Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite
II. Reiseapparat.

Die Taschengabel ist nicht in großem Tafelformat
und mit einem eben so ungeschlachten, schweren Messer ver-
koppelt, in der Art, wie sie unsere Urgroßväter zu Jagd-
partien mitnahmen, sondern ein selbständiges Geräth, leicht,
zierlich und taschenmesserartig zum Auf- und Zuklappen ein-
gerichtet, aus Silber oder Neusilber, die Zinken, rundum
glatt polirt, lassen sich nach dem Gebrauche leicht reinigen.
Das Ding tritt seinen Vicariatsdienst selbstverständlich nicht
an in Hotels, wo blankes Tafelgeräth vorliegt, sondern erst,
wenn bei Tische die entsetzliche (!) gemeine deutsche Land-,
Dorf- und Waldgabel erscheint, mit ihrem rauhen schwarzen
hölzernen oder hirschhornenen Stiel und drei Eisenzinken,
deren innere unpolirte Seiten ebenso wie der Stiel allen
Reinigungsversuchen hartnäckig widerstehen.

Huthakenklammer: ein gespitztes stählernes Häkchen,
durch ein Gelenk mit einer elliptisch ringförmigen Klammer
verbunden, die durch Verschiebung eines oben angebrachten
kleinen Ringes geschlossen werden kann. In die Klammer
wird der Rand der Hutkrämpe gefaßt und das Häkchen in
die Wand des Wagens eingestochen oder beim Wandern, wenn
man baarhäuptig gehen und den Hut nicht in der Hand
tragen will, in die Weste. In vielen Eisenbahn- und anderen
Wagen fehlt es häufig an Vorrichtungen zur Aufnahme der
Hüte, was bei überfülltem Raume den Besitzer in die lästige
Wahl drängt, den Hut auf dem Kopf oder in der Hand zu
halten. Auch in manchen Wirthslocalen, z. B. fast durchweg
in italienischen Trattorien und Kaffeehäusern; setzt man da
den Hut auf Stuhl, Sopha, Tisch, so findet man ihn regel-
mäßig auf der Erde in kläglichem Zustande wieder. Dort
pflegte ich meinen Hut am Fensterrahmen vermittelst des
Häkchens zu befestigen, eine Erfindung, die mir beifälliges
Gemurmel in verschiedenen Sprachen eintrug.

Man hat runde Thermometer, in einer Art Uhr-
gehäuse und in der Westentasche zu tragen; die Kugel mit
Quecksilber ist in der Mitte und die Röhre schlingt sich in

II. Reiſeapparat.

Die Taſchengabel iſt nicht in großem Tafelformat
und mit einem eben ſo ungeſchlachten, ſchweren Meſſer ver-
koppelt, in der Art, wie ſie unſere Urgroßväter zu Jagd-
partien mitnahmen, ſondern ein ſelbſtändiges Geräth, leicht,
zierlich und taſchenmeſſerartig zum Auf- und Zuklappen ein-
gerichtet, aus Silber oder Neuſilber, die Zinken, rundum
glatt polirt, laſſen ſich nach dem Gebrauche leicht reinigen.
Das Ding tritt ſeinen Vicariatsdienſt ſelbſtverſtändlich nicht
an in Hotels, wo blankes Tafelgeräth vorliegt, ſondern erſt,
wenn bei Tiſche die entſetzliche (!) gemeine deutſche Land-,
Dorf- und Waldgabel erſcheint, mit ihrem rauhen ſchwarzen
hölzernen oder hirſchhornenen Stiel und drei Eiſenzinken,
deren innere unpolirte Seiten ebenſo wie der Stiel allen
Reinigungsverſuchen hartnäckig widerſtehen.

