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Micraelius, Johann: Ander Buch Deß Alten Wendischen Pommerlandes. Bd. 2. Stettin, 1639.

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Das Ander Buch/
Fürst Rutiger
buhlet vmb das
Polnische Fräw-
lein Venda.
Kommen aber
beyde drüber
pmbs Leben.
kow sol gebawet seyn. Dieser ließ zweene Söhne
Cracum vnd Lechum/ vnd eine Tochter Vendam nach
sich. Der Jüngste Bruder Lechus wil dem Eltesten
das Fürstenthumb nicht gönnen/ vnd bringet jhn
auff der Jagt meuchelmördischer weyse vmb/ der
meinunge/ dadurch die Regierung auff sich zu bringen.
Aber die Polen wollen keinen Brudermörder vber
sich haben/ vnd geben das Regiment Venda/ dem
Fürstlichen Fräwlein. Vmb dieselbe bulete ein Teut-
scher Fürst in der Nachbarschafft/ mit Nahmen Ru-
diger/ oder wie Cromerus jhn nennet/ Rotigar. Aber
sie wolte lieber Princessin alleine sein/ als eines Prin-
tzen Weib genant werden/ schlug jhme die Ehe abe/
vnd ließ die Legaten/ so er an sie spedieret/ mit solcher
Antwort von sich. Darüber ergrimmet der tapfere
Held Rudiger/ bringet ein ansehnlich Heer auff die
Beine/ vnd fället in Polen ein. Venda das Fräwlein
zeucht jhme entgegen/ vnd hatte heimlich dieses Ge-
lübde gethan/ so sie obsiegen würde/ das sie sich jhren
Göttern zun Ehren in jhrer Jungfrawschafft auff-
opffern wolte. Als aber beyde Heer in der Ord-
nung gegen einander hielten/ düncket es den Teut-
schen schimpflich zu sein/ wider ein Weib vmb Liebe
willen das Schwerd zuzucken/ vnd halten bey jhrem
Fürsten Rudiger an/ er möge sich eines bessern be-
dencken. Aber Zorne vnd Liebe sind so vngehalten
bey jhme/ das er sein eigenes Schwerd ergreiffet/
vnd dasselbe sich ins Hertze drucket. Also ziehen die
Teutschen vnd Polen von einander/ vnd machen ei-
nen newen Bund vnter sich. Venda aber ist einge-
denck jhres Gelübdes/ vnd da sie anheimb kompt/ vnd

gleich-

Das Ander Buch/
Fuͤrſt Rutiger
buhlet vmb das
Polniſche Fraͤw-
lein Venda.
Kommen aber
beyde druͤber
pmbs Leben.
kow ſol gebawet ſeyn. Dieſer ließ zweene Soͤhne
Cracum vnd Lechum/ vnd eine Tochter Vendam nach
ſich. Der Juͤngſte Bruder Lechus wil dem Elteſten
das Fuͤrſtenthumb nicht goͤnnen/ vnd bringet jhn
auff der Jagt meuchelmoͤrdiſcher weyſe vmb/ der
meinunge/ dadurch die Regierũg auff ſich zu bringen.
Aber die Polen wollen keinen Brudermoͤrder vber
ſich haben/ vnd geben das Regiment Venda/ dem
Fuͤrſtlichen Fraͤwlein. Vmb dieſelbe bulete ein Teut-
ſcher Fuͤrſt in der Nachbarſchafft/ mit Nahmen Ru-
diger/ oder wie Cromerus jhn nennet/ Rotigar. Aber
ſie wolte lieber Princeſſin alleine ſein/ als eines Prin-
tzen Weib genant werden/ ſchlug jhme die Ehe abe/
vnd ließ die Legaten/ ſo er an ſie ſpedieret/ mit ſolcher
Antwort von ſich. Daruͤber ergrimmet der tapfere
Held Rudiger/ bringet ein anſehnlich Heer auff die
Beine/ vnd faͤllet in Polen ein. Venda das Fraͤwlein
zeucht jhme entgegen/ vnd hatte heimlich dieſes Ge-
luͤbde gethan/ ſo ſie obſiegen wuͤrde/ das ſie ſich jhren
Goͤttern zun Ehren in jhrer Jungfrawſchafft auff-
opffern wolte. Als aber beyde Heer in der Ord-
nung gegen einander hielten/ duͤncket es den Teut-
ſchen ſchimpflich zu ſein/ wider ein Weib vmb Liebe
willen das Schwerd zuzucken/ vnd halten bey jhrem
Fuͤrſten Rudiger an/ er moͤge ſich eines beſſern be-
dencken. Aber Zorne vnd Liebe ſind ſo vngehalten
bey jhme/ das er ſein eigenes Schwerd ergreiffet/
vnd daſſelbe ſich ins Hertze drucket. Alſo ziehen die
Teutſchen vnd Polen von einander/ vnd machen ei-
nen newen Bund vnter ſich. Venda aber iſt einge-
denck jhres Geluͤbdes/ vnd da ſie anheimb kompt/ vnd

