Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Zweyter Gesang. Krieg und Frieden. Der Krieg hat in unserm Entschluß uns bestimmet,335Und mit einem Verluste, noch immer uns unersetzlich, Uns betroffen. Auch hat uns noch niemand Punkte zum Frieden Angetragen, noch wir sie gesuchet. Denn welchen Frieden Giebt man Sklaven, wie uns? O! keinen andern, als Martern, Oder ein strenges Gefängniß, und Geisseln, willkührliche Strafen. 340Und was kann er von uns für einen Frieden erwarten? Nichts, als Haß, und Feindseeligkeiten, nach unserm Vermögen; Unzubezähmendes Widerstreben, und Rache, zwar langsam, Aber die doch beständig drauf sinnt, wie der Sieger am mindsten Seines Vortheils genießen, und dessen, was er uns anthut, 345Und wir leiden und fühlen, so wenig, als möglich, sich freue. An Gelegenheit wird es nicht fehlen. Wir haben nicht nöthig Mit gefährlichem Feldzug uns an den Himmel zu wagen, Dessen hohe Mauren nicht Sturm noch Belagerung fürchten, Noch Ueberraschung aus unsern Tiefen. Wie? wenn wir was leichters 350Fänden, zu unternehmen? Es ist ein Platz, (wenn im Himmel Eine prophetische Sage nicht irret) die glückliche Wohnung Eines neuen Geschlechts auf einer benachbarten Erde, Menschen genannt; der Sage nach sollt' es in diesen Zeiten, Uns nicht ungleich, erschaffen werden, zwar nicht so gewaltig, 355Noch so herrlich, wie wir; allein mit größeren Gnaden Ueberschüttet von dem, der in der Höhe regieret. Denn so war es sein Wille; so that er vom furchtbaren Thron ihn Kund, H 3
Zweyter Geſang. Krieg und Frieden. Der Krieg hat in unſerm Entſchluß uns beſtimmet,335Und mit einem Verluſte, noch immer uns unerſetzlich, Uns betroffen. Auch hat uns noch niemand Punkte zum Frieden Angetragen, noch wir ſie geſuchet. Denn welchen Frieden Giebt man Sklaven, wie uns? O! keinen andern, als Martern, Oder ein ſtrenges Gefaͤngniß, und Geiſſeln, willkuͤhrliche Strafen. 340Und was kann er von uns fuͤr einen Frieden erwarten? Nichts, als Haß, und Feindſeeligkeiten, nach unſerm Vermoͤgen; Unzubezaͤhmendes Widerſtreben, und Rache, zwar langſam, Aber die doch beſtaͤndig drauf ſinnt, wie der Sieger am mindſten Seines Vortheils genießen, und deſſen, was er uns anthut, 345Und wir leiden und fuͤhlen, ſo wenig, als moͤglich, ſich freue. An Gelegenheit wird es nicht fehlen. Wir haben nicht noͤthig Mit gefaͤhrlichem Feldzug uns an den Himmel zu wagen, Deſſen hohe Mauren nicht Sturm noch Belagerung fuͤrchten, Noch Ueberraſchung aus unſern Tiefen. Wie? wenn wir was leichters 350Faͤnden, zu unternehmen? Es iſt ein Platz, (wenn im Himmel Eine prophetiſche Sage nicht irret) die gluͤckliche Wohnung Eines neuen Geſchlechts auf einer benachbarten Erde, Menſchen genannt; der Sage nach ſollt’ es in dieſen Zeiten, Uns nicht ungleich, erſchaffen werden, zwar nicht ſo gewaltig, 355Noch ſo herrlich, wie wir; allein mit groͤßeren Gnaden Ueberſchuͤttet von dem, der in der Hoͤhe regieret. Denn ſo war es ſein Wille; ſo that er vom furchtbaren Thron ihn Kund, H 3
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Zweyter Geſang.
Krieg und Frieden. Der Krieg hat in unſerm Entſchluß uns beſtimmet,
Und mit einem Verluſte, noch immer uns unerſetzlich,
Uns betroffen. Auch hat uns noch niemand Punkte zum Frieden
Angetragen, noch wir ſie geſuchet. Denn welchen Frieden
Giebt man Sklaven, wie uns? O! keinen andern, als Martern,
Oder ein ſtrenges Gefaͤngniß, und Geiſſeln, willkuͤhrliche Strafen.
Und was kann er von uns fuͤr einen Frieden erwarten?
Nichts, als Haß, und Feindſeeligkeiten, nach unſerm Vermoͤgen;
Unzubezaͤhmendes Widerſtreben, und Rache, zwar langſam,
Aber die doch beſtaͤndig drauf ſinnt, wie der Sieger am mindſten
Seines Vortheils genießen, und deſſen, was er uns anthut,
Und wir leiden und fuͤhlen, ſo wenig, als moͤglich, ſich freue.
An Gelegenheit wird es nicht fehlen. Wir haben nicht noͤthig
Mit gefaͤhrlichem Feldzug uns an den Himmel zu wagen,
Deſſen hohe Mauren nicht Sturm noch Belagerung fuͤrchten,
Noch Ueberraſchung aus unſern Tiefen. Wie? wenn wir was
leichters
Faͤnden, zu unternehmen? Es iſt ein Platz, (wenn im Himmel
Eine prophetiſche Sage nicht irret) die gluͤckliche Wohnung
Eines neuen Geſchlechts auf einer benachbarten Erde,
Menſchen genannt; der Sage nach ſollt’ es in dieſen Zeiten,
Uns nicht ungleich, erſchaffen werden, zwar nicht ſo gewaltig,
Noch ſo herrlich, wie wir; allein mit groͤßeren Gnaden
Ueberſchuͤttet von dem, der in der Hoͤhe regieret.
Denn ſo war es ſein Wille; ſo that er vom furchtbaren Thron ihn
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