Huthakenklammer: ein geſpitztes ſtählernes Häkchen,
durch ein Gelenk mit einer elliptiſch ringförmigen Klammer
verbunden, die durch Verſchiebung eines oben angebrachten
kleinen Ringes geſchloſſen werden kann. In die Klammer
wird der Rand der Hutkrämpe gefaßt und das Häkchen in
die Wand des Wagens eingeſtochen oder beim Wandern, wenn
man baarhäuptig gehen und den Hut nicht in der Hand
tragen will, in die Weſte. In vielen Eiſenbahn- und anderen
Wagen fehlt es häufig an Vorrichtungen zur Aufnahme der
Hüte, was bei überfülltem Raume den Beſitzer in die läſtige
Wahl drängt, den Hut auf dem Kopf oder in der Hand zu
halten. Auch in manchen Wirthslocalen, z. B. faſt durchweg
in italieniſchen Trattorien und Kaffeehäuſern; ſetzt man da
den Hut auf Stuhl, Sopha, Tiſch, ſo findet man ihn regel-
mäßig auf der Erde in kläglichem Zuſtande wieder. Dort
pflegte ich meinen Hut am Fenſterrahmen vermittelſt des
Häkchens zu befeſtigen, eine Erfindung, die mir beifälliges
Gemurmel in verſchiedenen Sprachen eintrug.