gleich-
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[160/0040] Das Ander Buch/ kow ſol gebawet ſeyn. Dieſer ließ zweene Soͤhne Cracum vnd Lechum/ vnd eine Tochter Vendam nach ſich. Der Juͤngſte Bruder Lechus wil dem Elteſten das Fuͤrſtenthumb nicht goͤnnen/ vnd bringet jhn auff der Jagt meuchelmoͤrdiſcher weyſe vmb/ der meinunge/ dadurch die Regierũg auff ſich zu bringen. Aber die Polen wollen keinen Brudermoͤrder vber ſich haben/ vnd geben das Regiment Venda/ dem Fuͤrſtlichen Fraͤwlein. Vmb dieſelbe bulete ein Teut- ſcher Fuͤrſt in der Nachbarſchafft/ mit Nahmen Ru- diger/ oder wie Cromerus jhn nennet/ Rotigar. Aber ſie wolte lieber Princeſſin alleine ſein/ als eines Prin- tzen Weib genant werden/ ſchlug jhme die Ehe abe/ vnd ließ die Legaten/ ſo er an ſie ſpedieret/ mit ſolcher Antwort von ſich. Daruͤber ergrimmet der tapfere Held Rudiger/ bringet ein anſehnlich Heer auff die Beine/ vnd faͤllet in Polen ein. Venda das Fraͤwlein zeucht jhme entgegen/ vnd hatte heimlich dieſes Ge- luͤbde gethan/ ſo ſie obſiegen wuͤrde/ das ſie ſich jhren Goͤttern zun Ehren in jhrer Jungfrawſchafft auff- opffern wolte. Als aber beyde Heer in der Ord- nung gegen einander hielten/ duͤncket es den Teut- ſchen ſchimpflich zu ſein/ wider ein Weib vmb Liebe willen das Schwerd zuzucken/ vnd halten bey jhrem Fuͤrſten Rudiger an/ er moͤge ſich eines beſſern be- dencken. Aber Zorne vnd Liebe ſind ſo vngehalten bey jhme/ das er ſein eigenes Schwerd ergreiffet/ vnd daſſelbe ſich ins Hertze drucket. Alſo ziehen die Teutſchen vnd Polen von einander/ vnd machen ei- nen newen Bund vnter ſich. Venda aber iſt einge- denck jhres Geluͤbdes/ vnd da ſie anheimb kompt/ vnd gleich- Fuͤrſt Rutiger buhlet vmb das Polniſche Fraͤw- lein Venda. Kommen aber beyde druͤber pmbs Leben.

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Zitationshilfe: Micraelius, Johann: Ander Buch Deß Alten Wendischen Pommerlandes. Bd. 2. Stettin, 1639, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/micraelius_pommernland02_1639/40>, abgerufen am 28.04.2024.