Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite

Das verlohrne Paradies.
55Von den Höhen des Berges. Auf dieses Zeichen zum Aufbruch
Zogen die kriegenden Mächte mit ihren glänzenden Schaaren
Jn ein mächtiges Viereck von unwiderstehlicher Stärke
Fest zusammengeschlossen, stillschweigend weiter, beym Schalle
Kriegrischer Harmonien, die sie mit heroischem Muthe
60Unter ihren göttlichen Führern zu tapfern Thaten
Für die Sache Gottes, und seines Messias beseelten.
Also zogen sie fort in unzertrennlichen Gliedern;
Jhre vollkommnen Linien brach kein verhindernder Hügel,
Und kein enges Thal, kein Wald, kein Strom. Denn ihr Zug gieng
65Ueber dem Grunde hoch fort, und ihre flüchtigen Tritte
Trug die leidende Luft; Wie damals, als über Eden,
Vorgefordert vor dich, das ganze Geschlechte der Vögel
Auf den Fittigen schwebend kam, in gehöriger Ordnung,
Jhre Namen von dir zu empfangen. So zogen sie weiter
70Ueber manche Landschaft des Himmels, und manches Gebiete,
Zehnmal länger, als dieser Erdball. Zuletzt fiel gen Norden
Fern am Horizont ein feurig Revier in die Augen,
Welches von Ende zu Ende in kriegrischem Anblick sich streckte,
Und indem es näher erschien, von unzehligen Spitzen
75Aufgerichteter Speere starrte, von schimmernden Helmen,
Und zusammengedrungenen Schilden, mit prahlenden Bildern
Ausgeschmückt; Satans vereinigte Mächte. Jn wüthender Absicht
Waren sie eilig in Anzug; sie wähnten, noch selbigen Tages
Gottes heiligen Berg durch Ueberfall, oder mit Sturme,
80Zu gewinnen, und seinen Beneider, den stolzen Bewerber

Um

Das verlohrne Paradies.
55Von den Hoͤhen des Berges. Auf dieſes Zeichen zum Aufbruch
Zogen die kriegenden Maͤchte mit ihren glaͤnzenden Schaaren
Jn ein maͤchtiges Viereck von unwiderſtehlicher Staͤrke
Feſt zuſammengeſchloſſen, ſtillſchweigend weiter, beym Schalle
Kriegriſcher Harmonien, die ſie mit heroiſchem Muthe
60Unter ihren goͤttlichen Fuͤhrern zu tapfern Thaten
Fuͤr die Sache Gottes, und ſeines Meſſias beſeelten.
Alſo zogen ſie fort in unzertrennlichen Gliedern;
Jhre vollkommnen Linien brach kein verhindernder Huͤgel,
Und kein enges Thal, kein Wald, kein Strom. Denn ihr Zug gieng
65Ueber dem Grunde hoch fort, und ihre fluͤchtigen Tritte
Trug die leidende Luft; Wie damals, als uͤber Eden,
Vorgefordert vor dich, das ganze Geſchlechte der Voͤgel
Auf den Fittigen ſchwebend kam, in gehoͤriger Ordnung,
Jhre Namen von dir zu empfangen. So zogen ſie weiter
70Ueber manche Landſchaft des Himmels, und manches Gebiete,
Zehnmal laͤnger, als dieſer Erdball. Zuletzt fiel gen Norden
Fern am Horizont ein feurig Revier in die Augen,
Welches von Ende zu Ende in kriegriſchem Anblick ſich ſtreckte,
Und indem es naͤher erſchien, von unzehligen Spitzen
75Aufgerichteter Speere ſtarrte, von ſchimmernden Helmen,
Und zuſammengedrungenen Schilden, mit prahlenden Bildern
Ausgeſchmuͤckt; Satans vereinigte Maͤchte. Jn wuͤthender Abſicht
Waren ſie eilig in Anzug; ſie waͤhnten, noch ſelbigen Tages
Gottes heiligen Berg durch Ueberfall, oder mit Sturme,
80Zu gewinnen, und ſeinen Beneider, den ſtolzen Bewerber