Man hat runde Thermometer, in einer Art Uhr-
gehäuſe und in der Weſtentaſche zu tragen; die Kugel mit
Queckſilber iſt in der Mitte und die Röhre ſchlingt ſich in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0036" n="22"/>
        <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi> Rei&#x017F;eapparat.</fw><lb/>
        <p>Die <hi rendition="#g">Ta&#x017F;chengabel</hi> i&#x017F;t nicht in großem Tafelformat<lb/>
und mit einem eben &#x017F;o unge&#x017F;chlachten, &#x017F;chweren Me&#x017F;&#x017F;er ver-<lb/>
koppelt, in der Art, wie &#x017F;ie un&#x017F;ere Urgroßväter zu Jagd-<lb/>
partien mitnahmen, &#x017F;ondern ein &#x017F;elb&#x017F;tändiges Geräth, leicht,<lb/>
zierlich und ta&#x017F;chenme&#x017F;&#x017F;erartig zum Auf- und Zuklappen ein-<lb/>
gerichtet, aus Silber oder Neu&#x017F;ilber, die Zinken, rundum<lb/>
glatt polirt, la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich nach dem Gebrauche leicht reinigen.<lb/>
Das Ding tritt &#x017F;einen Vicariatsdien&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tändlich nicht<lb/>
an in Hotels, wo blankes Tafelgeräth vorliegt, &#x017F;ondern er&#x017F;t,<lb/>
wenn bei Ti&#x017F;che die ent&#x017F;etzliche (!) gemeine deut&#x017F;che Land-,<lb/>
Dorf- und Waldgabel er&#x017F;cheint, mit ihrem rauhen &#x017F;chwarzen<lb/>
hölzernen oder hir&#x017F;chhornenen Stiel und drei Ei&#x017F;enzinken,<lb/>
deren innere unpolirte Seiten eben&#x017F;o wie der Stiel allen<lb/>
Reinigungsver&#x017F;uchen hartnäckig wider&#x017F;tehen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Huthakenklammer:</hi> ein ge&#x017F;pitztes &#x017F;tählernes Häkchen,<lb/>
durch ein Gelenk mit einer ellipti&#x017F;ch ringförmigen Klammer<lb/>
verbunden, die durch Ver&#x017F;chiebung eines oben angebrachten<lb/>
kleinen Ringes ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden kann. In die Klammer<lb/>
wird der Rand der Hutkrämpe gefaßt und das Häkchen in<lb/>
die Wand des Wagens einge&#x017F;tochen oder beim Wandern, wenn<lb/>
man baarhäuptig gehen und den Hut nicht in der Hand<lb/>
tragen will, in die We&#x017F;te. In vielen Ei&#x017F;enbahn- und anderen<lb/>
Wagen fehlt es häufig an Vorrichtungen zur Aufnahme der<lb/>
Hüte, was bei überfülltem Raume den Be&#x017F;itzer in die lä&#x017F;tige<lb/>
Wahl drängt, den Hut auf dem Kopf oder in der Hand zu<lb/>
halten. Auch in manchen Wirthslocalen, z. B. fa&#x017F;t durchweg<lb/>
in italieni&#x017F;chen Trattorien und Kaffeehäu&#x017F;ern; &#x017F;etzt man da<lb/>
den Hut auf Stuhl, Sopha, Ti&#x017F;ch, &#x017F;o findet man ihn regel-<lb/>
mäßig auf der Erde in kläglichem Zu&#x017F;tande wieder. Dort<lb/>
pflegte ich meinen Hut am Fen&#x017F;terrahmen vermittel&#x017F;t des<lb/>
Häkchens zu befe&#x017F;tigen, eine Erfindung, die mir beifälliges<lb/>
Gemurmel in ver&#x017F;chiedenen Sprachen eintrug.</p><lb/>
        <p>Man hat runde <hi rendition="#g">Thermometer,</hi> in einer Art Uhr-<lb/>
gehäu&#x017F;e und in der We&#x017F;tenta&#x017F;che zu tragen; die Kugel mit<lb/>
Queck&#x017F;ilber i&#x017F;t in der Mitte und die Röhre &#x017F;chlingt &#x017F;ich in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0036] II. Reiſeapparat. Die Taſchengabel iſt nicht in großem Tafelformat und mit einem eben ſo ungeſchlachten, ſchweren Meſſer ver- koppelt, in der Art, wie ſie unſere Urgroßväter zu Jagd- partien mitnahmen, ſondern ein ſelbſtändiges Geräth, leicht, zierlich und taſchenmeſſerartig zum Auf- und Zuklappen ein- gerichtet, aus Silber oder Neuſilber, die Zinken, rundum glatt polirt, laſſen ſich nach dem Gebrauche leicht reinigen. Das Ding tritt ſeinen Vicariatsdienſt ſelbſtverſtändlich nicht an in Hotels, wo blankes Tafelgeräth vorliegt, ſondern erſt, wenn bei Tiſche die entſetzliche (!) gemeine deutſche Land-, Dorf- und Waldgabel erſcheint, mit ihrem rauhen ſchwarzen hölzernen oder hirſchhornenen Stiel und drei Eiſenzinken, deren innere unpolirte Seiten ebenſo wie der Stiel allen Reinigungsverſuchen hartnäckig widerſtehen. Huthakenklammer: ein geſpitztes ſtählernes Häkchen, durch ein Gelenk mit einer elliptiſch ringförmigen Klammer verbunden, die durch Verſchiebung eines oben angebrachten kleinen Ringes geſchloſſen werden kann. In die Klammer wird der Rand der Hutkrämpe gefaßt und das Häkchen in die Wand des Wagens eingeſtochen oder beim Wandern, wenn man baarhäuptig gehen und den Hut nicht in der Hand tragen will, in die Weſte. In vielen Eiſenbahn- und anderen Wagen fehlt es häufig an Vorrichtungen zur Aufnahme der Hüte, was bei überfülltem Raume den Beſitzer in die läſtige Wahl drängt, den Hut auf dem Kopf oder in der Hand zu halten. Auch in manchen Wirthslocalen, z. B. faſt durchweg in italieniſchen Trattorien und Kaffeehäuſern; ſetzt man da den Hut auf Stuhl, Sopha, Tiſch, ſo findet man ihn regel- mäßig auf der Erde in kläglichem Zuſtande wieder. Dort pflegte ich meinen Hut am Fenſterrahmen vermittelſt des Häkchens zu befeſtigen, eine Erfindung, die mir beifälliges Gemurmel in verſchiedenen Sprachen eintrug. Man hat runde Thermometer, in einer Art Uhr- gehäuſe und in der Weſtentaſche zu tragen; die Kugel mit Queckſilber iſt in der Mitte und die Röhre ſchlingt ſich in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/36
Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/36>, abgerufen am 16.04.2024.