Sie heist Baronessin von Eller; ihr Mann ist, glaub ich, am Hof.
Silberling. O ja, ich habe die Gnade, Sie sehr wohl zu kennen. Es ist eine magni- fique Dame. Sie gibt wöchentlich Einmal Con- cert, und zweymal Assemblee. Sie werden Jhr recht willkommen seyn, gnädiges Fräulein, und in München sehr brilliren.
Sibylle sprach noch viel mit ihm, und setzte ihn durch ihre Lebhaftigkeit, und ihr offenes We- sen oft in die gröste Verlegenheit. Er glaubte aber doch, eine Eroberung bey ihr gemacht zu ha- ben, weil sie sich so viel mit ihm abgab; und ritt ganz vergnügt weg. --
Kronhelm gieng noch denselben Abend heim- lich nach dem Haus der armen Bauersfrau, die im Thurm lag; und gab ihrem Mann die drey Gulden, damit er seine Frau lösen könnte; aber er verboth ihm scharf, niemand ein Wort davon zu sagen, auch nicht einmal ihr, damit nur sein Va- ter nichts davon erfahren möchte. So gab er vor; aber im Grunde war die Ursache seines Ver- bots edler; er wollte unbekannt und im Stillen Gutes thun, well er überzeugt war, wie wenig fremdes Lob nötig ist, wenn man durch Wohlthun
Sie heiſt Baroneſſin von Eller; ihr Mann iſt, glaub ich, am Hof.
Silberling. O ja, ich habe die Gnade, Sie ſehr wohl zu kennen. Es iſt eine magni- fique Dame. Sie gibt woͤchentlich Einmal Con- cert, und zweymal Aſſemblee. Sie werden Jhr recht willkommen ſeyn, gnaͤdiges Fraͤulein, und in Muͤnchen ſehr brilliren.
Sibylle ſprach noch viel mit ihm, und ſetzte ihn durch ihre Lebhaftigkeit, und ihr offenes We- ſen oft in die groͤſte Verlegenheit. Er glaubte aber doch, eine Eroberung bey ihr gemacht zu ha- ben, weil ſie ſich ſo viel mit ihm abgab; und ritt ganz vergnuͤgt weg. —
Kronhelm gieng noch denſelben Abend heim- lich nach dem Haus der armen Bauersfrau, die im Thurm lag; und gab ihrem Mann die drey Gulden, damit er ſeine Frau loͤſen koͤnnte; aber er verboth ihm ſcharf, niemand ein Wort davon zu ſagen, auch nicht einmal ihr, damit nur ſein Va- ter nichts davon erfahren moͤchte. So gab er vor; aber im Grunde war die Urſache ſeines Ver- bots edler; er wollte unbekannt und im Stillen Gutes thun, well er uͤberzeugt war, wie wenig fremdes Lob noͤtig iſt, wenn man durch Wohlthun
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Sie heiſt Baroneſſin von Eller; ihr Mann iſt,
glaub ich, am Hof.
Silberling. O ja, ich habe die Gnade,
Sie ſehr wohl zu kennen. Es iſt eine magni-
fique Dame. Sie gibt woͤchentlich Einmal Con-
cert, und zweymal Aſſemblee. Sie werden Jhr
recht willkommen ſeyn, gnaͤdiges Fraͤulein, und in
Muͤnchen ſehr brilliren.
Sibylle ſprach noch viel mit ihm, und ſetzte
ihn durch ihre Lebhaftigkeit, und ihr offenes We-
ſen oft in die groͤſte Verlegenheit. Er glaubte
aber doch, eine Eroberung bey ihr gemacht zu ha-
ben, weil ſie ſich ſo viel mit ihm abgab; und ritt
ganz vergnuͤgt weg. —
Kronhelm gieng noch denſelben Abend heim-
lich nach dem Haus der armen Bauersfrau, die
im Thurm lag; und gab ihrem Mann die drey
Gulden, damit er ſeine Frau loͤſen koͤnnte; aber
er verboth ihm ſcharf, niemand ein Wort davon zu
ſagen, auch nicht einmal ihr, damit nur ſein Va-
ter nichts davon erfahren moͤchte. So gab er
vor; aber im Grunde war die Urſache ſeines Ver-
bots edler; er wollte unbekannt und im Stillen
Gutes thun, well er uͤberzeugt war, wie wenig
fremdes Lob noͤtig iſt, wenn man durch Wohlthun
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/278>, abgerufen am 22.11.2024.
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