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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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von trügen. Er theilte sein Heer in zwey Thei-
le, und wählte immer die stärksten Knaben für
die Preußen aus, deren Ansührer er beständig war,
und an deren Spitze er die Oesterreicher mehren-
theils zurückschlug. Er machte selbst ein Kriegs-
lied, das seine Krieger, nach ihrer Weise, absan-
gen. Beym Nachsetzen musten die Knaben mit
den Schlehenbüchsen schiessen; wer getroffen war,
muste fallen, und am Ende der Schlacht wurden
die Todten gezält; da denn immer die Preußen die
wenigsten hatten.

Wenns wärmer wurde, badete er sich in der
Donau, und schwamm unter allen Jungen am be-
sten. Ein paarmal war er in Lebensgefahr, und
wurde von den Fischern gerettet; dieß hielt ihn
aber nicht ab, gleich den andern Tag sich wieder
zu baden. Halbe Tage brachte er im Walde zu,
wo er Vogelnester aufsuchte. Er hielt ein ordent-
liches Verzeichnis davon, und fand alle Tage neue.
Kein Baum, auf dem er ein Nest sah, war für ihn zu
hoch; er klomm wie ein Eichhörnchen hinauf und wag-
te sich auf die dünnsten Aeste. Demohngeachtet war
er nicht grausam gegen die Vögel. Er nahm nie ein
Nest ganz aus, sondern nahm nur den schönsten
Vogel, den er zu Hause ätzte, und groß zog; die



von truͤgen. Er theilte ſein Heer in zwey Thei-
le, und waͤhlte immer die ſtaͤrkſten Knaben fuͤr
die Preußen aus, deren Anſuͤhrer er beſtaͤndig war,
und an deren Spitze er die Oeſterreicher mehren-
theils zuruͤckſchlug. Er machte ſelbſt ein Kriegs-
lied, das ſeine Krieger, nach ihrer Weiſe, abſan-
gen. Beym Nachſetzen muſten die Knaben mit
den Schlehenbuͤchſen ſchieſſen; wer getroffen war,
muſte fallen, und am Ende der Schlacht wurden
die Todten gezaͤlt; da denn immer die Preußen die
wenigſten hatten.

Wenns waͤrmer wurde, badete er ſich in der
Donau, und ſchwamm unter allen Jungen am be-
ſten. Ein paarmal war er in Lebensgefahr, und
wurde von den Fiſchern gerettet; dieß hielt ihn
aber nicht ab, gleich den andern Tag ſich wieder
zu baden. Halbe Tage brachte er im Walde zu,
wo er Vogelneſter aufſuchte. Er hielt ein ordent-
liches Verzeichnis davon, und fand alle Tage neue.
Kein Baum, auf dem er ein Neſt ſah, war fuͤr ihn zu
hoch; er klomm wie ein Eichhoͤrnchen hinauf und wag-
te ſich auf die duͤnnſten Aeſte. Demohngeachtet war
er nicht grauſam gegen die Voͤgel. Er nahm nie ein
Neſt ganz aus, ſondern nahm nur den ſchoͤnſten
Vogel, den er zu Hauſe aͤtzte, und groß zog; die

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[7/0011] von truͤgen. Er theilte ſein Heer in zwey Thei- le, und waͤhlte immer die ſtaͤrkſten Knaben fuͤr die Preußen aus, deren Anſuͤhrer er beſtaͤndig war, und an deren Spitze er die Oeſterreicher mehren- theils zuruͤckſchlug. Er machte ſelbſt ein Kriegs- lied, das ſeine Krieger, nach ihrer Weiſe, abſan- gen. Beym Nachſetzen muſten die Knaben mit den Schlehenbuͤchſen ſchieſſen; wer getroffen war, muſte fallen, und am Ende der Schlacht wurden die Todten gezaͤlt; da denn immer die Preußen die wenigſten hatten. Wenns waͤrmer wurde, badete er ſich in der Donau, und ſchwamm unter allen Jungen am be- ſten. Ein paarmal war er in Lebensgefahr, und wurde von den Fiſchern gerettet; dieß hielt ihn aber nicht ab, gleich den andern Tag ſich wieder zu baden. Halbe Tage brachte er im Walde zu, wo er Vogelneſter aufſuchte. Er hielt ein ordent- liches Verzeichnis davon, und fand alle Tage neue. Kein Baum, auf dem er ein Neſt ſah, war fuͤr ihn zu hoch; er klomm wie ein Eichhoͤrnchen hinauf und wag- te ſich auf die duͤnnſten Aeſte. Demohngeachtet war er nicht grauſam gegen die Voͤgel. Er nahm nie ein Neſt ganz aus, ſondern nahm nur den ſchoͤnſten Vogel, den er zu Hauſe aͤtzte, und groß zog; die

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/11>, abgerufen am 24.11.2024.