Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.Das Verlohrne Paradies. Eilfter Gesang. Voller Demuth standen sie so, mit reuigem Herzen Jm Gebethe vor Gott; denn seine vorkommende Gnade Stieg zu ihnen herunter vom Thron der milden Versöhnung; Nahm das steinerne weg von ihrem Herzen, und machte 5Neues wiedergebohrenes Fleisch; unaussprechliche Seufzer Stieß es itzt aus, so wie sie der Geist des Gebethes ihm eingab, Der mit schnellerem Flug, als auf der Beredtsamkeit Schwingen, Sie zum Himmel aufbrachte. Doch nicht wie gewöhnlicher Bether War ihr Flehn; auch war die Bitte nicht weniger wichtig, 10Als wenn, nach der Sage der Fabel, in älteren Zeiten, (Aber doch nicht so alt, wie diese,) vor Themis Altare Pyrrha und Denkalion [Spaltenumbruch] a) lag, den Göttern zu flehen, Das ertrunkne Geschlecht der Menschen durch sie zu ernenen. Jhr Gebeth flog gerade hinauf zum Himmel, und wurde 15Nicht durch widrige Winde von seinem Ziele verwehet. Es gieng durch die Thore des Himmels unkörperlich, hinwärts Zu a) Dieses Gleichniß ist hier sehr schön angebracht; und ob man gleich den Poe- ten verschiedentlich über seine häufigen mythologischen Anspielungen getadelt hat, so muß man doch mit Newton zu seiner Rechtfertigung anmerken, daß solches die [Spaltenumbruch] meiste Zeit nur gleichnißweise geschehn ist, und man es dem Dichter nach dem Ge- schmacke der damaligen Zeiten desto eher vergeben muß, daß er seine Belesenheit auch in diesem Stücke zeigen wollen. Z. Y 3
Das Verlohrne Paradies. Eilfter Geſang. Voller Demuth ſtanden ſie ſo, mit reuigem Herzen Jm Gebethe vor Gott; denn ſeine vorkommende Gnade Stieg zu ihnen herunter vom Thron der milden Verſoͤhnung; Nahm das ſteinerne weg von ihrem Herzen, und machte 5Neues wiedergebohrenes Fleiſch; unausſprechliche Seufzer Stieß es itzt aus, ſo wie ſie der Geiſt des Gebethes ihm eingab, Der mit ſchnellerem Flug, als auf der Beredtſamkeit Schwingen, Sie zum Himmel aufbrachte. Doch nicht wie gewoͤhnlicher Bether War ihr Flehn; auch war die Bitte nicht weniger wichtig, 10Als wenn, nach der Sage der Fabel, in aͤlteren Zeiten, (Aber doch nicht ſo alt, wie dieſe,) vor Themis Altare Pyrrha und Denkalion [Spaltenumbruch] a) lag, den Goͤttern zu flehen, Das ertrunkne Geſchlecht der Menſchen durch ſie zu ernenen. Jhr Gebeth flog gerade hinauf zum Himmel, und wurde 15Nicht durch widrige Winde von ſeinem Ziele verwehet. Es gieng durch die Thore des Himmels unkoͤrperlich, hinwaͤrts Zu a) Dieſes Gleichniß iſt hier ſehr ſchoͤn angebracht; und ob man gleich den Poe- ten verſchiedentlich uͤber ſeine haͤufigen mythologiſchen Anſpielungen getadelt hat, ſo muß man doch mit Newton zu ſeiner Rechtfertigung anmerken, daß ſolches die [Spaltenumbruch] meiſte Zeit nur gleichnißweiſe geſchehn iſt, und man es dem Dichter nach dem Ge- ſchmacke der damaligen Zeiten deſto eher vergeben muß, daß er ſeine Beleſenheit auch in dieſem Stuͤcke zeigen wollen. Z. Y 3
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Das
Verlohrne Paradies.
Eilfter Geſang.
Voller Demuth ſtanden ſie ſo, mit reuigem Herzen
Jm Gebethe vor Gott; denn ſeine vorkommende Gnade
Stieg zu ihnen herunter vom Thron der milden Verſoͤhnung;
Nahm das ſteinerne weg von ihrem Herzen, und machte
Neues wiedergebohrenes Fleiſch; unausſprechliche Seufzer
Stieß es itzt aus, ſo wie ſie der Geiſt des Gebethes ihm eingab,
Der mit ſchnellerem Flug, als auf der Beredtſamkeit Schwingen,
Sie zum Himmel aufbrachte. Doch nicht wie gewoͤhnlicher Bether
War ihr Flehn; auch war die Bitte nicht weniger wichtig,
Als wenn, nach der Sage der Fabel, in aͤlteren Zeiten,
(Aber doch nicht ſo alt, wie dieſe,) vor Themis Altare
Pyrrha und Denkalion
a) lag, den Goͤttern zu flehen,
Das ertrunkne Geſchlecht der Menſchen durch ſie zu ernenen.
Jhr Gebeth flog gerade hinauf zum Himmel, und wurde
Nicht durch widrige Winde von ſeinem Ziele verwehet.
Es gieng durch die Thore des Himmels unkoͤrperlich, hinwaͤrts
Zu
a) Dieſes Gleichniß iſt hier ſehr ſchoͤn
angebracht; und ob man gleich den Poe-
ten verſchiedentlich uͤber ſeine haͤufigen
mythologiſchen Anſpielungen getadelt hat,
ſo muß man doch mit Newton zu ſeiner
Rechtfertigung anmerken, daß ſolches die
meiſte Zeit nur gleichnißweiſe geſchehn iſt,
und man es dem Dichter nach dem Ge-
ſchmacke der damaligen Zeiten deſto eher
vergeben muß, daß er ſeine Beleſenheit
auch in dieſem Stuͤcke zeigen wollen. Z.
Y 3
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