kein leerer Raum iſt gelaſſen,
Ob ich gleich unumſchraͤnkt mich in mich ſelber verhuͤlle,
Und nicht meine Guͤte verſchwende, die frey iſt, zu handeln
170Oder zu ruhn; nothwendig nicht, kein Zwang und kein Schickſal,

Darf zu meinem Throne ſich nahn; was ich will, das iſt Schickſal.

Alſo ſprach der Allmaͤchtge; und alles, was er geſprochen,
Brachte ſein Wort, die Gottheit des Sohns, zur Wirklichkeit. Ploͤtzlich
Und im Augenblick ſind die Handlungen Gottes verrichtet,
175Schneller als Zeit und Bewegung; doch koͤnnen ſie menſchlichen Ohren

Nur durch die Folge der Worte beſchrieben werden, und ſo nur
Jhnen beſchrieben werden, wie irdſche Begriffe ſie faſſen.
Großer Triumph, und große Freude war itzund im Himmel,
Als der Allmaͤchtige ſo den hohen Willen erklaͤret.
180Ehre ſangen ſie Gott, dem Hoͤchſten; und gnaͤdigen Willen

Fuͤr den kuͤnftigen Menſchen, und ſeinen Wohnungen, Friede.
Ehr, Jhm, deſſen gerechter Zorn die rebelliſche Rotte
Fern von ſeinem Geſicht, und von der heiligen Wohnung
Ausge-
l) So heißt es Luc. I. 35. Der hei-
lige Geiſt wird über dich kommen,
[Spaltenumbruch] und die Kraft des Höchſten wird
dich überſchatten. N.
B 2
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[11/0027] Siebenter Geſang. Und du, mein Wort, mein einiger Sohn! durch dich will ich alle Dieſe Werke verrichten; das, was du ſprichſt, das geſchehe! Er, mein uͤberſchattender Geiſt l), und meine Gewalt ſoll Dich begleiten; zieh hin; gebiethe der finſteren Tiefe, Himmel und Erde zu ſeyn in ihren bezeichneten Grenzen, Jhr, der finſteren Tiefe, gebiethe, weil ich es allein bin, Der die Unendlichkeit fuͤllt; kein leerer Raum iſt gelaſſen, Ob ich gleich unumſchraͤnkt mich in mich ſelber verhuͤlle, Und nicht meine Guͤte verſchwende, die frey iſt, zu handeln Oder zu ruhn; nothwendig nicht, kein Zwang und kein Schickſal, Darf zu meinem Throne ſich nahn; was ich will, das iſt Schickſal. Alſo ſprach der Allmaͤchtge; und alles, was er geſprochen, Brachte ſein Wort, die Gottheit des Sohns, zur Wirklichkeit. Ploͤtzlich Und im Augenblick ſind die Handlungen Gottes verrichtet, Schneller als Zeit und Bewegung; doch koͤnnen ſie menſchlichen Ohren Nur durch die Folge der Worte beſchrieben werden, und ſo nur Jhnen beſchrieben werden, wie irdſche Begriffe ſie faſſen. Großer Triumph, und große Freude war itzund im Himmel, Als der Allmaͤchtige ſo den hohen Willen erklaͤret. Ehre ſangen ſie Gott, dem Hoͤchſten; und gnaͤdigen Willen Fuͤr den kuͤnftigen Menſchen, und ſeinen Wohnungen, Friede. Ehr, Jhm, deſſen gerechter Zorn die rebelliſche Rotte Fern von ſeinem Geſicht, und von der heiligen Wohnung Ausge- l) So heißt es Luc. I. 35. Der hei- lige Geiſt wird über dich kommen, und die Kraft des Höchſten wird dich überſchatten. N. B 2

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/27>, abgerufen am 24.11.2024.