kommte. So, hier können Sie beyeinander woh- nen, sagte P. Johann. Jch hoffe, Sie werden sich gut vertragen, weil Sie von Einem Alter, und beyde von hübschen Eltern sind. Kreutzner, ich empfehl ihm den jungen Siegwart, daß er ihm gut begegnet! Denn es soll ein braver Mensch seyn, wie wir hören. -- Kreutzner machte eine Verbeugung. -- Er kann sich jetzt bequem ma- chen, Monsieur Siegwart, und seine Sachen einrichten! Jn einer Stunde wird man ihn zum Essen rufen. Drauf gieng P. Johann weg.
Kreutzner sagte unserm Siegwart viel Schmeicheleyen vor, bot ihm seine Freundschaft an, und erzälte ihm, wie gut es hier auf der Schule sey, und was sie für Freuden miteinan- der haben wollten. Jndem kam Siegwarts Be- dienter, und brachte den Koffre; er schrieb noch ein paar Zeilen an seinen Vater, voller Danksa- gungen, und ward sehr dabey bewegt, daß ihm Thränen auf den Brief flossen. Dann schrieb er noch an seine Schwester Therese, und theilte ihr die Freude mit, die er über die gute Aufnah- me bey den Piaristen hatte.
Bald drauf kam ein Pater, und zwar eben derselbe, den Siegwart auf der Donaubrücke an-
kommte. So, hier koͤnnen Sie beyeinander woh- nen, ſagte P. Johann. Jch hoffe, Sie werden ſich gut vertragen, weil Sie von Einem Alter, und beyde von huͤbſchen Eltern ſind. Kreutzner, ich empfehl ihm den jungen Siegwart, daß er ihm gut begegnet! Denn es ſoll ein braver Menſch ſeyn, wie wir hoͤren. — Kreutzner machte eine Verbeugung. — Er kann ſich jetzt bequem ma- chen, Monſieur Siegwart, und ſeine Sachen einrichten! Jn einer Stunde wird man ihn zum Eſſen rufen. Drauf gieng P. Johann weg.
Kreutzner ſagte unſerm Siegwart viel Schmeicheleyen vor, bot ihm ſeine Freundſchaft an, und erzaͤlte ihm, wie gut es hier auf der Schule ſey, und was ſie fuͤr Freuden miteinan- der haben wollten. Jndem kam Siegwarts Be- dienter, und brachte den Koffre; er ſchrieb noch ein paar Zeilen an ſeinen Vater, voller Dankſa- gungen, und ward ſehr dabey bewegt, daß ihm Thraͤnen auf den Brief floſſen. Dann ſchrieb er noch an ſeine Schweſter Thereſe, und theilte ihr die Freude mit, die er uͤber die gute Aufnah- me bey den Piariſten hatte.
Bald drauf kam ein Pater, und zwar eben derſelbe, den Siegwart auf der Donaubruͤcke an-
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kommte. So, hier koͤnnen Sie beyeinander woh-
nen, ſagte P. Johann. Jch hoffe, Sie werden
ſich gut vertragen, weil Sie von Einem Alter,
und beyde von huͤbſchen Eltern ſind. Kreutzner,
ich empfehl ihm den jungen Siegwart, daß er
ihm gut begegnet! Denn es ſoll ein braver Menſch
ſeyn, wie wir hoͤren. — Kreutzner machte eine
Verbeugung. — Er kann ſich jetzt bequem ma-
chen, Monſieur Siegwart, und ſeine Sachen
einrichten! Jn einer Stunde wird man ihn zum
Eſſen rufen. Drauf gieng P. Johann weg.
Kreutzner ſagte unſerm Siegwart viel
Schmeicheleyen vor, bot ihm ſeine Freundſchaft
an, und erzaͤlte ihm, wie gut es hier auf der
Schule ſey, und was ſie fuͤr Freuden miteinan-
der haben wollten. Jndem kam Siegwarts Be-
dienter, und brachte den Koffre; er ſchrieb noch
ein paar Zeilen an ſeinen Vater, voller Dankſa-
gungen, und ward ſehr dabey bewegt, daß ihm
Thraͤnen auf den Brief floſſen. Dann ſchrieb
er noch an ſeine Schweſter Thereſe, und theilte
ihr die Freude mit, die er uͤber die gute Aufnah-
me bey den Piariſten hatte.
Bald drauf kam ein Pater, und zwar eben
derſelbe, den Siegwart auf der Donaubruͤcke an-
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/182>, abgerufen am 16.02.2025.
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