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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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und d' Abgaben schwer. -- Komm, Mariandel,
küß dem Herrn d' Hand! Das ist gar ein bra-
ver Herr; Komm Peter! Darfst dir nicht angst
seyn lassen! Der Herr thut dir nichts. -- Maria-
ne kam ganz schüchtern auf den Zehen hergeschli-
chen, gab Kronhelm die Hand, und wischte, mit
der Schürze in der andern, sich die Augen.
Kronhelm gab ihr einen Dreybätzner, und dem
Jungen auch. Dieß wollte der Mann gar nicht
annehmen. Jch hab schon gnug, sagte er, wenn
nur mein Weib los ist. Von der Hand ins
Maul können wir uns schon verdienen. Neh-
men's Sie's nur wieder, Junker. 'S ist, weiß
Gott! zu viel. -- Kronhelm gieng hinaus, und
wischte sich die Augen.

Als er nach Hause kam, war sein Vater
schon zu Bette, weil er einige Anfälle vom Po-
dagra hatte. Siegwart saß in Sibyllens und
Kunigundens Gesellschaft, und erzälte ihnen al-
lerley vom Kloster und von Theresen. Sibylle,
die viele, aber aufbrausende Empfindung hatte,
fiel ihm alle Augenblicke in die Rede, klatschte in
die Hände, sprang auf, und rief: Das ist vor-
treflich, das ist herrlich! So ein drey Wochen
möcht ich auch im Kloster seyn! u. s. w.



und d’ Abgaben ſchwer. — Komm, Mariandel,
kuͤß dem Herrn d’ Hand! Das iſt gar ein bra-
ver Herr; Komm Peter! Darfſt dir nicht angſt
ſeyn laſſen! Der Herr thut dir nichts. — Maria-
ne kam ganz ſchuͤchtern auf den Zehen hergeſchli-
chen, gab Kronhelm die Hand, und wiſchte, mit
der Schuͤrze in der andern, ſich die Augen.
Kronhelm gab ihr einen Dreybaͤtzner, und dem
Jungen auch. Dieß wollte der Mann gar nicht
annehmen. Jch hab ſchon gnug, ſagte er, wenn
nur mein Weib los iſt. Von der Hand ins
Maul koͤnnen wir uns ſchon verdienen. Neh-
men’s Sie’s nur wieder, Junker. ’S iſt, weiß
Gott! zu viel. — Kronhelm gieng hinaus, und
wiſchte ſich die Augen.

Als er nach Hauſe kam, war ſein Vater
ſchon zu Bette, weil er einige Anfaͤlle vom Po-
dagra hatte. Siegwart ſaß in Sibyllens und
Kunigundens Geſellſchaft, und erzaͤlte ihnen al-
lerley vom Kloſter und von Thereſen. Sibylle,
die viele, aber aufbrauſende Empfindung hatte,
fiel ihm alle Augenblicke in die Rede, klatſchte in
die Haͤnde, ſprang auf, und rief: Das iſt vor-
treflich, das iſt herrlich! So ein drey Wochen
moͤcht ich auch im Kloſter ſeyn! u. ſ. w.

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[276/0280] und d’ Abgaben ſchwer. — Komm, Mariandel, kuͤß dem Herrn d’ Hand! Das iſt gar ein bra- ver Herr; Komm Peter! Darfſt dir nicht angſt ſeyn laſſen! Der Herr thut dir nichts. — Maria- ne kam ganz ſchuͤchtern auf den Zehen hergeſchli- chen, gab Kronhelm die Hand, und wiſchte, mit der Schuͤrze in der andern, ſich die Augen. Kronhelm gab ihr einen Dreybaͤtzner, und dem Jungen auch. Dieß wollte der Mann gar nicht annehmen. Jch hab ſchon gnug, ſagte er, wenn nur mein Weib los iſt. Von der Hand ins Maul koͤnnen wir uns ſchon verdienen. Neh- men’s Sie’s nur wieder, Junker. ’S iſt, weiß Gott! zu viel. — Kronhelm gieng hinaus, und wiſchte ſich die Augen. Als er nach Hauſe kam, war ſein Vater ſchon zu Bette, weil er einige Anfaͤlle vom Po- dagra hatte. Siegwart ſaß in Sibyllens und Kunigundens Geſellſchaft, und erzaͤlte ihnen al- lerley vom Kloſter und von Thereſen. Sibylle, die viele, aber aufbrauſende Empfindung hatte, fiel ihm alle Augenblicke in die Rede, klatſchte in die Haͤnde, ſprang auf, und rief: Das iſt vor- treflich, das iſt herrlich! So ein drey Wochen moͤcht ich auch im Kloſter ſeyn! u. ſ. w.

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/280>, abgerufen am 25.11.2024.