Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.hof mit ihr sitzt; da laß ich ihn am Morgen drauf in meine Kammer kommen, damit's die Dienst- bothen nicht hören; die Mutter war auch dabey, und halt' ihm seinen Unfug recht ernstlich vor; sag ihm, was er für ein Kerl sey; er hab einst von mir den Hof zu gewarten, und schöne Feldgüter, so und so viel Jauchert Acker, Wiesen, Küh und Gäul, und ein schön Stück baares Geld und so fort an; und häng sich da, wider seiner Eltern Wissen und Willen an ein Mädel, das nichts hab, als sechs oder sieben- hundert Gulden und ein glatt Gesicht; was es uns für Herzeleid mache, so was von ihm zu hören; wir hielten doch so viel auf ihn, scharrten alles für ihn zusammen, und was ich sonst so mehr sagte. Da fang ich denn an, wacker drauf zu schmälen, und das End vom Liede war, er soll sich ja nicht mehr gelüsten lassen, mit dem Mädel nur ein Wort zu sprechen, oder sie den Abend hinter's Haus zu bestellen; es werd nichts gutes draus; er werd mich und seine arme Mutter ins Grab bringen, wenn er so fort mach; aber vorher wer- den wir ihn von Haus und Hof jagen, ihn enter- ben, und ihm statt des Segens auf dem Todbett unsern Fluch geben. Sakerlot, Ehrwürdiger Herr! da fängt der Jung an zu greinen: sagt, er könn hof mit ihr ſitzt; da laß ich ihn am Morgen drauf in meine Kammer kommen, damit’s die Dienſt- bothen nicht hoͤren; die Mutter war auch dabey, und halt’ ihm ſeinen Unfug recht ernſtlich vor; ſag ihm, was er fuͤr ein Kerl ſey; er hab einſt von mir den Hof zu gewarten, und ſchoͤne Feldguͤter, ſo und ſo viel Jauchert Acker, Wieſen, Kuͤh und Gaͤul, und ein ſchoͤn Stuͤck baares Geld und ſo fort an; und haͤng ſich da, wider ſeiner Eltern Wiſſen und Willen an ein Maͤdel, das nichts hab, als ſechs oder ſieben- hundert Gulden und ein glatt Geſicht; was es uns fuͤr Herzeleid mache, ſo was von ihm zu hoͤren; wir hielten doch ſo viel auf ihn, ſcharrten alles fuͤr ihn zuſammen, und was ich ſonſt ſo mehr ſagte. Da fang ich denn an, wacker drauf zu ſchmaͤlen, und das End vom Liede war, er ſoll ſich ja nicht mehr geluͤſten laſſen, mit dem Maͤdel nur ein Wort zu ſprechen, oder ſie den Abend hinter’s Haus zu beſtellen; es werd nichts gutes draus; er werd mich und ſeine arme Mutter ins Grab bringen, wenn er ſo fort mach; aber vorher wer- den wir ihn von Haus und Hof jagen, ihn enter- ben, und ihm ſtatt des Segens auf dem Todbett unſern Fluch geben. Sakerlot, Ehrwuͤrdiger Herr! da faͤngt der Jung an zu greinen: ſagt, er koͤnn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0072" n="68"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> hof mit ihr ſitzt; da laß ich ihn am Morgen drauf<lb/> in meine Kammer kommen, damit’s die Dienſt-<lb/> bothen nicht hoͤren; die Mutter war auch dabey,<lb/> und halt’ ihm ſeinen Unfug recht ernſtlich vor; ſag<lb/> ihm, was er fuͤr ein Kerl ſey; er hab einſt von mir<lb/> den Hof zu gewarten, und ſchoͤne Feldguͤter, ſo und ſo<lb/> viel Jauchert Acker, Wieſen, Kuͤh und Gaͤul, und<lb/> ein ſchoͤn Stuͤck baares Geld und ſo fort an; und haͤng<lb/> ſich da, wider ſeiner Eltern Wiſſen und Willen an<lb/> ein Maͤdel, das nichts hab, als ſechs oder ſieben-<lb/> hundert Gulden und ein glatt Geſicht; was es uns<lb/> fuͤr Herzeleid mache, ſo was von ihm zu hoͤren;<lb/> wir hielten doch ſo viel auf ihn, ſcharrten alles fuͤr<lb/> ihn zuſammen, und was ich ſonſt ſo mehr ſagte.<lb/> Da fang ich denn an, wacker drauf zu ſchmaͤlen,<lb/> und das End vom Liede war, er ſoll ſich ja nicht<lb/> mehr geluͤſten laſſen, mit dem Maͤdel nur ein<lb/> Wort zu ſprechen, oder ſie den Abend hinter’s<lb/> Haus zu beſtellen; es werd nichts gutes draus;<lb/> er werd mich und ſeine arme Mutter ins Grab<lb/> bringen, wenn er ſo fort mach; aber vorher wer-<lb/> den wir ihn von Haus und Hof jagen, ihn enter-<lb/> ben, und ihm ſtatt des Segens auf dem Todbett<lb/> unſern Fluch geben. Sakerlot, Ehrwuͤrdiger Herr!<lb/> da faͤngt der Jung an zu greinen: ſagt, er koͤnn<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [68/0072]
hof mit ihr ſitzt; da laß ich ihn am Morgen drauf
in meine Kammer kommen, damit’s die Dienſt-
bothen nicht hoͤren; die Mutter war auch dabey,
und halt’ ihm ſeinen Unfug recht ernſtlich vor; ſag
ihm, was er fuͤr ein Kerl ſey; er hab einſt von mir
den Hof zu gewarten, und ſchoͤne Feldguͤter, ſo und ſo
viel Jauchert Acker, Wieſen, Kuͤh und Gaͤul, und
ein ſchoͤn Stuͤck baares Geld und ſo fort an; und haͤng
ſich da, wider ſeiner Eltern Wiſſen und Willen an
ein Maͤdel, das nichts hab, als ſechs oder ſieben-
hundert Gulden und ein glatt Geſicht; was es uns
fuͤr Herzeleid mache, ſo was von ihm zu hoͤren;
wir hielten doch ſo viel auf ihn, ſcharrten alles fuͤr
ihn zuſammen, und was ich ſonſt ſo mehr ſagte.
Da fang ich denn an, wacker drauf zu ſchmaͤlen,
und das End vom Liede war, er ſoll ſich ja nicht
mehr geluͤſten laſſen, mit dem Maͤdel nur ein
Wort zu ſprechen, oder ſie den Abend hinter’s
Haus zu beſtellen; es werd nichts gutes draus;
er werd mich und ſeine arme Mutter ins Grab
bringen, wenn er ſo fort mach; aber vorher wer-
den wir ihn von Haus und Hof jagen, ihn enter-
ben, und ihm ſtatt des Segens auf dem Todbett
unſern Fluch geben. Sakerlot, Ehrwuͤrdiger Herr!
da faͤngt der Jung an zu greinen: ſagt, er koͤnn
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |