Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite

Das verlohrne Paradies.
810Wisse dann, nicht als Feind bin ich gekommen, vielmehr euch
Dich und ihn zu befreyn aus diesem finstern Gefängniß,
Diesem traurigen Hause der Pein, und alle die Schaaren
Himmlischer Geister, die unsrer gerechten Ansprüche wegen
Sich gewaffnet, und mit uns herab von der Höhe gestürzet.
815Zu der schweren Gesandschaft bin ich von ihnen gesendet,
Und ich wage mich selbst, allein, und einer für alle,
Durch die unergründliche Tiefe; mit einsamen Schritten
Durch das weite Leere zu wandern; um da eine Wohnung,
Die man vorher verkündigt, zu suchen, ein Ort, der schon itzo
820Weit, und geraum, und rund, nach zusammentreffenden Zeichen,
Wenn ich nicht irre, geschaffen seyn muß; von Wonne beseligt,
Und an den Gränzen des Himmels, ganz neugemachten Geschöpfen
Angewiesen zur Wohnung; vielleicht den Raum zu erfüllen,
Den wir ledig gemacht, doch weiter vom Himmel entfernet,
825Daß er nicht, überladen von ihrer mächtigen Menge,
Wieder neuen Aufruhr zu fürchten; dies sey nun vollendet,
Oder sonst noch etwas geheimers, so muß ichs erfahren;
Und ich kehre schnell wieder zurück, so bald ichs erfahren,
Dich, und den Tod, zu dem Orte zu bringen, in dem ihr gemächlich
830Wohnen sollet. Da werdet ihr dann unsichtbar, im Stillen
Jn den weichen Lüften, vom holden Geruche durchbalsamt,
Auf- und niederfliegen; und ohne Maaße gefüllet,
Will ich euch alle Dinge daselbst zum Raub' überlassen.

Also

Das verlohrne Paradies.
810Wiſſe dann, nicht als Feind bin ich gekommen, vielmehr euch
Dich und ihn zu befreyn aus dieſem finſtern Gefaͤngniß,
Dieſem traurigen Hauſe der Pein, und alle die Schaaren
Himmliſcher Geiſter, die unſrer gerechten Anſpruͤche wegen
Sich gewaffnet, und mit uns herab von der Hoͤhe geſtuͤrzet.
815Zu der ſchweren Geſandſchaft bin ich von ihnen geſendet,
Und ich wage mich ſelbſt, allein, und einer fuͤr alle,
Durch die unergruͤndliche Tiefe; mit einſamen Schritten
Durch das weite Leere zu wandern; um da eine Wohnung,
Die man vorher verkuͤndigt, zu ſuchen, ein Ort, der ſchon itzo
820Weit, und geraum, und rund, nach zuſammentreffenden Zeichen,
Wenn ich nicht irre, geſchaffen ſeyn muß; von Wonne beſeligt,
Und an den Graͤnzen des Himmels, ganz neugemachten Geſchoͤpfen
Angewieſen zur Wohnung; vielleicht den Raum zu erfuͤllen,
Den wir ledig gemacht, doch weiter vom Himmel entfernet,
825Daß er nicht, uͤberladen von ihrer maͤchtigen Menge,
Wieder neuen Aufruhr zu fuͤrchten; dies ſey nun vollendet,
Oder ſonſt noch etwas geheimers, ſo muß ichs erfahren;
Und ich kehre ſchnell wieder zuruͤck, ſo bald ichs erfahren,
Dich, und den Tod, zu dem Orte zu bringen, in dem ihr gemaͤchlich
830Wohnen ſollet. Da werdet ihr dann unſichtbar, im Stillen
Jn den weichen Luͤften, vom holden Geruche durchbalſamt,
Auf- und niederfliegen; und ohne Maaße gefuͤllet,
Will ich euch alle Dinge daſelbſt zum Raub’ uͤberlaſſen.

Alſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="20">
            <pb facs="#f0102" n="86"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/>
            <l><note place="left">810</note>Wi&#x017F;&#x017F;e dann, nicht als Feind bin ich gekommen, vielmehr euch</l><lb/>
            <l>Dich und ihn zu befreyn aus die&#x017F;em fin&#x017F;tern Gefa&#x0364;ngniß,</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;em traurigen Hau&#x017F;e der Pein, und alle die Schaaren</l><lb/>
            <l>Himmli&#x017F;cher Gei&#x017F;ter, die un&#x017F;rer gerechten An&#x017F;pru&#x0364;che wegen</l><lb/>
            <l>Sich gewaffnet, und mit uns herab von der Ho&#x0364;he ge&#x017F;tu&#x0364;rzet.</l><lb/>
            <l><note place="left">815</note>Zu der &#x017F;chweren Ge&#x017F;and&#x017F;chaft bin ich von ihnen ge&#x017F;endet,</l><lb/>
            <l>Und ich wage mich &#x017F;elb&#x017F;t, allein, und einer fu&#x0364;r alle,</l><lb/>
            <l>Durch die unergru&#x0364;ndliche Tiefe; mit ein&#x017F;amen Schritten</l><lb/>
            <l>Durch das weite Leere zu wandern; um da eine Wohnung,</l><lb/>
            <l>Die man vorher verku&#x0364;ndigt, zu &#x017F;uchen, ein Ort, der &#x017F;chon itzo</l><lb/>
            <l><note place="left">820</note>Weit, und geraum, und rund, nach zu&#x017F;ammentreffenden Zeichen,</l><lb/>
            <l>Wenn ich nicht irre, ge&#x017F;chaffen &#x017F;eyn muß; von Wonne be&#x017F;eligt,</l><lb/>
            <l>Und an den Gra&#x0364;nzen des Himmels, ganz neugemachten Ge&#x017F;cho&#x0364;pfen</l><lb/>
            <l>Angewie&#x017F;en zur Wohnung; vielleicht den Raum zu erfu&#x0364;llen,</l><lb/>
            <l>Den wir ledig gemacht, doch weiter vom Himmel entfernet,</l><lb/>
            <l><note place="left">825</note>Daß er nicht, u&#x0364;berladen von ihrer ma&#x0364;chtigen Menge,</l><lb/>
            <l>Wieder neuen Aufruhr zu fu&#x0364;rchten; dies &#x017F;ey nun vollendet,</l><lb/>
            <l>Oder &#x017F;on&#x017F;t noch etwas geheimers, &#x017F;o muß ichs erfahren;</l><lb/>
            <l>Und ich kehre &#x017F;chnell wieder zuru&#x0364;ck, &#x017F;o bald ichs erfahren,</l><lb/>
            <l>Dich, und den Tod, zu dem Orte zu bringen, in dem ihr gema&#x0364;chlich</l><lb/>
            <l><note place="left">830</note>Wohnen &#x017F;ollet. Da werdet ihr dann un&#x017F;ichtbar, im Stillen</l><lb/>
            <l>Jn den weichen Lu&#x0364;ften, vom holden Geruche durchbal&#x017F;amt,</l><lb/>
            <l>Auf- und niederfliegen; und ohne Maaße gefu&#x0364;llet,</l><lb/>
            <l>Will ich euch alle Dinge da&#x017F;elb&#x017F;t zum Raub&#x2019; u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Al&#x017F;o</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0102] Das verlohrne Paradies. Wiſſe dann, nicht als Feind bin ich gekommen, vielmehr euch Dich und ihn zu befreyn aus dieſem finſtern Gefaͤngniß, Dieſem traurigen Hauſe der Pein, und alle die Schaaren Himmliſcher Geiſter, die unſrer gerechten Anſpruͤche wegen Sich gewaffnet, und mit uns herab von der Hoͤhe geſtuͤrzet. Zu der ſchweren Geſandſchaft bin ich von ihnen geſendet, Und ich wage mich ſelbſt, allein, und einer fuͤr alle, Durch die unergruͤndliche Tiefe; mit einſamen Schritten Durch das weite Leere zu wandern; um da eine Wohnung, Die man vorher verkuͤndigt, zu ſuchen, ein Ort, der ſchon itzo Weit, und geraum, und rund, nach zuſammentreffenden Zeichen, Wenn ich nicht irre, geſchaffen ſeyn muß; von Wonne beſeligt, Und an den Graͤnzen des Himmels, ganz neugemachten Geſchoͤpfen Angewieſen zur Wohnung; vielleicht den Raum zu erfuͤllen, Den wir ledig gemacht, doch weiter vom Himmel entfernet, Daß er nicht, uͤberladen von ihrer maͤchtigen Menge, Wieder neuen Aufruhr zu fuͤrchten; dies ſey nun vollendet, Oder ſonſt noch etwas geheimers, ſo muß ichs erfahren; Und ich kehre ſchnell wieder zuruͤck, ſo bald ichs erfahren, Dich, und den Tod, zu dem Orte zu bringen, in dem ihr gemaͤchlich Wohnen ſollet. Da werdet ihr dann unſichtbar, im Stillen Jn den weichen Luͤften, vom holden Geruche durchbalſamt, Auf- und niederfliegen; und ohne Maaße gefuͤllet, Will ich euch alle Dinge daſelbſt zum Raub’ uͤberlaſſen. Alſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/102
Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/102>, abgerufen am 23.11.2024.