Um
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="3">
            <pb facs="#f0254" n="230"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/>
            <l><note place="left">55</note>Von den Ho&#x0364;hen des Berges. Auf die&#x017F;es Zeichen zum Aufbruch</l><lb/>
            <l>Zogen die kriegenden Ma&#x0364;chte mit ihren gla&#x0364;nzenden Schaaren</l><lb/>
            <l>Jn ein ma&#x0364;chtiges Viereck von unwider&#x017F;tehlicher Sta&#x0364;rke</l><lb/>
            <l>Fe&#x017F;t zu&#x017F;ammenge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;till&#x017F;chweigend weiter, beym Schalle</l><lb/>
            <l>Kriegri&#x017F;cher Harmonien, die &#x017F;ie mit heroi&#x017F;chem Muthe</l><lb/>
            <l><note place="left">60</note>Unter ihren go&#x0364;ttlichen Fu&#x0364;hrern zu tapfern Thaten</l><lb/>
            <l>Fu&#x0364;r die Sache Gottes, und &#x017F;eines <hi rendition="#fr">Me&#x017F;&#x017F;ias</hi> be&#x017F;eelten.</l><lb/>
            <l>Al&#x017F;o zogen &#x017F;ie fort in unzertrennlichen Gliedern;</l><lb/>
            <l>Jhre vollkommnen Linien brach kein verhindernder Hu&#x0364;gel,</l><lb/>
            <l>Und kein enges Thal, kein Wald, kein Strom. Denn ihr Zug gieng</l><lb/>
            <l><note place="left">65</note>Ueber dem Grunde hoch fort, und ihre flu&#x0364;chtigen Tritte</l><lb/>
            <l>Trug die leidende Luft; Wie damals, als u&#x0364;ber <hi rendition="#fr">Eden,</hi></l><lb/>
            <l>Vorgefordert vor dich, das ganze Ge&#x017F;chlechte der Vo&#x0364;gel</l><lb/>
            <l>Auf den Fittigen &#x017F;chwebend kam, in geho&#x0364;riger Ordnung,</l><lb/>
            <l>Jhre Namen von dir zu empfangen. So zogen &#x017F;ie weiter</l><lb/>
            <l><note place="left">70</note>Ueber manche Land&#x017F;chaft des Himmels, und manches Gebiete,</l><lb/>
            <l>Zehnmal la&#x0364;nger, als die&#x017F;er Erdball. Zuletzt fiel gen Norden</l><lb/>
            <l>Fern am Horizont ein feurig Revier in die Augen,</l><lb/>
            <l>Welches von Ende zu Ende in kriegri&#x017F;chem Anblick &#x017F;ich &#x017F;treckte,</l><lb/>
            <l>Und indem es na&#x0364;her er&#x017F;chien, von unzehligen Spitzen</l><lb/>
            <l><note place="left">75</note>Aufgerichteter Speere &#x017F;tarrte, von &#x017F;chimmernden Helmen,</l><lb/>
            <l>Und zu&#x017F;ammengedrungenen Schilden, mit prahlenden Bildern</l><lb/>
            <l>Ausge&#x017F;chmu&#x0364;ckt; <hi rendition="#fr">Satans</hi> vereinigte Ma&#x0364;chte. Jn wu&#x0364;thender Ab&#x017F;icht</l><lb/>
            <l>Waren &#x017F;ie eilig in Anzug; &#x017F;ie wa&#x0364;hnten, noch &#x017F;elbigen Tages</l><lb/>
            <l>Gottes heiligen Berg durch Ueberfall, oder mit Sturme,</l><lb/>
            <l><note place="left">80</note>Zu gewinnen, und &#x017F;einen Beneider, den &#x017F;tolzen Bewerber</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Um</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0254] Das verlohrne Paradies. Von den Hoͤhen des Berges. Auf dieſes Zeichen zum Aufbruch Zogen die kriegenden Maͤchte mit ihren glaͤnzenden Schaaren Jn ein maͤchtiges Viereck von unwiderſtehlicher Staͤrke Feſt zuſammengeſchloſſen, ſtillſchweigend weiter, beym Schalle Kriegriſcher Harmonien, die ſie mit heroiſchem Muthe Unter ihren goͤttlichen Fuͤhrern zu tapfern Thaten Fuͤr die Sache Gottes, und ſeines Meſſias beſeelten. Alſo zogen ſie fort in unzertrennlichen Gliedern; Jhre vollkommnen Linien brach kein verhindernder Huͤgel, Und kein enges Thal, kein Wald, kein Strom. Denn ihr Zug gieng Ueber dem Grunde hoch fort, und ihre fluͤchtigen Tritte Trug die leidende Luft; Wie damals, als uͤber Eden, Vorgefordert vor dich, das ganze Geſchlechte der Voͤgel Auf den Fittigen ſchwebend kam, in gehoͤriger Ordnung, Jhre Namen von dir zu empfangen. So zogen ſie weiter Ueber manche Landſchaft des Himmels, und manches Gebiete, Zehnmal laͤnger, als dieſer Erdball. Zuletzt fiel gen Norden Fern am Horizont ein feurig Revier in die Augen, Welches von Ende zu Ende in kriegriſchem Anblick ſich ſtreckte, Und indem es naͤher erſchien, von unzehligen Spitzen Aufgerichteter Speere ſtarrte, von ſchimmernden Helmen, Und zuſammengedrungenen Schilden, mit prahlenden Bildern Ausgeſchmuͤckt; Satans vereinigte Maͤchte. Jn wuͤthender Abſicht Waren ſie eilig in Anzug; ſie waͤhnten, noch ſelbigen Tages Gottes heiligen Berg durch Ueberfall, oder mit Sturme, Zu gewinnen, und ſeinen Beneider, den ſtolzen Bewerber Um

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/254
Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/254>, abgerufen am 23.11.2024.