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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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gene Gezier. Jhre Stimme war rein und na-
türlich, ob sie gleich eben nicht sehr nach der Kunst
sang. Aber sie sang mit dem ganzen herzlichen
Antheil, der den Gesang allein angenehm und
unterhaltend macht. Drauf trank man, in Ge-
sellschaft des alten Siegwarts den Kaffee. Sie
schenkte ihn ein, stopfte die Pfeisen, und zündete
sie selbst an. Man sprach von ernsthaften, oder
lustigen Sachen. Nach einer Stunde gieng der
alte Siegwart wieder an seine Geschäfte. Drauf
kam das Gespräch auf Klopstock. Sie sprachen
alle mit einer Art von Begeisterung von ihm,
und brachen in sein Lob aus. Therese hatte grosse
Stellen aus dem Messias und aus Kleist, die
ihr vorzüglich gefielen, und die auch in der That
die besten waren, abgeschrieben. Kronhelm las
sie vor; ihre Empfindungen waren fast immer
dieselben, und oft riefen sie zu gleicher Zeit vor
Bewunderung aus, wenn eine Stelle sie vorzüg-
lich rührte. Sie verrichtete dazwischen ihre
häuslichen Geschäfte, und gieng in dem Zimmer
aus und ein. Nach dem Essen giengen Kron-
helm, Therese,
und Siegwart miteinander spa-
tzieren, um die schöne Gegend zu besehen. Kron-
helm
führte Theresen. Sie giengen durch ein



gene Gezier. Jhre Stimme war rein und na-
tuͤrlich, ob ſie gleich eben nicht ſehr nach der Kunſt
ſang. Aber ſie ſang mit dem ganzen herzlichen
Antheil, der den Geſang allein angenehm und
unterhaltend macht. Drauf trank man, in Ge-
ſellſchaft des alten Siegwarts den Kaffee. Sie
ſchenkte ihn ein, ſtopfte die Pfeiſen, und zuͤndete
ſie ſelbſt an. Man ſprach von ernſthaften, oder
luſtigen Sachen. Nach einer Stunde gieng der
alte Siegwart wieder an ſeine Geſchaͤfte. Drauf
kam das Geſpraͤch auf Klopſtock. Sie ſprachen
alle mit einer Art von Begeiſterung von ihm,
und brachen in ſein Lob aus. Thereſe hatte groſſe
Stellen aus dem Meſſias und aus Kleiſt, die
ihr vorzuͤglich gefielen, und die auch in der That
die beſten waren, abgeſchrieben. Kronhelm las
ſie vor; ihre Empfindungen waren faſt immer
dieſelben, und oft riefen ſie zu gleicher Zeit vor
Bewunderung aus, wenn eine Stelle ſie vorzuͤg-
lich ruͤhrte. Sie verrichtete dazwiſchen ihre
haͤuslichen Geſchaͤfte, und gieng in dem Zimmer
aus und ein. Nach dem Eſſen giengen Kron-
helm, Thereſe,
und Siegwart miteinander ſpa-
tzieren, um die ſchoͤne Gegend zu beſehen. Kron-
helm
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[342/0346] gene Gezier. Jhre Stimme war rein und na- tuͤrlich, ob ſie gleich eben nicht ſehr nach der Kunſt ſang. Aber ſie ſang mit dem ganzen herzlichen Antheil, der den Geſang allein angenehm und unterhaltend macht. Drauf trank man, in Ge- ſellſchaft des alten Siegwarts den Kaffee. Sie ſchenkte ihn ein, ſtopfte die Pfeiſen, und zuͤndete ſie ſelbſt an. Man ſprach von ernſthaften, oder luſtigen Sachen. Nach einer Stunde gieng der alte Siegwart wieder an ſeine Geſchaͤfte. Drauf kam das Geſpraͤch auf Klopſtock. Sie ſprachen alle mit einer Art von Begeiſterung von ihm, und brachen in ſein Lob aus. Thereſe hatte groſſe Stellen aus dem Meſſias und aus Kleiſt, die ihr vorzuͤglich gefielen, und die auch in der That die beſten waren, abgeſchrieben. Kronhelm las ſie vor; ihre Empfindungen waren faſt immer dieſelben, und oft riefen ſie zu gleicher Zeit vor Bewunderung aus, wenn eine Stelle ſie vorzuͤg- lich ruͤhrte. Sie verrichtete dazwiſchen ihre haͤuslichen Geſchaͤfte, und gieng in dem Zimmer aus und ein. Nach dem Eſſen giengen Kron- helm, Thereſe, und Siegwart miteinander ſpa- tzieren, um die ſchoͤne Gegend zu beſehen. Kron- helm fuͤhrte Thereſen. Sie giengen durch ein

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/346>, abgerufen am 25.11.2024.