Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.einst bey einer andern Heyrath hinderlich seyn. Denn was wird die Welt sagen, wenn man sie so vertraut miteinander umgehen sieht? -- Dem alten ehrlichen Siegwart gieng das in der See- le nah. Es klärte sich ihm vieles in dem Betra- gen seiner Tochter gegen Kronhelm auf. Er hat- te keine Ruhe. Er dachte hin und her, wie er seine Tochter retten möchte, ohne doch dem jun- gen Kronhelm, gegen den er in der That nichts hatte, zu viel zu thun. Er beschloß endlich, bey der ersten schicklichen Gelegenheit, mit seinem Sohn und seiner Tochter ernstlich drüber zu re- den. Kronhelm, Xaver, und Therese kamen in- einſt bey einer andern Heyrath hinderlich ſeyn. Denn was wird die Welt ſagen, wenn man ſie ſo vertraut miteinander umgehen ſieht? — Dem alten ehrlichen Siegwart gieng das in der See- le nah. Es klaͤrte ſich ihm vieles in dem Betra- gen ſeiner Tochter gegen Kronhelm auf. Er hat- te keine Ruhe. Er dachte hin und her, wie er ſeine Tochter retten moͤchte, ohne doch dem jun- gen Kronhelm, gegen den er in der That nichts hatte, zu viel zu thun. Er beſchloß endlich, bey der erſten ſchicklichen Gelegenheit, mit ſeinem Sohn und ſeiner Tochter ernſtlich druͤber zu re- den. Kronhelm, Xaver, und Thereſe kamen in- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0379" n="375"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> einſt bey einer andern Heyrath hinderlich ſeyn.<lb/> Denn was wird die Welt ſagen, wenn man ſie<lb/> ſo vertraut miteinander umgehen ſieht? — Dem<lb/> alten ehrlichen <hi rendition="#fr">Siegwart</hi> gieng das in der See-<lb/> le nah. Es klaͤrte ſich ihm vieles in dem Betra-<lb/> gen ſeiner Tochter gegen <hi rendition="#fr">Kronhelm</hi> auf. Er hat-<lb/> te keine Ruhe. Er dachte hin und her, wie er<lb/> ſeine Tochter retten moͤchte, ohne doch dem jun-<lb/> gen <hi rendition="#fr">Kronhelm,</hi> gegen den er in der That nichts<lb/> hatte, zu viel zu thun. Er beſchloß endlich, bey<lb/> der erſten ſchicklichen Gelegenheit, mit ſeinem<lb/> Sohn und ſeiner Tochter ernſtlich druͤber zu re-<lb/> den.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Kronhelm, Xaver,</hi> und <hi rendition="#fr">Thereſe</hi> kamen in-<lb/> deſſen bey dem Amtmann in Belldorf an. Der<lb/> Amtmann, ſeine Frau, und ſeine zwey Toͤchter<lb/> kamen augenblicklich an die Kutſche, und hoben<lb/> ſie aus dem Schlag heraus. Sie wurden mit<lb/> vielen Caͤrimonien bewillkommt, und die Treppen<lb/> hinauf gefuͤhrt. Die Amtmaͤnninn machte tau-<lb/> ſend Entſchuldigungen, daß ſie ſo ſchlecht geklei-<lb/> det ſey, und daß im Zimmer alles ſo unordentlich<lb/> auſſehe. Sie war aber in der That mehr praͤch-<lb/> tig, als nachlaͤſſig gekleidet; und im Zimmer war<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [375/0379]
einſt bey einer andern Heyrath hinderlich ſeyn.
Denn was wird die Welt ſagen, wenn man ſie
ſo vertraut miteinander umgehen ſieht? — Dem
alten ehrlichen Siegwart gieng das in der See-
le nah. Es klaͤrte ſich ihm vieles in dem Betra-
gen ſeiner Tochter gegen Kronhelm auf. Er hat-
te keine Ruhe. Er dachte hin und her, wie er
ſeine Tochter retten moͤchte, ohne doch dem jun-
gen Kronhelm, gegen den er in der That nichts
hatte, zu viel zu thun. Er beſchloß endlich, bey
der erſten ſchicklichen Gelegenheit, mit ſeinem
Sohn und ſeiner Tochter ernſtlich druͤber zu re-
den.
Kronhelm, Xaver, und Thereſe kamen in-
deſſen bey dem Amtmann in Belldorf an. Der
Amtmann, ſeine Frau, und ſeine zwey Toͤchter
kamen augenblicklich an die Kutſche, und hoben
ſie aus dem Schlag heraus. Sie wurden mit
vielen Caͤrimonien bewillkommt, und die Treppen
hinauf gefuͤhrt. Die Amtmaͤnninn machte tau-
ſend Entſchuldigungen, daß ſie ſo ſchlecht geklei-
det ſey, und daß im Zimmer alles ſo unordentlich
auſſehe. Sie war aber in der That mehr praͤch-
tig, als nachlaͤſſig gekleidet; und im Zimmer war
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