Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Dritter Gesang. 370Hoher Gestalt der allmächtige Vater sich ohne WolkenSichtbar gemacht; kein endlich Geschöpf kann anders ihn schauen [Spaltenumbruch] e), Seiner Herrlichkeit Ausfluß stralt in dich über; auf dir ruht Ausgeschüttet, sein reicher Geist; die Himmel der Himmel Hat er mit allen Kräften durch dich erschaffen. Er stürzte 375Durch dich die rebellischen Mächte. Du hast an dem Tage Nicht den gefürchteten Donner des Vaters gespart, noch die Räder Deines flammenden Wagens zurückgehalten; des Himmels Jmmerwährender Bau erbebte dem schrecklichen Donner, Als du über die Nacken der feindlichen Engel dahinfuhrst. 380Dich erhuben bey deiner Zurückkunft von ihrer Verfolgung Alle Heere des Himmels mit lautem Zuruf; erhuben Dich allein, o Sohn, Sohn seiner schrecklichen Allmacht, Strenge Rache zu üben an seinen Feinden; doch nicht so An dem Menschen. Jhn hast du, durch ihre Verführung gefallen, 385Nicht so strenge gerichtet, o Vater der Gnad' und Erbarmung, Sondern dich mehr zum Mitleid geneigt. Kaum sahe dein theurer Einziger Sohn den Entschluß, ihn nicht so strenge zu richten Den gebrechlichen Menschen, und daß du zum Mitleid dich neigtest; Als er, um deinen Zorn, Allmächtiger, zu versöhnen, 390Und der Gnad und Gerechtigkeit Streit zu schlichten, die Wonne, Die ihn umringte, der zweyte nach dir, vergaß, und sich selber Für den Menschen zu sterben erbot. O Lieb'! ohn' Exempel! Liebe, e) Keine Kreatur kann den Vater auf andere Art sehn, als in und durch den Sohn. Joh. I. 18. Niemand hat Gott je gesehen, der Einge- [Spaltenumbruch] bohrne Sohn, der in des Vaters Schooß ist, der hat es uns ver- kündiget. N. P 3
Dritter Geſang. 370Hoher Geſtalt der allmaͤchtige Vater ſich ohne WolkenSichtbar gemacht; kein endlich Geſchoͤpf kann anders ihn ſchauen [Spaltenumbruch] e), Seiner Herrlichkeit Ausfluß ſtralt in dich uͤber; auf dir ruht Ausgeſchuͤttet, ſein reicher Geiſt; die Himmel der Himmel Hat er mit allen Kraͤften durch dich erſchaffen. Er ſtuͤrzte 375Durch dich die rebelliſchen Maͤchte. Du haſt an dem Tage Nicht den gefuͤrchteten Donner des Vaters geſpart, noch die Raͤder Deines flammenden Wagens zuruͤckgehalten; des Himmels Jmmerwaͤhrender Bau erbebte dem ſchrecklichen Donner, Als du uͤber die Nacken der feindlichen Engel dahinfuhrſt. 380Dich erhuben bey deiner Zuruͤckkunft von ihrer Verfolgung Alle Heere des Himmels mit lautem Zuruf; erhuben Dich allein, o Sohn, Sohn ſeiner ſchrecklichen Allmacht, Strenge Rache zu uͤben an ſeinen Feinden; doch nicht ſo An dem Menſchen. Jhn haſt du, durch ihre Verfuͤhrung gefallen, 385Nicht ſo ſtrenge gerichtet, o Vater der Gnad’ und Erbarmung, Sondern dich mehr zum Mitleid geneigt. Kaum ſahe dein theurer Einziger Sohn den Entſchluß, ihn nicht ſo ſtrenge zu richten Den gebrechlichen Menſchen, und daß du zum Mitleid dich neigteſt; Als er, um deinen Zorn, Allmaͤchtiger, zu verſoͤhnen, 390Und der Gnad und Gerechtigkeit Streit zu ſchlichten, die Wonne, Die ihn umringte, der zweyte nach dir, vergaß, und ſich ſelber Fuͤr den Menſchen zu ſterben erbot. O Lieb’! ohn’ Exempel! Liebe, e) Keine Kreatur kann den Vater auf andere Art ſehn, als in und durch den Sohn. Joh. I. 18. Niemand hat Gott je geſehen, der Einge- [Spaltenumbruch] bohrne Sohn, der in des Vaters Schooß iſt, der hat es uns ver- kündiget. N. P 3
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Dritter Geſang.
Hoher Geſtalt der allmaͤchtige Vater ſich ohne Wolken
Sichtbar gemacht; kein endlich Geſchoͤpf kann anders ihn ſchauen
e),
Seiner Herrlichkeit Ausfluß ſtralt in dich uͤber; auf dir ruht
Ausgeſchuͤttet, ſein reicher Geiſt; die Himmel der Himmel
Hat er mit allen Kraͤften durch dich erſchaffen. Er ſtuͤrzte
Durch dich die rebelliſchen Maͤchte. Du haſt an dem Tage
Nicht den gefuͤrchteten Donner des Vaters geſpart, noch die Raͤder
Deines flammenden Wagens zuruͤckgehalten; des Himmels
Jmmerwaͤhrender Bau erbebte dem ſchrecklichen Donner,
Als du uͤber die Nacken der feindlichen Engel dahinfuhrſt.
Dich erhuben bey deiner Zuruͤckkunft von ihrer Verfolgung
Alle Heere des Himmels mit lautem Zuruf; erhuben
Dich allein, o Sohn, Sohn ſeiner ſchrecklichen Allmacht,
Strenge Rache zu uͤben an ſeinen Feinden; doch nicht ſo
An dem Menſchen. Jhn haſt du, durch ihre Verfuͤhrung gefallen,
Nicht ſo ſtrenge gerichtet, o Vater der Gnad’ und Erbarmung,
Sondern dich mehr zum Mitleid geneigt. Kaum ſahe dein theurer
Einziger Sohn den Entſchluß, ihn nicht ſo ſtrenge zu richten
Den gebrechlichen Menſchen, und daß du zum Mitleid dich neigteſt;
Als er, um deinen Zorn, Allmaͤchtiger, zu verſoͤhnen,
Und der Gnad und Gerechtigkeit Streit zu ſchlichten, die Wonne,
Die ihn umringte, der zweyte nach dir, vergaß, und ſich ſelber
Fuͤr den Menſchen zu ſterben erbot. O Lieb’! ohn’ Exempel!
Liebe,
e) Keine Kreatur kann den Vater
auf andere Art ſehn, als in und durch
den Sohn. Joh. I. 18. Niemand
hat Gott je geſehen, der Einge-
bohrne Sohn, der in des Vaters
Schooß iſt, der hat es uns ver-
kündiget. N.
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