Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite



ichs doch nimmermehr gedacht, daß mich der Herr
Pater so herum bringen würde. Heh, Weib!
-- Sie ist draussen in der Küche -- komm her-
ein! Sollst was neues hören. -- Frisch! einge-
schenkt, Herr Pater! .. Wie, Sixt? du stehst ja da,
wie ein armer Sünder. Da! trink auch eins! Soll
leben deine Regine! -- Trink ers auch mit, junger
Herr! -- Das Aug steht ihm ja voll Wasser. Hab
ich ihms nicht recht gemacht mit meinem Sohn da?

Siegwart. O ja, völlig recht, Nachbar Franz!
Es freut mich, daß es so gegangen ist. Eure
Gesundheit, Franz! und Eure auch, Sixt, und
Eurer Regine ihre!

Sixt. O ich bedanke mich, junger Herr, tau-
sendmal! Ach, ich weiß nicht, was ich sagen soll,
Herr Pater! Das Herz ist mir so voll, ich möcht
Jhnen nur zu Füssen fallen; weiß nicht, ob ich im
Himmel oder auf Erden bin? Gott vergelts, was
Sie an mir und meiner Regine gethan haben!
Wir arme Leut könnens doch nicht. -- Und Jhr,
Vater! ach verzeiht mir, und seyd tausendmal be-
dankt! -- -- Jch kann nichts reden, muß nur
weinen und mir Luft machen.

Franz. (Zu seinem Weib, das herein kommt)
Heh Weib! Viktoria! laß dir eine neue Haube ma-



ichs doch nimmermehr gedacht, daß mich der Herr
Pater ſo herum bringen wuͤrde. Heh, Weib!
— Sie iſt drauſſen in der Kuͤche — komm her-
ein! Sollſt was neues hoͤren. — Friſch! einge-
ſchenkt, Herr Pater! .. Wie, Sixt? du ſtehſt ja da,
wie ein armer Suͤnder. Da! trink auch eins! Soll
leben deine Regine! — Trink ers auch mit, junger
Herr! — Das Aug ſteht ihm ja voll Waſſer. Hab
ich ihms nicht recht gemacht mit meinem Sohn da?

Siegwart. O ja, voͤllig recht, Nachbar Franz!
Es freut mich, daß es ſo gegangen iſt. Eure
Geſundheit, Franz! und Eure auch, Sixt, und
Eurer Regine ihre!

Sixt. O ich bedanke mich, junger Herr, tau-
ſendmal! Ach, ich weiß nicht, was ich ſagen ſoll,
Herr Pater! Das Herz iſt mir ſo voll, ich moͤcht
Jhnen nur zu Fuͤſſen fallen; weiß nicht, ob ich im
Himmel oder auf Erden bin? Gott vergelts, was
Sie an mir und meiner Regine gethan haben!
Wir arme Leut koͤnnens doch nicht. — Und Jhr,
Vater! ach verzeiht mir, und ſeyd tauſendmal be-
dankt! — — Jch kann nichts reden, muß nur
weinen und mir Luft machen.

Franz. (Zu ſeinem Weib, das herein kommt)
Heh Weib! Viktoria! laß dir eine neue Haube ma-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0084" n="80"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ichs doch nimmermehr gedacht, daß mich der Herr<lb/>
Pater &#x017F;o herum bringen wu&#x0364;rde. Heh, Weib!<lb/>
&#x2014; Sie i&#x017F;t drau&#x017F;&#x017F;en in der Ku&#x0364;che &#x2014; komm her-<lb/>
ein! Soll&#x017F;t was neues ho&#x0364;ren. &#x2014; Fri&#x017F;ch! einge-<lb/>
&#x017F;chenkt, Herr Pater! .. Wie, <hi rendition="#fr">Sixt?</hi> du &#x017F;teh&#x017F;t ja da,<lb/>
wie ein armer Su&#x0364;nder. Da! trink auch eins! Soll<lb/>
leben deine <hi rendition="#fr">Regine!</hi> &#x2014; Trink ers auch mit, junger<lb/>
Herr! &#x2014; Das Aug &#x017F;teht ihm ja voll Wa&#x017F;&#x017F;er. Hab<lb/>
ich ihms nicht recht gemacht mit meinem Sohn da?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Siegwart.</hi> O ja, vo&#x0364;llig recht, Nachbar <hi rendition="#fr">Franz!</hi><lb/>
Es freut mich, daß es &#x017F;o gegangen i&#x017F;t. Eure<lb/>
Ge&#x017F;undheit, <hi rendition="#fr">Franz!</hi> und Eure auch, <hi rendition="#fr">Sixt,</hi> und<lb/>
Eurer <hi rendition="#fr">Regine</hi> ihre!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Sixt.</hi> O ich bedanke mich, junger Herr, tau-<lb/>
&#x017F;endmal! Ach, ich weiß nicht, was ich &#x017F;agen &#x017F;oll,<lb/>
Herr Pater! Das Herz i&#x017F;t mir &#x017F;o voll, ich mo&#x0364;cht<lb/>
Jhnen nur zu Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en fallen; weiß nicht, ob ich im<lb/>
Himmel oder auf Erden bin? Gott vergelts, was<lb/>
Sie an mir und meiner <hi rendition="#fr">Regine</hi> gethan haben!<lb/>
Wir arme Leut ko&#x0364;nnens doch nicht. &#x2014; Und Jhr,<lb/>
Vater! ach verzeiht mir, und &#x017F;eyd tau&#x017F;endmal be-<lb/>
dankt! &#x2014; &#x2014; Jch kann nichts reden, muß nur<lb/>
weinen und mir Luft machen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Franz.</hi> (Zu &#x017F;einem Weib, das herein kommt)<lb/>
Heh Weib! Viktoria! laß dir eine neue Haube ma-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0084] ichs doch nimmermehr gedacht, daß mich der Herr Pater ſo herum bringen wuͤrde. Heh, Weib! — Sie iſt drauſſen in der Kuͤche — komm her- ein! Sollſt was neues hoͤren. — Friſch! einge- ſchenkt, Herr Pater! .. Wie, Sixt? du ſtehſt ja da, wie ein armer Suͤnder. Da! trink auch eins! Soll leben deine Regine! — Trink ers auch mit, junger Herr! — Das Aug ſteht ihm ja voll Waſſer. Hab ich ihms nicht recht gemacht mit meinem Sohn da? Siegwart. O ja, voͤllig recht, Nachbar Franz! Es freut mich, daß es ſo gegangen iſt. Eure Geſundheit, Franz! und Eure auch, Sixt, und Eurer Regine ihre! Sixt. O ich bedanke mich, junger Herr, tau- ſendmal! Ach, ich weiß nicht, was ich ſagen ſoll, Herr Pater! Das Herz iſt mir ſo voll, ich moͤcht Jhnen nur zu Fuͤſſen fallen; weiß nicht, ob ich im Himmel oder auf Erden bin? Gott vergelts, was Sie an mir und meiner Regine gethan haben! Wir arme Leut koͤnnens doch nicht. — Und Jhr, Vater! ach verzeiht mir, und ſeyd tauſendmal be- dankt! — — Jch kann nichts reden, muß nur weinen und mir Luft machen. Franz. (Zu ſeinem Weib, das herein kommt) Heh Weib! Viktoria! laß dir eine neue Haube ma-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/84
Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/84>, abgerufen am 21.11.2024.